Rentner als Mieter unerwünscht!
AZ: Frau Zurek, die AZ hat gerade über eine Rentnerin berichtet, die nach 70 Jahren aus ihrer Wohnung raus muss, weil diese nach einer Mieterhöhung zu teuer für sie ist. Ein Einzelfall?
BEATRIX ZUREK: Nein, das ist kein Einzelfall. Erschreckend ist, dass jeder zweite Rentner eine Rente von unter 700 Euro bekommt. Schon allein deshalb tun sich viele alte Menschen am Münchner Mietmarkt schwer. Viele könnten bei den Behörden finanzielle Unterstützung beantragen, tun es aber nicht. Weil sie sich schämen, im Alter zu einem Sozialfall zu werden, oder weil sie über die Hilfsmöglichkeiten nicht Bescheid wissen.
Wenden sich viele Senioren mit solchen Problemen an den Mieterverein?
Wir hören von Senioren, aber auch von jüngeren Mietern oft, dass es eng wird, wenn die nächste Mieterhöhung kommt. Rentner haben meistens auch nicht die Möglichkeit, ihr Einkommen noch mit einem Nebenjob aufzupolieren. Insofern belastet sie die Münchner Mietpreisspirale ganz besonders. Es ist wirklich tragisch, wenn man im Alter unfreiwillig die Wohnung wechseln muss. Das sollte es nicht geben.
Trotz intensiver Suche hat die Rentnerin aus dem AZ-Bericht keine neue Bleibe gefunden. Überrascht Sie das?
Nein, weil viele Vermieter in älteren Leuten keinen geeigneten Vertragspartner sehen und keine älteren Mieter wollen. Freilich gibt es auch rüstige, wohlhabende Rentner, die als Mieter gerne gesehen sind, weil sie im Haus dann zu den Leisen gehören. Aber je älter der Wohnungssuchende ist, desto schwieriger wird es für ihn sein, in München etwas Neues zu finden.
Welche Bedenken haben Vermieter gegenüber Rentnern?
Dass deren Rente nicht reicht, um die Wohnung dauerhaft zu bezahlen. Und dass es zu Ärger mit den Erben kommt, wenn der ältere Mensch stirbt. Dann vererbt ein alleinlebender Mieter nämlich auch seinen Mietvertrag.
Werden Rentner am Mietmarkt also diskriminiert?
Eigentlich dürfte das aufgrund des gesetzlich festgelegten Diskriminierungsverbots nicht passieren. Aber natürlich laufen sie trotzdem Gefahr, diskriminiert zu werden. Vor allem wenn sie nicht über genügend finanzielle Ressourcen verfügen. Wenn jemand 3000 Euro Rente bekommt, sind die Bedenken der Vermieter natürlich schon geringer.
Viele Münchner Rentner leben in Wohnungen, die eigentlich zu groß für sie sind. Wie lässt sich das ändern?
Das kommt tatsächlich oft vor, weil die Rentner für eine kleinere Bleibe letztlich mehr bezahlen müssten als für ihre Wohnung, die sie seit Jahrzehnten angemietet haben. Um dieses Problem zu lösen, müssen künftig mehr kleinere, altersgerechte Wohneinheiten gebaut werden. Im Moment fokussiert man sich zu sehr auf größere Wohnungen, die natürlich für Familien wichtig sind. Aber man darf die Älteren nicht aus dem Blick verlieren.
Werden sich die Miet-Probleme für Rentner in Zukunft noch verschärfen?
Wenn es keine Änderungen bei den gesetzlichen Mieterschutz-Regelungen gibt – etwa bei der Modernisierungsumlage oder der Begrenzung von Mieterhöhungen – wird sich das sicher zuspitzen. Umso wichtiger ist es, die Rentner aufzuklären, wann sie Anspruch auf staatliche Hilfe haben – und dass sie diese nicht aus Stolz ablehnen sollten. Wer keine Wohnung findet, sollte sich unbedingt ans zuständige Sozialbürgerhaus wenden.
Schade, dass besonders die alteingesessenen Münchner unter so einem Druck stehen.
Ich finde das auch sehr traurig. Es ist eine schlimme Entwicklung. Umso wichtiger ist, dass bei den bundes- und landesgesetzlichen Entwicklungen zum Mieterschutz endlich nachgebessert wird.