Schwabinger Stau-Schau
MÜNCHEN - Es rattert, es knattert, es stinkt. Es wird gehupt, es wird geschimpft, es wird gebaut. Die Münchner Freiheit ist seit ein paar Wochen das Nadelöhr im Münchner Norden. Gleich zwei Großbaustellen sorgen dort für Lärm, Staub und Staus.
Ärger über die Baustellen für den neuen Busbahnhof und für die Tram 23, die künftig in die Parkstadt Schwabing fahren soll.
Mit Pressluftbohrern reißen Arbeiter derzeit die Mittelstreifen bzw. die Busspur in der Leopoldstraße auf. Der Verkehr wird in beiden Richtungen um die Baustellen herumgefädelt – zwar zweispurig, aber trotzdem ist’s eng.
"Busverbindung reicht nicht aus"
„Wofür das Ganze?“ fragen sich genervte Anwohner und Autofahrer, die die Baustellen täglich ertragen müssen. „Warum baut man gleich eine neue Trambahnlinie? Ein Bus mehr in den Münchner Norden hätte doch gereicht.“ Das sehen die Verkehrsplaner anders: „Untersuchungen zeigen, dass die Tram das richtig dimensionierte Verkehrsmittel ist“, sagt Christian Miehling, Sprecher der Stadtwerke München (SWM). „Die derzeit bestehende Busverbindung reicht für das erwartete Fahrgastaufkommen nicht mehr aus.“
Die Leidenszeit der Anwohner und Autofahrer hat gerade erst begonnen. Denn ihre Jungfernfahrt wird die Tram 23 erst im Herbst 2009 starten. Ab dann rollt sie über die 3 Kilometer lange Trasse zum Frankfurter Ring, vorbei an sieben Haltestellen: Schwabing Nord, Domagkstraße, Anni-Albers-Straße, Am Münchner Tor, Parzivalplatz, Potsdamer Straße, Münchner Freiheit. Gut 18000 Pendler werden die Tram täglich nutzen, schätzt man bei der MVG, außerdem rund 6000 Bewohner der Parkstadt Schwabing. Acht Minuten wird die „23er“ für die Strecke brauchen, alle zehn Minuten soll sie fahren. „Falls die Fahrgastzahlen höher werden als erwartet, ist auch eine Taktverdichtung möglich“, sagt Miehling.
Tragseil-Brücke über den Mittleren Ring
Anwohner Franz von Lukas ist ein Gegner der Baumaßnahme – auch weil es ihm um die Pappeln leid tut, die der Trasse weichen mussten. Doch es soll auch weiterhin viel Grün geben: Etwa 1700 Meter der Tram-Trasse werden als Rasengleis gebaut, und für die gefällten Bäume sollen über 100 neue gepflanzt werden. Auch Fußgänger und Radler werden von den Bauarbeiten etwas haben. Sie können den Mittleren Ring künftig auf einer 84 Meter langen Tragseil-Brücke überqueren, auf der auch die Tram verkehrt.
Sind die Bauarbeiten erstmal vorbei, haben sogar die Autofahrer Grund zur Freude, denn: „Mit dem Neubau der Tram werden auch alle Ampeln an der Strecke erneuert und mit moderner, verkehrsabhängiger Technik versehen – Beschleunigung inklusive“, verspricht Miehling. Der Autoverkehr soll künftig dort am meisten „Grün“ erhalten, wo der Verkehr am dichtesten ist. Mal schauen, ab das auch klappt.
50 Millionen ist den Stadtwerken der Aufwand wert. Bis dahin wird auf der Leopoldstraße allerdings noch gut 500 Tage lang gehupt und geschimpft.
Daniela Transiskus