Schuhe per Post und die Drohne über dem Hausdach

Wie das Handwerk sich digitalisieren will, zeigt es ab Mittwoch auf der Handwerksmesse.
von  Anja Perkuhn
Hereingetreten, losspaziert: Abdrücke für die Schuhe nach Maß.
Hereingetreten, losspaziert: Abdrücke für die Schuhe nach Maß. © Anja Perkuhn

München - Die Formschaum-Blöcke kommen in den Briefkasten, man steigt barfuß in die rosafarbene Masse und schickt die Fußform wieder zum Absender MyVale. Der Abdruck wird eingescannt, digital weiter bearbeitet, manuell fertiggestellt – und am Ende stehen da Flipflops, die genau zu den Füßen passen.

Personalisierte Latschen, Schokolade aus dem Drucker und individuell gefertigte Schreibtische: Auch im Handwerk kommt die Digitalisierung der Welt nach und nach an. Die Internationale Handwerksmesse (IHM) mit ihren mehr als 1000 Ausstellern steht deshalb heuer unter dem Motto: „Handwerk 4.0“.

 

Es ist das "beste Jahr seit der Wiedervereinigung"

 

Dabei geht es nicht nur um digitalisierte Fertigungsprozesse: Dachdecker brauchen zum Beispiel kein riesiges Gerüst mehr aufbauen für die erste Analyse, sondern schicken eine Drohne über das Haus, die gestochen scharfe Bilder liefert. Einkauf, Personalmanagement, Verkauf, Kommunikation – im Grunde wird das ganze Geschäftsmodell bei einer Umstellung angepasst.

Viele Unternehmen nutzten in dieser Hinsicht noch nicht ihr Potenzial, sagt eine Sprecherin der IHM – zum Beispiel dass junge Mitarbeiter mit den digitalen Möglichkeiten aufgewachsen sind und viele Ideen entwickeln könnten, wenn man sie einbeziehe.

Überhaupt, die Jugend: Das „beste Jahr seit der Wiedervereinigung“ nennt das deutsche Handwerk 2015. „Wir erwarten auch 2016 ein gutes Jahr mit einem Umsatzwachstum von zwei Prozent“, sagte der Generalsekretär des Zentralverbands (ZDH), Holger Schwannecke. Voraussetzung dafür sei aber, „dass wir genügend Fachkräfte und Auszubildende finden“. Und das werde immer schwerer: Die Hälfte der Jugendlichen wolle inzwischen nach dem Abitur studieren. „Wir müssen diesen Trend zur Akademisierung brechen“, sagte Schwannecke. Auch der Präsident des Bayerischen Handwerkstages, Georg Schlagbauer, kritisierte den „Akademisierungswahn“.

Lesen Sie auch: Konjunktur 2016 - Dem Handwerk geht's gut, aber besser wär' besser

Man müsse den Jugendlichen und deren Eltern näherbringen, was sich im Handwerk erreichen lasse. Dafür soll das Projekt „YoungGeneration“ in Halle C3 zeigen, dass das Handwerk sehr sinnlich ist, aber eben auch moderner geworden – beispielsweise mit einem Kletterturm, wo man den komplexen Job eines Gebäudereinigers nachvollziehen kann. Davon angesprochen werden sollen auch die Fachkräfte von übermorgen, wie Schwannecke sie nennt: Flüchtlinge. „Das ist eine Riesenaufgabe und wir brauchen da einen langen Atem“, sagt er. Doch 2015 habe man mehr als 230 junge Flüchtlinge in Oberbayern in eine Ausbildung gebracht. „Das sind zwar keine riesigen Zahlen“, sagt Schlagbauer. „Aber es ist ein Aspekt.“ Auch einer für die Zukunft.

Messegelände, 24. Februar bis 1. März, täglich 9.30 Uhr bis 18 Uhr

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.