Schwabinger 7: Gericht verhängt Baustopp

Im Streit um das Areal der ehemaligen Schwabinger 7 siegen Nachbarn gegen die Baukommission: Die Genehmigung war nicht korrekt, jetzt muss die oberste Etage weg.  
Rudolf Huber |
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Im Streit um das Areal der ehemaligen Schwabinger 7 siegen Nachbarn gegen die Lokalbaukommission: Die Genehmigung war nicht korrekt, jetzt muss die oberste Etage weg.

Schwabing - Der Streit um das Areal der ehemaligen Schwabinger 7 endete am Dienstag mit einer satten Watschen für die Stadt - und den Bauherren: Das Verwaltungsgericht gab einer ganzen Reihe von Nachbarschaftsklagen gegen die zu hohe und zu massive Bebauung des Grundstücks mitten in Altschwabing recht. "Wir sind sehr zufrieden. Jetzt ist klar, dass die Stadtverwaltung und die Bauträger nicht machen können, was sie wollen", Freude sich Anwohner Gunther Glöckle.

Auch wenn die ehemalige Kultkneipe längst dem Erdboden gleich gemacht wurde und umgezogen ist, ist das Thema Bebauung und Nachverdichtung nicht nur für die Nachbarn, sondern für die ganze Stadt höchst brisant. Am Montag war die 8. Kammer des Verwaltungsgerichts zum Ortstermin auf das Grundstück gekommen, auf dem bis Ende des Jahres auf über 4400 Quadratmetern 34 Wohnungen entstehen sollten. Doch die Baustelle ruht – weil die Nachbarn gegen die Lokalbaukommission vor Gericht gezogen waren: Sie habe ein überdimensioniertes Projekt genehmigt.

„Exklusives Wohnen im Einklang mit der Nachbarschaft” – klingt gut, trifft im Fall Feilitzschstraße 7 bis 9 ganz offenbar aber nicht ganz den Punkt. Was der Bauträger HIH aus Hamburg auf seiner Internetseite monaco-schwabing.de über die „neue Münchner Freiheit” schreibt, wurde Montagfrüh von den Anwohnern im Gerichts-Tross komplett ad absurdum geführt. „Da hat man sich nicht an die bayerische Bauordnung gehalten”, sagte etwa Gerd „Manila” Waldhauser, der Wirt der Schwabinger 7. Seine Frau gehört zu den Klägern, allesamt Privatleute und Eigentümergemeinschaften aus den Nachbarhäusern Marktstraße 1 und 3.

Ihr größtes Problem, das den proklamierten nachbarlichen Einklang massiv stört: Der große Neubau-Komplex mit Längs- und Querbau schneidet ihnen Licht und Luft ab. Gleich ums Eck, beim Ortstermin im jetzt schon eher feuchten, dusteren und engen Innenhof an der Marktstraße 1, wurde deutlich, was gemeint ist: Der fünfstöckige Neubau würde hier das Sonnenlicht komplett aussperren, eine enge Barriere im sowieso schon klaustrophobisch engen Hof bilden.

Der komplette Verhandlungstag wurde für die Kläger zum Wechselbad der Gefühle: Zunächst eine eher kühle Auflistung der umliegenden Bauten, eine exakte Bestimmung der Bauhöhen und der Anzahl der Stockwerke. Das konnte man als Prozessbeobachter so interpretieren, dass die Vorsitzende Richterin Marion Pauli-Gerz und ihre Kollegen wohl keine krasse Überdimensionierung beim geplanten Neubau feststellen konnten. Denn etwa der neue Querbau, der ziemlich genau auf dem Standort der alten Schwabinger 7 liegen soll, soll in der Höhe genau mit dem Gebäude in der gegenüberliegenden Haimhauserstraße abschließen. An der Brandmauer ist zu erkennen, dass hier bis zur Zerstörung im Krieg ein ebenso hohes Haus stand.

Beim Nachmittags-Termin im Verwaltungsgericht an der Bayerstraße dann der gegensätzliche Eindruck: Die Kammer hatte erkennbare Schwierigkeiten, sich mit dem massiven Querklotz zwischen Feilitzsch- und Haimhauserstraße anzufreunden. „Das Maß der Nutzung ist an der Grenze, wenn nicht drüber”, so Pauli-Gerz. „Das ist schon sehr dicht bebaut und nicht unkritisch.”

Der Knackpunkt: Nach Ansicht der 8. Kammer kann das Areal auch dann angemessen verwertet werden, wenn alle Abstandsflächen eingehalten werden. Aber nur, wenn die Bauherren auf das oberste Stockwerk verzichten. Und so kam dann das am Dienstag zunächst nur in der tendenz verkündete Urteil nicht wirklich überraschend:  "Die Baugenehmigung ist aufgehoben, faktisch wurde ein Baustopp angeordnet", so Nachbarschafts-Anwalt Prof. Michael Hauth zur AZ.

Eine – für den Bauherrn – sehr unerfreuliche Entwicklung. Denn natürlich sind gerade die zwei Dachgeschoss-Wohnungen und das Penthouse – die laut Internet-Seite noch nicht verkauft sind sind – für die HIH am lukrativsten. Aber schließlich hatte die Richterin sehr deutlich angemerkt, dass die Gewinn-Maximierung allein kein Grund für zum Teil sehr deutliche Abweichungen vom Baurecht seien. Deswegen siehrt Prof. Hauth in dem Spruch vom Dienstag auch eine Signalwirkung für die ganze Stadt: "Das Nachbarschaftsrecht muss verstärkt berücksichtigt werden."

 

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