"Schockanrufe“ in München: Betrüger erbeutet 150.000 Euro – und wird dann geschnappt

Pavel G. (30) soll für eine polnische Betrügerbande Zehntausende Euro von Senioren abgeholt haben – mit perfiden Lügengeschichten. Jetzt steht er in München vor Gericht.
von  John Schneider
Prozess im Strafjustizzentrum: Hier wurde gegen ein mutmaßliches Bandenmitglied verhandelt.
Prozess im Strafjustizzentrum: Hier wurde gegen ein mutmaßliches Bandenmitglied verhandelt. © Lukas Barth/dpa

Pavel G. (30, Name geändert) bittet in seinen Briefen aus der U-Haft seine Mutter sowie die Mutter seiner Kinder um Verständnis und Geduld. Er werde wohl einige Jahre in Deutschland ins Gefängnis müssen. Seinen Töchtern solle man sagen, dass er für längere Zeit im Ausland arbeite.

Als Abholer fungiert

Eine realistische Einschätzung seiner Zukunftsaussichten? Der Lieferant soll als Mitglied einer polnischen Bande, die nach dem nur allzu bekannten Modus der „Schockanrufe“ vorging, als Abholer fungiert haben.

Mitglieder der Bande, die so genannten Keiler, hatten sich nach bekanntem Muster bei ihren Opfern am Telefon als Polizeibeamte, Ärzte oder Angehörige ausgegeben. Sie schilderten einen Notfall – oft einen tödlichen Unfall, an dem ein Angehöriger beteiligt war – und verlangten Geld für Gerichts- oder Behandlungskosten.

Geschockte Opfer

Die geschockten Opfer fielen oft, aber nicht immer, darauf herein und kratzten zusammen, was sie an Bargeld oder Schmuck zur Verfügung hatten, um zu helfen. Die Anklage führt bei Pavel G. vier vollendete und drei versuchte Fälle des banden- und gewerbsmäßigen Betruges auf. Die Opfer waren zwischen 70 und 87 Jahre alt.

82-Jährige betrogen

In einem Fall holte Pavel G. laut Anklage bei einer 82-Jährigen in Ottobrunn 50.000 Euro ab. Ihre Tochter, so die angebliche Mitarbeiterin der Staatsanwaltschaft, hätte bei einem Unfall einen Mann getötet.
Zuletzt hatte Pavel G. bei einem Münchner 20.000 Euro für angebliche Behandlungskosten abgeholt. Zuvor hatte sich ein Keiler bei dem 71-Jährigen am Telefon als Arzt ausgegeben.

Der angebliche Mediziner berichtete von einer Darmkrebserkrankung der Schwiegertochter, die für 200.000 Euro mit einem neuen US-amerikanischen Medikament behandelt werden könne. Eine perfide Lüge, die offenbar ausnutzte, dass die Frau des Opfers zuvor an Darmkrebs verstorben war.

Der Angeklagte schweigt zu den Vorwürfen

Der 71-Jährige übergab laut Anklage dem Angeklagten 20.000 Euro. Pavel G. hatte aber nicht lange Freude an dem Geld. Er wurde kurz nach der Übergabe festgenommen. Verteidigerin Katharina Strassner erklärt, dass ihr Mandant nichts sagen wird. Weder zur Anklage, noch zu seiner Person.

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