Rischart-Zentrale: Werkswohnungen an der Wiesn

Münchens Unternehmen bauen keine Wohnungen für ihre Mitarbeiter, klagt die Politik. Doch mitten in der Stadt beweist Rischart das Gegenteil.
von  Conie Morarescu, Felix Müller
So soll der Neubau an der Theresienhöhe Ecke Hans-Fischer-Straße aussehen, wenn er fertig ist. Auf dem Areal sind auch Wohnungen geplant.
So soll der Neubau an der Theresienhöhe Ecke Hans-Fischer-Straße aussehen, wenn er fertig ist. Auf dem Areal sind auch Wohnungen geplant. © Visualisierung: Rischart

München - Es ist ein Herzensthema des Oberbürgermeisters. Schon vor zehn Jahren warb Dieter Reiter dafür, dass Unternehmen selbst Verantwortung übernehmen sollten, und forderte eine Wiederbelebung des Werkswohnungsbaus.

So richtig funktioniert hat es nicht. Reiter forcierte den Bau von Mitarbeiterbewohnungen, wo er direkten Einfluss hat - etwa bei den Stadtwerken. Münchens freie Wirtschaft aber hat wenig Interesse.

Rischart stellt bislang 40 Angestellten eine Unterkunft

Doch ganz vereinzelt gibt es Ausnahmen - Unternehmen, die nicht nur ein paar historische Wohnungen behalten haben, sondern auch wieder neue bauen.

Werkswohnungen haben bei dem Münchner Familienunternehmen Rischart Tradition. Magnus Müller-Rischart, der in fünfter Generation das Unternehmen führt, kann sich erinnern, dass es schon seinem Großvater sehr wichtig war, jungen Gesellinnen und Gesellen, die auf der Walz waren, eine Bleibe zu bieten.

Etwa 40 Angestellten stellt das Unternehmen aktuell eine Unterkunft zur Verfügung.

Theresienwiese: 100 neue Wohnungen mitten in der Stadt

Doch das Besondere: Rischart baut auch wieder neue Wohnungen - und das mitten in der Stadt. Mit der neuen Unternehmenszentrale, die momentan an der Theresienwiese gebaut wird, erweitert Rischart das betriebsinterne Wohnungsangebot: Hier werden unter anderem 100 Wohnungen für Auszubildende und Angestellte entstehen, die günstig zu mieten sind. Die Appartements werden zwischen 18 und 25 Quadratmeter groß und teilmöbliert sein.

"Die Mitarbeiter, die aus anderen Teilen Deutschlands kommen, können dann sofort einziehen", erklärt Müller-Rischart. Das sei wichtig, denn der Fachkräftemangel sei in München mitunter darauf zurückzuführen, dass der Wohnungsmarkt so prekär ist. "Eine Wohnung zu finden, kann ein jahrelanges Projekt sein", weiß der Geschäftsführer.

Da das Unternehmen großen Wert auf das traditionelle Handwerk lege, seien qualifizierte Bäckerei- und Konditoreifachkräfte gefragt. Doch eben auch nicht leicht zu finden. "Die Werkswohnungen steigern auch unsere Attraktivität als Arbeitgeber," so Müller-Rischart.

Rischart-Chef: "Wie bieten Lehrlingen die Möglichkeit zur ersten eigenen Wohnung"

Aktuell beschäftigt die Traditionsbäckerei Rischart rund 500 Mitarbeiter, davon 60 Auszubildende. Diese werden besonders von dem neuen Wohnungsangebot profitieren. "Wir geben unseren Lehrlingen die Möglichkeit, von zu Hause auszuziehen in ihre erste eigene Wohnung", sagt Magnus Müller-Rischart. In München normalerweise ein fast unmögliches Unterfangen, vor allem mit einem Lehrlingsgehalt.

Die Azubis und Gesellen werden einen kurzen Arbeitsweg haben, denn sie wohnen direkt bei der neuen Backstube, zu den Filialen in der Stadt ist es auch nicht weit. "Die zentrale Lage war uns sehr wichtig", sagt Müller-Rischart, "wir wollten lange Wege vermeiden."

Ein weiterer Luxus, besonders in München: Teilweise haben die Wohnungen Terrassen zum begrünten Innenhof hinaus. Die Fertigstellung der neuen Rischart-Zentrale ist im Sommer 2023 geplant. Auf dem über 5.000 Quadratmeter großen Grundstück werden neben den Wohnungen eine neue Backstube, ein Ladencafé, ein Boardinghaus und eine Ausstellung entstehen.

OB Reiter: "Ich wünsche mir, dass viele dem Beispiel folgen"

Und was sagt der OB? "Werkswohnungen sind ein wichtiger Schlüssel für mehr bezahlbare Wohnungen in München", betont er auf AZ-Anfrage einmal mehr. Unsere städtischen Unternehmen gehen hier mit gutem Beispiel voran, aber auch andere Unternehmen scheinen den Vorteil von Werkswohnungen jetzt neu zu entdecken", hofft Reiter. Wie das Beispiel Rischart zeige, trügen Unternehmen dazu bei, den Wohnungsmarkt in München etwas zu entspannen. "Hundert Werkswohnungen sind schon eine nennenswerte Größenordnung - ich wünsche mir, dass viele weitere Unternehmen diesem Beispiel folgen."

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