Schrumpeltomate als Zankapfel: Protest gegen Patentamt
Schrumpeltomate und Super-Brokkoli - das Gemüse lässt die Gemüter kochen. Das Europäische Patentamt will für die Tomate wie zuvor für den Brokkoli ein Patent erteilen. Gegner kritisieren einen Ausverkauf der Lebensmittelerzeugung.
München - Vor der abschließenden Entscheidung des Europäischen Patentamtes (EPA) über das umstrittene Patent auf die sogenannte Schrumpeltomate haben Gegner die Politik zum Einschreiten aufgefordert. "An diesen Patenten verdienen das Europäische Patentamt, Anwälte und Konzerne - die Folgen aber betreffen die ganze Gesellschaft", sagte Christoph Then, Greenpeace-Patentexperte und Koordinator des Bündnisses "No Patents on Seeds", am Montag in München.
Die Tomate hat durch Züchtung einen reduzierten Wassergehalt. Das EPA habe das Patent für die Tomate sowie für einen Super-Brokkoli (EP1069819) zum Anlass genommen, um in einer Grundsatzentscheid Pflanzen und Tiere aus konventioneller Züchtung für patentierbar zu erklären, sagte Then. Patentbehörden und Regierungsstellen in den Niederlanden, Deutschland, Frankreich und Österreich hätten sich bereits kritisch geäußert. "Die Politik muss jetzt beweisen, dass sie sich gegen die Patentmafia durchsetzen kann", betonte Then.
Johann Zacherl von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft kritisierte, mit Patenten auf konventionelles Saatgut steige die Abhängigkeit von den Agrarkonzernen. "Es darf nicht sein, dass Konzerngewinne in unserer Gesellschaft den Vorrang vor der Sicherung unserer Lebensmittelerzeugung bekommen." Martha Mertens, Gentechnikexpertin der Umweltschutzorganisation BUND, forderte daher: "Die Bundesregierung - und allen voran der zuständige Justizminister Heiko Maas - muss endlich tätig werden und die Zusagen aus dem Koalitionsvertrag einhalten."
Die Gegner erwarten, dass das EPA das Patent auf die Schrumpeltomate (EP1211926) mit nur leicht verändertem Wortlaut endgültig erteilen wird. Am 10. September hatte die Behörde bereits entschieden, dass das Patent auf den Brokkoli endgültig erteilt werden soll.
Tausende Patentanträge eingereicht
Das Europäische Patentübereinkommen verbietet Patente auf Pflanzensorten sowie auf im Wesentlichen biologische Verfahren zur Züchtung. Das EPA habe mit seiner Rechtsprechung die Verbote jedoch so weit ausgehöhlt, dass sie inzwischen wirkungslos seien, bemängeln die Kritiker.
"Es sind bereits rund tausend Patentanträge eingereicht, die die konventionelle Züchtung betreffen", schilderte Ruth Tippe von der Initiative "Kein Patent auf Leben". "Etwa 120 Patente auf konventionelle Züchtung hat das EPA schon bewilligt. Diese Patente betreffen die Züchtungsmerkmale von etwa tausend Gemüsesorten."
Die Gruppen fordern ein Verbot der Patentierung von Züchtungsmaterial, Züchtungsmethoden, Pflanzen und Tieren, deren Züchtungsmerkmalen, deren Ernte und den daraus hergestellten Lebensmitteln.
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