Gebühren deutlich erhöht: So kämpft die Stadt jetzt gegen Geisterbaustellen

München - "Eine Stadt ohne Baustellen hat ein Problem", sagt Dieter Reiter, "da geht nämlich nichts voran". Was den OB und auch die Bürger jedoch ärgert: Baustellen, an denen dem Anschein nach nicht oder kaum gearbeitet wird, die viel zu lange zu viel öffentlichen Raum blockieren. Das Thema Baustellen stehe vor allem deshalb ganz oben auf seiner "persönlichen Agenda", so Reiter, weil es das Thema sei, mit dem sich die Bürger, sei es in Sprechstunden oder Zuschriften, am allermeisten an ihn wenden.
Stillstand bei Baustellen in München: Task-Force gegen Ärger tagte seit Herbst
Gemeinsam mit gleich mehreren Referenten, KVR-Chefin Hanna Sammüller Gradl (Grüne), Baureferentin Jeanne-Marie Ehbauer (Grüne), Mobilitätsreferent Georg Dunkel (parteilos) und MVG-Chef Ingo Wortmann hatte der OB am Freitag zum Pressetermin geladen: zur Präsentation eines Maßnahmenbündels zur Beschleunigung von Baustellen.
Dieses hatte man seit Herbst auf "Spitzenebene", so Reiter, hinter verschlossenen Türen erarbeitet, und erfreulicherweise sei diesmal nichts vorzeitig nach außen gedrungen.
10.000 bis 12.000 Baustellen gibt es derzeit in München. Die Stadt arbeitet stetig an der Instandsetzung ihrer Infrastruktur; Glasfaser, Fernwärme und -kälte, Ab- und Frischwassersysteme sind teils in die Jahre gekommen, so Reiter. Dennoch seien nicht einmal die Hälfte der Baustellen in der Stadt städtische, sondern großteils von privaten Bauherren. Und auch hier sollen die Zügel angezogen werden.
Stadtrat soll der Änderung im Sommer zustimmen
Wie sehen also die Maßnahmen aus, die Verbesserungen bringen sollen? Damit Baustellen künftig platzsparender eingerichtet und zügiger abgeschlossen werden, sollen die Baustellengebühren, die Bauherren für die Nutzung des öffentlichen Straßenraums durch ihre Baustelleneinrichtung zahlen müssen, künftig nach verbrauchter Fläche und Dauer gestaffelt werden.

Je mehr Fläche die Baustelleneinrichtung in Anspruch nimmt und je länger die Sondernutzung dauert, desto teurer wird es. Ab der 14. Woche Dauer und mehr als 50 Quadratmetern steigen künftig die Gebühren, die bisher einheitlich bei 1,50 Euro pro angefangenem Quadratmeter und Woche liegen. Die Gebühren seien dann deutlich höher, mehr als das doppelte, so Reiter, "damit es einen Druck gibt, schnell fertig zu bauen". "Wenn Firmen keine Vorgaben haben, machen sie es sich so gemütlich, wie es geht", so Reiter. "Das muss aufhören."
Er ahne, so Reiter, dass dies Diskussionen auslösen werde. "Den Dialog werden wir noch führen. Aber das sind nicht die Kostentreiber, die wir im Bauen in München haben."
Der Stadtrat muss dieser Änderung noch zustimmen, was voraussichtlich im Sommer passieren soll. Reiter ist zuversichtlich, dass zugestimmt wird, schließlich habe man dies quasi fraktionsübergreifend erarbeitet. Ab 1. Januar 2026 sollen die neuen Gebühren dann gelten.
Keine Geisterbaustellen in München mehr
Außerdem will die Stadt dafür sorgen, dass Baustellen nicht mehr ohne vertretbaren Grund stillstehen. Tut sich länger als 20 Werktage (Mo bis Fr) nichts, muss die Baustelleneinrichtung zurückgebaut werden. Wo eine Baustelle, beispielsweise mit Bauzäunen, eingerichtet wird, muss nach spätestens zehn Werktagen mit den Arbeiten begonnen werden.
Andernfalls muss alles Bewegliche, Baukräne sind also ausgenommen, zurückgebaut werden und der Platz der Öffentlichkeit zurückgegeben werden, erklärt Baureferentin Jeanne-Marie Ehbauer.

Wichtig für die Akzeptanz der Bürger ist zudem die Kommunikation. Man will noch frühzeitiger, mehr und digitaler informieren. Baustellen, die länger als vier Wochen dauern, müssen mit einer stets aktuellen, gut sichtbaren Infotafel ausgestattet werden. Das gilt auch für private Bauherren. Für ihre eigenen Baustellen verspricht die Stadt einheitliche Bauhinweisschilder, gegebenenfalls auch große Bautafeln oder Banner, etwa an Bauzäunen.
Hier sollen die Bürger erfahren, wer, was bis wann baut, falls vorhanden mit Visualisierungen und immer mit Kontaktdaten für Rückfragen. Über QR-Codes geht es zu weiterführenden Informationen, denn online stehen Baustellenkarten, Projektseiten, Anliegerinformationen, Informationen über Verzögerungen und vieles mehr bereit.

Letztere kommen freilich aber auch weiterhin per Postwurf zu den Bürgern und auch Bezirksausschüsse und betroffene Institutionen und Unternehmen sollen eingebunden und informiert werden.
Kontrolleure achten auf die Einhaltung
Damit all das auch eingehalten wird, gibt es künftig einen neuen Baustellenkontrolldienst, angesiedelt beim Außendienst des KVR. 7,5 neue Stellen wurden dafür geschaffen, so KVR-Chefin Sammüller-Gradl. Die Schulungen laufen bereits.
Der neue Dienst prüft beispielsweise, ob Baustellen ohne Rechtfertigung ruhen und fordert die Bauunternehmen auf, die Arbeit fortzusetzen. Auch an die neue Pflicht zur Infotafel wird erinnert. Er soll auch Mängel bei der Verkehrssicherheit entdecken, etwa wenn Rest-Gehwege zu schmal sind. Die neuen Kontrolleure prüfen stichprobenartig oder aufgrund von Beschwerden. Man zählt aber auch auf Hinweise der Bürger. In einer Anfangsphase werde man erst einmal nur ansprechen und informieren, auch schriftlich, heißt es.
Werden dann aber Verstöße festgestellt, drohen Bußgelder bis zu 2000 Euro. Die Höhe hänge von Faktoren wie etwa der Schwere des Verstoßes, aber auch den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen ab. Ein Bußgeldverfahren werde insbesondere dann eingeleitet, wenn es sich um gravierende Mängel handelt, die eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellen, bei Wiederholungsfällen, fehlender Einsicht oder ähnlichem.
Stellt ein Betroffener die festgestellten Beanstandungen aber sofort ab, könne im Einzelfall auch auf das Bußgeldverfahren verzichtet werden, so Sammüller-Gradl. Gegen sich selbst wird die Stadt aber keine Bußgelder verhängen. "Das wäre ja ein Nullsummenspiel", so Reiter. Stattdessen käme dann "der böse OB". "Ich glaube nicht, dass die Kollegen Lust haben, solche Gespräche mit mir zu führen." Ab 1. Juni sollen die Auflagen nach und nach umgesetzt werden.
Baustellen sollen besser abgestimmt werden - und die Bürger mithelfen
Die Stadt verspricht zu alledem intensiv an ihrer eigenen Baustellenkoordination zu arbeiten, so Reiter. "Dass eine Straße aufgerissen wird und sechs Monate später wieder, das soll es nicht mehr geben." Die Stadt mit ihren verschiedenen Akteuren sei hier wie ein Konzern, der sich intern besser abstimmen müsse. Reiters Wunschtraum wäre eine Art zentrale digitale Karte, in die sich alle, auch private Bauherren eintragen müssten. So dass auch geplante Bauvorhaben auf einen Blick sichtbar wären. So etwas sei aber auch in Zeiten der Digitalisierung nicht in Sicht.
Reiter betont: "Das ist ein Versuch, die Situation zu verbessern". Man werde dies evaluieren – auch durch die Mithilfe der Bürger. Wer sich über eine Baustelle wundert oder ärgert, ist aufgerufen, sich an die städtischen Kontaktadressen wie baustellenkontrollen.kvr@muenchen.de oder baustellen.mor@muenchen.de zu wenden.