Schlagloch: 6 Zähne ausgeschlagen - Frau will Geld

Anneliese K. (68) stürzt in der Dom-Pedro-Straße in Neuhausen und schlägt sich sechs Zähne aus. Sie zieht vor Gericht.
Torsten Huber |
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Anneliese K. zeigt das große Schlagloch, das jetzt mit Teer notdürftig zugeschüttet worden ist.
Martha Schlüter Anneliese K. zeigt das große Schlagloch, das jetzt mit Teer notdürftig zugeschüttet worden ist.

München - Bitterlich weinend verlässt Rentnerin Anneliese K., 68 Jahre alt, den Saal 37 des Oberlandesgerichts München (OLG). Sie klagt: „Ohne richtigen Zahnersatz kann ich nie mehr richtig essen, muss alles zerreißen, bevor ich es in kleinen Stücken in den Mund schieben kann.“

Der 1. Zivilsenat beim OLG nahm der alten Dame die letzte Hoffnung. Der Senat sprach die Stadt München praktisch von der Verantwortung frei, das die Rentnerin wegen eines Schlaglochs im Straßenbelag gestürzt ist und dabei sechs obere Zähne verloren hat. In erster Instanz hatten die Richter den Fall noch völlig anders gesehen und und ihr 5000 Euro Schmerzensgeld und Schadensersatz zugesprochen.

Es ist der 29. Oktober 2009, der das Leben der Rentnerin Anneliese K. völlig verändert: „Ich wollte noch in die Stadt – bummeln“, berichtet sie. Nicht groß shoppen. „Ich habe ja nur 710 Euro Rente. Damit muss ich sparsam umgehen.“ Draußen liegt bereits der erste Schnee.

Die Dom-Pedro-Straße sei schlecht geräumt gewesen. „Als ich sie überqueren wollte, kamen mir mehrere Mädchen entgegen. Beim Ausweichen rutschte ich in ein Schlagloch.“ Anneliese K. knallt voll mit dem Gesicht auf das alte Kopfsteinpflaster: „Ich war völlig benommen. Bin erst im Krankenwagen wach geworden. Die Mädchen hatten den Notruf gewählt.“ Sie kommt ins Krankenhaus. Das Gesicht ist geschwollen und blutverschmiert. Platzwunden an der Stirn und Nase. Das rechte Auge ist blau. Der Mund ganz blutig.

Die Wunden heilen nach ein paar Wochen ab. Was bleibt, sind die kaputten Frontzähne. „Meine Krankenkasse hat mir nur die Grundversorgung gezahlt. Das ist eine Zahnplastikschiene, die ich rausnehmen kann. Damit kann ich nicht richtig zubeißen kann“, so Anneliese K.

Nach ihrer Meinung muss die Landeshauptstadt für den Schaden aufkommen. Deshalb beantragt die Rentnerin Prozessskostenhilfe. Die sie wegen Erfolgsaussicht auch bekommt. Gestern besichtigte sie den Unfallort: „Lächerlich. Die haben da nur eine Schippe Teer hingehauen.

Da ist jetzt eine kleine Erhebung, die auch gefährlich werden kann für jeden Fußgänger.“ Genau da setzt das OLG an: „Die Stadt hat auf der Straße keine Sicherungspflicht für Fußgänger.“ Die bestehe dort nur für den Kraftfahrzeugverkehr und Fahrradfahrer. Der Rat der Richter: „Ziehen Sie Ihre Klage zurück. Sonst müssen sie noch sämtliche Gerichtskosten tragen.“ Knapp 3000 Euro. Denn die Allianz, bei der die Stadt haftpflichtversichert ist, kommt als Sieger prozesskostenfrei davon. Anneliese K. ist gezwungen, auf den Gerichtsvorschlag einzugehen. Resigniert sagt sie: „Ich möchte doch so schön lachen können wie unser Oberbürgermeister Ude auf den Zeitungsfotos.“

 

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