Reiches München, armes München: Der Schuldenatlas
MÜNCHEN - Es passt so gar nicht zu dieser reichen Stadt: Jeder zwölfte Münchner ist so hoch verschuldet, dass er seine Verbindlichkeiten nicht mehr bedienen kann. Wer besonders betroffen ist, in welchen Stadtteilen es die meisten Schuldner gibt - und was man tun kann...
Armes München, reiches München: Jeder zwölfte Münchener ist so hoch verschuldet, dass er seine Verbindlichkeiten nicht mehr bedienen kann – er ist überschuldet. Das zeigt der Schuldenatlas für München der Wirtschaftsauskunftsdatei Creditreform. Und die Kluft zwischen eher reichen und eher armen Stadtvierteln ist groß: So ist im Hasenbergl fast jeder Fünfte bis über die Halskrause verschuldet, im wohlhabenden Obermenzing ist es nur jeder Zwanzigste.
Die Definition von Überschuldung ist klar und deutlich: „Überschuldung liegt vor, wenn ein Schuldner die Summe seiner fälligen Zahlungsverpflichtungen auch in absehbarer Zeit nicht begleichen kann und ihm weder Vermögen noch andere Kreditmöglichkeiten zur Verfügung stehen.“ 8,3 Prozent der Münchner stecken in dieser existenziellen Klemme. Das hat die Wirtschaftsauskunftsdatei Creditreform für ihren Schuldneratlas 2010 ermittelt.
8,3 Prozent – das ist ein Anstieg gegenüber dem Vorjahr von überschaubaren 0,2 Prozent. Und gegenüber dem bundesweiten Durchschnitt von 9,5 Prozent ein sehr guter Wert. Beim Blick auf die Stadtviertel-Daten wird klar: Das Geld sitzt etwa auf einer West-Ost-Achse von Pasing-Obermenzing über Neuhausen-Nymphenburg, die Altstadt, Westschwabing und Bogenhausen. Und auf einer Nord-Süd-Achse (Thalkirchen-Obersendling-Forstenried-Solln, Au und Schwabing-Freimann). Verschuldungsquoten von zehn Prozent und mehr sind tendenziell in den Außenbereichen zu finden, etwa in Milbertshofen-Am Hart oder Obergiesing, Trudering. Echte Ausreißer bei der postleitzahlengenau erfassen Schuldenquote: Das Hasenbergl mit knapp 18 Prozent und die Messestadt Riem mit immerhin noch gut 17 Prozent. Aber auch in zentral gelegenen Vierteln tappen viele Menschen in die Schuldenfalle – etwa in der Schwanthalerhöhe oder der Ludwigs-/Isarvorstadt.
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Finanzexperten haben die Creditreform-Zahlen überrascht. Denn wegen der Wirtschaftskrise hatten sie mit drastisch gestiegenen Schuldenquoten gerechnet. Offenbar habe der massive Einsatz von Kurzarbeitergeld das Schlimmste verhindert, so der Verband.
Für Bayern errechnete Creditreform übrigens eine Schuldnerquote von 7,06 Prozent. Das ist die niedrigste im Bundesländer-Vergleich. Bremen etwa bringt’s auf 14,13 Prozent. Im Schnitt stehen Schuldner mit knapp 37000 Euro in der Kreide. Die Altersgruppe mit der höchsten Verschuldung sind die 65- bis 70-Jährigen mit durchschnittlich 66500 Euro Miesen.
Die von Creditreform erhobenen Zahlen sind nicht nur interessant, sondern auch relevant: Die Angaben nach Postleitzahl sind ein Faktor, nachdem Unternehmen wie Banken und Versandhäuser die Bonität ihrer Kunden berechnen.
Rudolf Huber
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