Reisender aus München ist empört über den Bahn-Streik: "Bei dem Gehaltsniveau erschreckend"

Nach dem Schnee-Chaos der Streik: Am Hauptbahnhof in München ist wenig los, vor allem Senioren und ausländische Reisende suchen nach einer Reisemöglichkeit.
Jan Krattiger
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Vor allem viele Senioren und Touristen stehen oft ratlos vor den Anzeigetafeln.
Vor allem viele Senioren und Touristen stehen oft ratlos vor den Anzeigetafeln. © Jan Krattiger

München - Viel ist nicht los am Münchner Hauptbahnhof am Freitagmorgen an den Gleisen des Fernverkehrs. Die Anzeigetafeln, vor denen sich hier und da Grüppchen von etwas verloren dreinschauenden Menschen ansammeln, sprechen eine klare Sprache: "Zug fällt aus" ist bei vielen Verbindungen zu lesen. Einzelne Züge fahren aber, wenn auch verspätet und oft ohne Reservierungsmöglichkeit. 

Die meisten, die jetzt noch am Hauptbahnhof sind, sind schon etwas älter, Touristen, die von der Streik-Ankündigung noch nichts mitbekommen haben oder Reisende, die sich ihrem Schicksal an diesem Streik-Freitag ergeben haben und den nächstmöglichen Zug nehmen wollen. 

GDL-Streik in München: Wenig los am Hauptbahnhof

Auch der Gründer der Firma "Phoenix Reisen" war am Freitag vom Bahnstreik betroffen.
Auch der Gründer der Firma "Phoenix Reisen" war am Freitag vom Bahnstreik betroffen. © Jan Krattiger

So auch Johannes Zurnieden, Chef der auf Schiffsreisen spezialisierten Firma Phoenix Reisen aus Bonn, der für eine Fernsehaufzeichnung in München war, wie er der AZ erzählt. "Jetzt will ich zurück und jetzt fährt gleich der einzige Zug, der immerhin fährt. Ich wollte eigentlich früher fahren." 

Zu den Streikenden hat er eine klare Meinung: "Ich finde es zum Kotzen. Auch wenn man sich das Gehaltsniveau der Leute anschaut, ist das erschreckend. Wenn man das vergleicht mit Leuten, die woanders arbeiten, keine Sicherheit des Arbeitsplatzes haben, keine Sozialversicherung in dem hohen Maße." 

Wegen des GDL-Streiks fallen am Freitag viele Züge von und nach München aus.
Wegen des GDL-Streiks fallen am Freitag viele Züge von und nach München aus. © Jan Krattiger

Anders das Bild im S-Bahn-Sperrengeschoss: Auch die S-Bahn ist  vom Streik betroffen. Und das, nachdem in den letzten Tagen wegen des Schnees vom vergangenen Wochenende schon kaum Züge fuhren. Heute immerhin ein Streik-Notfallprogramm: S1/S2/S3/S4/S6/S7 fahren stündlich, die S2 zwischen Markt Schwaben alle 40 Minuten. Die S8 fährt zwischen Herrsching und Germering-Unterpfaffenhofen stündlich, zwischen Germering-Unterpfaffenhofen und Pasing alle 20 bis 40 Minuten und zwischen Pasing und Flughafen alle 20 Minuten. Die S20 fährt nicht. 

Entsprechend ist da auf den Bahnsteigen auch am meisten los, viele Leute warten auf ihre S-Bahn und starren dabei betrübt in ihr Handy. 

Gewerkschaftsmitglieder verlassen um 10 Uhr den Münchner Hauptbahnhof

GDL-Gewerschaftsmitglieder verlassen am Freitagmorgen den Münchner Hauptbahnhof
GDL-Gewerschaftsmitglieder verlassen am Freitagmorgen den Münchner Hauptbahnhof © Jan Krattiger

Wieder oben an den Gleisen, kommt kurz vor 10 Uhr Bewegung in die zwangsmäßig eher ruhige Stimmung am Hauptbahnhof: Dutzende Personen in grünen Westen und mit Fahnen mit der Aufschrift "GDL" – kurz für "Gewerkschaft Deutscher Lokführer", die für den Warnstreik am Freitag verantwortlich ist – verlassen geschlossen den Hauptbahnhof. Ihre Kernforderung: Eine 35-Stunden-Woche und eine Fünf-Tage-Woche für Schichtarbeiter.

Peter Rosemüller aus Winsen an der Luhe ist vom Streik der GDL betroffen.
Peter Rosemüller aus Winsen an der Luhe ist vom Streik der GDL betroffen. © Jan Krattiger

Eine weitere Reisegruppe am Bahnsteig: Zwei Ehepaare im Rentenalter. Sie möchten wieder zurück nach Hamburg und von da weiter nach Winsen an der Luhe. Schwierig an diesem Freitag, aber nicht unmöglich. "Wir wissen noch nicht, wann unser Zug fährt", sagt Peter Rosemülller. 

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Reisender kritisiert Streik: Geht um "innergewerkschaftliche Konkurrenz" 

Auch hier gibt es wenig Verständnis für den Warnstreik von Freitag: "Ich habe bei Herrn Weselsky (Klaus Weselsky ist der Chef der Gewerkschaft Deutscher Lokführer, Anm. d. Red.) immer das Gefühl, es geht um innergewerkschaftliche Konkurrenz. Es gibt ja andere Eisenbahnergewerkschaften. Von Spartengewerkschaften halte ich sowieso nichts." 

Er will diese Kritik aber nicht an Streiks grundsätzlich  äußern, denn: "Verstehen kann ich Streiks grundsätzlich schon." In der Hoffnung, dass sie an diesem Freitag doch noch ein Zug nach Hamburg und nach Hause bringt, geht die Gruppe jetzt erstmal zum Bäcker und holt sich Kaffee und etwas zu Essen. 

Nur wenige Zugreisende sind am Freitagvormittag am Münchner Hauptbahnhof unterwegs.
Nur wenige Zugreisende sind am Freitagvormittag am Münchner Hauptbahnhof unterwegs. © Jan Krattiger

Der Warnstreik der GDL am Freitag wurde angekündigt bis 22 Uhr abends. Es ist damit zu rechnen, dass bis dann und noch etwas darüber hinaus wenn überhaupt nur wenige Züge fahren, im Fernverkehr und auch bei der S-Bahn. 

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  • 747-200 am 10.12.2023 16:34 Uhr / Bewertung:

    Herr Weselsky sollte eigentlich begreifen dass er an dem Ast sägt auf dem er sitzt. Es gibt inzwischen 'autonom ' fahrende Autos und auch auf der Schiene fahren schon viele Züge ohne irgendeinen Lokführer und das nicht nur auf Flughäfen (MIA, FRA usw). Ein "führerloser' ICE ist technisch kein Problem. Schon heute werden Anweisungen u Informationen ins Cockpit eingespielt. Die 'alten' Signale sind nicht mehr erforderlich. Und wenn es dann doch einmal zu schweren Unfällen kommt waren imeist die Lokführer schuld. (Bad Aibling 3016, Schäftlarn 2022 usw.)
    Vielleicht sollte man man auch einmal den Trend in der Fliegerei ansehen:
    1970: Vom 4-Mann zum 3-Mann Cockpit.- INS ersetzt den Navigator.
    1985: Vom 3- Mann (Frau) Cockpit zum 2- Mann Cockpit - Technik ersetzt den Ingenieur.
    Aktuell wird das 1- Mann Cockpit geplant mit der Absicht später auf Piloten-loses autonomes Fliegen umzustellen. Die Weichen sind gestellt. Die Technik bereits vorhanden.
    Ziehen Sie sich warm an Herr Weselsky!

  • Schwabe1 am 10.12.2023 11:18 Uhr / Bewertung:

    Warnstreik gehören verboten. Wenn es das Bundsarbeit Gericht nicht kann, dann muß der BGH entscheiden.
    Der Fahrgast wird während der Tarif Verhandlung Fase, als Erpressung Instrument in Gefangenschaft genommen. Der Volkswirtschaftliche Schaden ist unbezahlbar.
    Erst wenn die Verhandlungen und Schlichtungen abgeschlossen sind, kann gestreikt werden.
    Wieso dürfen die Lokführer innerhalb der Bahn eine eigene Gewerkschaft haben, das ist doch
    nicht im Sinne der Solidarität aller Bahnangestellter.
    Da muss sich im Gesetz was ändern. Stellen sie sich mal vor der KARTENVERKÄUFER im Schwimmbad Streikt und das Schwimmbad muss deshalb geschlossen werden.
    Das ist doch ein Witz !
    Macht diese Gewerkschaft Bosse kleiner als diese sind. Sie sind für mich wie Terroristen,
    die alle in Geiselhaft nehmen.
    Bitte so Nicht Gewerkschafter. Seid faire Demokraten.

  • Der wahre tscharlie am 09.12.2023 18:16 Uhr / Bewertung:

    Reisender: "Ich habe bei Herrn Weselsky (Klaus Weselsky ist der Chef der Gewerkschaft Deutscher Lokführer, Anm. d. Red.) immer das Gefühl, es geht um innergewerkschaftliche Konkurrenz. Es gibt ja andere Eisenbahnergewerkschaften. Von Spartengewerkschaften halte ich sowieso nichts."

    Genau so seh ich das auch. Weselsky hat sich doch vor Jahren schon mal zu einer Übernahme der EVG geäußert. Und er weiß genau, dass er mit seiner kleinen Gewerkschaft das ganze Land lahmlegen kann. Denn ohne Lokführer fährt kein Zug. Und das Druckmittel benutzt er bis zum geht nicht mehr.

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