Schwabinger Bikini-Verkäuferin: „70 J? Kann ich super verpacken“

Audio von Carbonatix
Eine schlichte Glastür, zwei Schaufensterpuppen, die eine trägt Wäsche, die andere ein Sommerkleid. Aber drinnen! Lauter Sommerschätze, die (nicht nur Frauen) glückselig machen.
Rund 5000 Bikinis und ebensoviele Badeanzüge hat Marion Wagner (62) in ihrem Schwabinger Laden „Hautnah“ vorrätig (neben Herrenbadehosen und noch mehr Dessous). Aubade, Empreinte, Mymarini, Raffaela d’Angelo, Max Mara – alles hochwertig, und vor allem: Sie führt jede Körbchengröße, von Supermini bis Supermaxi. Ein Rettungsanker für alle, die jetzt (also: sofort!) ein Bade- und Strand-Outfit brauchen, das tipptopp passt. Weil, huch, schon morgen früh der Sommer(urlaub) beginnt.
AZ: Frau Wagner, kommen Sie noch zum Durchatmen? Der August ist da, die Münchnerinnen packen ihre Koffer ...?
MARION WAGNER: Die letzten Tage ging’s. Es war ja kein Bikini-Badeseewetter. Der Großteil meiner Kundinnen braucht das Badeoutfit aber sowieso für die Urlaubsreise. Und dann am liebsten gestern.
Weil der Bikini vom letzten Jahr nicht mehr passt?
Oder weil er nie gepasst hat. Sie glauben nicht, wie viele Frauen ihre Körbchengröße nicht kennen. Sie tragen Bikini-Oberteile oder BHs, die zwei Größen zu klein sind, die zwicken, quetschen, keinen Halt geben. Und sie wundern sich dann über Nacken- und Rückenschmerzen oder Druckstellen am Busen.
Wie viele Frauen denn?
Ich schätze, vier von fünf Frauen kaufen die falsche Größe, vor allem, wenn sie online bestellen. Ich bin da zickig, ich möchte, dass es sehr gut sitzt.

Ihr Vorteil: Sie haben viele XL-Größen im Laden, die man fast nie findet. Woher kommen die?
Ich hole sie seit 30 Jahren vor allem aus Frankreich, wo meine Lieferanten spezialisiert sind. Und produziere eine eigene Linie.
Was ist die größte Bikinigröße, in der man noch gut verhüllt aussieht?
Größe J! Den Buchstaben fürchten manche Frauen, aber die Größe kann ich auch für einen sehr schmalen Unterbrust-Umfang von 70 Zentimetern so gut verpacken, dass der Busen schön hoch sitzt.
Wie machen Sie das?
Mit Anpassen, mit Maßschneidern. Gute Passform heißt, dass der Bügel hinter dem Brustgewebe sitzt. Und dass der Busen oben gehalten wird und nicht auseinanderfällt. Dann sieht er auch nicht mehr so riesig aus. Wir nähen Träger, Verschluss oder auch mal das Höschen auf Maß um. Notfalls sehr schnell.
Wie schnell?
Express über Nacht. Also quasi fast gestern. Ich habe zwei tolle Gewandschneiderinnen, die das machen, eine ist schon 82. Ich radle das Teil am Abend hin. In der Früh kriege ich es fertig wieder.
"Immer mehr junge Mädels tragen mit 12 schon E"
Die meisten Frauen tragen 70A, 75B oder 80C. Wie oft haben Sie mit Größe H, I und J zu tun?
Ständig. Immer mehr junge Mädels tragen mit 12 schon E, obwohl sie sonst schmal gebaut sind. Dann ist man mit 20 schnell bei H und mit 25 bei J. Das sind echte, keine gemachten Brüste. Ich weiß nicht, ob es an Hormonen im Wasser liegt oder am Essen, aber mir fällt es auf.
Sprechen wir über Sommertrends. Einer ist der Boho-Bikini – die Hippie-Version für 70er-Jahre-Romantikerinnen mit Häkelbändchen. Passend zur Strandtasche aus Bast. Wie alt darf man maximal sein, um sich damit am Strand nicht zu blamieren?
Es gibt keine Altersgrenze! Cleane, puristische Frauen wollen Boho sowieso nicht, sie greifen automatisch nach etwas Schlichtem, und mit guter Passform. Denen bringe ich keinen Häkelbikini. Was eher vorkommt: Dass ich einer Frau sage: Sie sind zu jung für diesen Bikini.
Inwiefern jetzt?
Wenn sie in einem Teil langweilig aussieht, dann sage ich das. Und bringe etwas, das ihre Vorzüge betont. Ich mache das aus dem Bauch heraus und meistens sind die Frauen hinterher begeistert. Die Männer sowieso.
Wie denken Sie über „Butter Yellow“, also die Trendfarbe, die wie zerlaufene Butter aussieht. Passt das, wenn man noch käseweiß an den Strand geht?
Das kann bei hellhäutigen, zierlichen Frauen schön aussehen. Wie eine Elfe. Nur für richtig blasse Blondinen ist das nichts. Wie Hellrosa und Hellblau auch.

Zu wem passt Glitzermetallic?
Glitzer ist eine Entscheidung. Provokanter. Muss man sich trauen. Ich finde gute Glitzerbikinis toll. Die sind aber dieses Jahr kaum noch zu kriegen. Genau wie Animalprints.
Die Bikinifarben des Sommers sind auch „Mocha Mousse“, Karamell und helles Nugat. Man könnte auch sagen: Braun. Das kann fad aussehen – oder sehr elegant.
Schokobraun ist eine sehr edle Farbe, weicher als schwarz. Aber für Blondinen. Nicht für mich.
"Viel Beinausschnitt macht schlanker"
Reden wir über Höschen: Der 80s-Look mit hohem Beinausschnitt, wie Pamela Anderson ihn trug, macht ellenlange Bikinibeine. Aber auch bei zehn Kilo zu viel auf der Waage?
Kommt drauf an, wo die sitzen. Aber eins ist klar: Wer ein breiteres Becken hat, wählt besser kein breites High-Waist-Höschen, weil das optisch noch viel breiter macht. Sondern lieber viel Beinausschnitt. Macht immer viel schlanker.
Bis hin zum Schnürchen?
Schnürchen oder String ist für junge Mädchen. Wenn ich weiches Gewebe und Cellulite habe, trage ich am besten ein Höschen, das hochgeschnitten ist, mit Po in Slipform, der Stoff seitlich geknotet. Das ist perfekt.

Eins noch, warum kaufen Frauen Badeanzug? Ist ja eher umständlich zum An- und Ausziehen.
Es gibt tolle, sexy Badeanzüge. Aber die Hälfte der Frauen will einen Badeanzug, weil sie glauben, sie sind zu alt für einen Bikini. So ein Unsinn. Es gibt so viele Frauen, die sich überhaupt nicht lieben, dabei hat jede was Tolles. Die eine hat einen tollen Busen, die nächste tolle Beine, die nächste ein wunderhübsches Gesicht.
Was machen Sie dann?
Im Grunde ist es Psychologie. Ich bringe trotzdem einen Bikini. Mir hat mal eine Kundin gesagt: Ich komme zu Ihnen in den Laden, stelle vorne meinen Koffer mit schlechter Laune ab. Gehe zwei Stunden in die Kabine. Dann gehe ich raus, der Koffer bleibt stehen und meine Laune ist gut. Süß, oder?
Sehr süß.
Sehen Sie? Darum liebe ich meinen Job.
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