Reisender aus München ist empört über den Bahn-Streik: "Bei dem Gehaltsniveau erschreckend"

München - Viel ist nicht los am Münchner Hauptbahnhof am Freitagmorgen an den Gleisen des Fernverkehrs. Die Anzeigetafeln, vor denen sich hier und da Grüppchen von etwas verloren dreinschauenden Menschen ansammeln, sprechen eine klare Sprache: "Zug fällt aus" ist bei vielen Verbindungen zu lesen. Einzelne Züge fahren aber, wenn auch verspätet und oft ohne Reservierungsmöglichkeit.
Die meisten, die jetzt noch am Hauptbahnhof sind, sind schon etwas älter, Touristen, die von der Streik-Ankündigung noch nichts mitbekommen haben oder Reisende, die sich ihrem Schicksal an diesem Streik-Freitag ergeben haben und den nächstmöglichen Zug nehmen wollen.
GDL-Streik in München: Wenig los am Hauptbahnhof

So auch Johannes Zurnieden, Chef der auf Schiffsreisen spezialisierten Firma Phoenix Reisen aus Bonn, der für eine Fernsehaufzeichnung in München war, wie er der AZ erzählt. "Jetzt will ich zurück und jetzt fährt gleich der einzige Zug, der immerhin fährt. Ich wollte eigentlich früher fahren."
Zu den Streikenden hat er eine klare Meinung: "Ich finde es zum Kotzen. Auch wenn man sich das Gehaltsniveau der Leute anschaut, ist das erschreckend. Wenn man das vergleicht mit Leuten, die woanders arbeiten, keine Sicherheit des Arbeitsplatzes haben, keine Sozialversicherung in dem hohen Maße."

Anders das Bild im S-Bahn-Sperrengeschoss: Auch die S-Bahn ist vom Streik betroffen. Und das, nachdem in den letzten Tagen wegen des Schnees vom vergangenen Wochenende schon kaum Züge fuhren. Heute immerhin ein Streik-Notfallprogramm: S1/S2/S3/S4/S6/S7 fahren stündlich, die S2 zwischen Markt Schwaben alle 40 Minuten. Die S8 fährt zwischen Herrsching und Germering-Unterpfaffenhofen stündlich, zwischen Germering-Unterpfaffenhofen und Pasing alle 20 bis 40 Minuten und zwischen Pasing und Flughafen alle 20 Minuten. Die S20 fährt nicht.
Entsprechend ist da auf den Bahnsteigen auch am meisten los, viele Leute warten auf ihre S-Bahn und starren dabei betrübt in ihr Handy.
Gewerkschaftsmitglieder verlassen um 10 Uhr den Münchner Hauptbahnhof

Wieder oben an den Gleisen, kommt kurz vor 10 Uhr Bewegung in die zwangsmäßig eher ruhige Stimmung am Hauptbahnhof: Dutzende Personen in grünen Westen und mit Fahnen mit der Aufschrift "GDL" – kurz für "Gewerkschaft Deutscher Lokführer", die für den Warnstreik am Freitag verantwortlich ist – verlassen geschlossen den Hauptbahnhof. Ihre Kernforderung: Eine 35-Stunden-Woche und eine Fünf-Tage-Woche für Schichtarbeiter.

Eine weitere Reisegruppe am Bahnsteig: Zwei Ehepaare im Rentenalter. Sie möchten wieder zurück nach Hamburg und von da weiter nach Winsen an der Luhe. Schwierig an diesem Freitag, aber nicht unmöglich. "Wir wissen noch nicht, wann unser Zug fährt", sagt Peter Rosemülller.
Reisender kritisiert Streik: Geht um "innergewerkschaftliche Konkurrenz"
Auch hier gibt es wenig Verständnis für den Warnstreik von Freitag: "Ich habe bei Herrn Weselsky (Klaus Weselsky ist der Chef der Gewerkschaft Deutscher Lokführer, Anm. d. Red.) immer das Gefühl, es geht um innergewerkschaftliche Konkurrenz. Es gibt ja andere Eisenbahnergewerkschaften. Von Spartengewerkschaften halte ich sowieso nichts."
Er will diese Kritik aber nicht an Streiks grundsätzlich äußern, denn: "Verstehen kann ich Streiks grundsätzlich schon." In der Hoffnung, dass sie an diesem Freitag doch noch ein Zug nach Hamburg und nach Hause bringt, geht die Gruppe jetzt erstmal zum Bäcker und holt sich Kaffee und etwas zu Essen.

Der Warnstreik der GDL am Freitag wurde angekündigt bis 22 Uhr abends. Es ist damit zu rechnen, dass bis dann und noch etwas darüber hinaus wenn überhaupt nur wenige Züge fahren, im Fernverkehr und auch bei der S-Bahn.