Schlagloch-Alarm nach Dauerwinter

„Das macht uns Mords-Probleme“, sagt Münchens Mann für den Straßenunterhalt, Horst Schiller. Hier erklärt er, welche Noten Münchens Straßen bekommen – und was sie kaputt macht.
Julia Lenders |
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Horst Schiller, Münchens Mann für den Straßenunterhalt, in seinem Büro.
Loeper Horst Schiller, Münchens Mann für den Straßenunterhalt, in seinem Büro.

München - Dass der Winter lang war, merkt man nicht nur an blassen Gesichtern und karger Natur. Auch ein Blick auf die Straßen zeugt davon: Schlagloch-Alarm! Zeit für ein Interview mit Horst Schiller. Er ist im Baureferat zuständig für den Straßenunterhalt.

AZ: Der Zustand der Münchner Straßen wird in einer Datenbank erfasst. Wie funktioniert das?

HORST SCHILLER: In München gibt es rund 2330 Kilometer Fahrbahnen, rund 4300 Kilometer Gehwege, 900 Kilometer Radwege und 108 000 Quadratmeter Fußgängerzone. Diese Flächen werden von meinen 32 Mitarbeitern regelmäßig begangen und kontrolliert – Hauptverkehrsstraßen einmal in der Woche und kleine Anliegerstraßen einmal im Quartal. Dabei werden alle Schäden erfasst. Und mehr noch: Wir prüfen Verkehrszeichen, schauen ob Baustellen genehmigt sind oder ob Hecken, Äste oder gar Bauwerke in den Verkehrsraum ragen – das haben wir immer wieder.

Und die festgestellten Straßenschäden landen dann in der Datenbank. Wie umfangreich ist diese Sammlung?

Das gesamte Straßennetz Münchens ist in 28 500 einzelne Straßenabschnitte unterteilt. Für jeden davon werden Gehwege, Parkbuchten, Radwege und Fahrbahnen gesondert erfasst. Zusammen mit der Info, welchen Unterbau es dort gibt und woraus der Straßenbelag ist. Damit kein Missverständnis entsteht: In der Datenbank wird nicht jedes neue Schlagloch registriert – die flicken wir lieber gleich. Vielmehr geht’s um eine generelle Erfassung des Straßenzustands. Schließlich bekommen die Abschnitte Noten von 1 bis 5 – nach einem System, das deutschlandweit verwendet wird.

Wie hoch ist der Anteil mit der schlechtesten Note 5?

Bei den Nebenstraßen haben acht Prozent die Note 4,5 bis 5. Und bei den Hauptstraßen sind es 4,4 Prozent. Das sind sehr gute Werte.

Wobei die Nebenstraßen deutlich abfallen.

In den 90er Jahren musste eine Zeit lang auch beim Straßenunterhalt gespart werden. Aber in den zurückliegenden Jahren und auch für die nächsten fünf Jahre hat der Stadtrat die Haushaltsmittel erhöht – so dass jetzt pro Jahr 14 Millionen Euro zur Verfügung stehen. Die Stadt lässt es sich viel kosten, den Substanzwert ihrer Straßen gut zu erhalten.

Gibt es in einem Stadtteil besonders viele Holperpisten?

Nein, das verteilt sich gleichmäßig auf das ganze Stadtgebiet. Es war auch immer die Philosophie des Stadtrates, keinen Stadtteil zu vernachlässigen. Auch in puncto Sauberkeit. Egal, ob man in Harlaching, Allach, am Hasenbergl oder in Trudering lebt – überall wird das Ortsbild sauber gehalten. Und so ist das auch mit dem Straßenzustand. In anderen europäischen Städten ist das anders, da sind die Vorstädte oft benachteiligt.

Wie hat sich der Zustand der Münchner Straßen in den vergangenen Jahren entwickelt?

Alle fünf Jahre fahren spezielle Messwagen einer externen Firma über die Hauptstraßen. Dabei wird der Zustand per Radarabtastung genau erfasst. Zuletzt waren diese Fahrzeuge 2011 unterwegs. Ergebnis: der Anteil der Straßen, die im guten Bereich lagen, ist um drei Prozent gestiegen. Darauf sind wir stolz. Vor allem wenn man weiß, dass sich das Netz des Freistaats gleichzeitig rapide verschlechtert hat.

Was sorgt vor allem für Straßenschäden?

Die meisten Probleme macht uns der Frost-Tau-Wechsel. Wenn da ein kleiner Riss ist, dringt Wasser ein, gefriert, dann lösen sich Steinkörnchen, Lkws fahren drüber – und schon gibt’s ein Schlagloch. Das macht uns im Moment Mords-Probleme. Seit zwei Monaten sind unsere Bautrupps ständig in jedem Viertel unterwegs.

Und im Sommer?

Der Schwerlastverkehr ist eine große Belastung fürs Straßennetz. Und freilich ist es ein Unterschied, ob am Tag 130 000 Fahrzeuge über die Donnersbergerbrücke rauschen. Oder ein Dutzend in einer Anliegerstraße fahren.

Wie hoch ist denn die jeweilige Lebensdauer?

Anliegerstraßen halten nach unseren Auswertungen etwa 40 Jahre. Hauptstraßen nicht ansatzweise so lang. Ihre Lebensdauer lässt sich aber schon deshalb nicht beziffern, weil es dort dauernd Arbeiten an Leitungen gibt – rund 10 000 solcher Grabungen finden im Jahr statt. Die Bautätigkeit in dieser Stadt ist enorm.

Die Grünen haben gerade gefordert, dass die Bürger per Smartphone auch Straßenschäden melden können sollen – was halten Sie davon?

Die Bürger haben jetzt schon Möglichkeiten, sich bei uns zu melden. Das Problem ist, dass immer wieder Dinge gemeldet werden, für die wir gar nicht zuständig sind. Trotzdem zieht das bei uns Kapazitäten ab. Es nutzt mir nichts, wenn es heißt, in der Fürstenrieder Straße liegt Dreck – die ist sehr lang! Und dann gibt’s Verkehrsflächen, die gehören der Bahn, Privaten und so weiter. Mal sehen, wie der Stadtrat das bewerten wird.

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