Red Bull Crashed Ice: Der 353-Meter-Eismann
MÜNCHEN - Im Olympiapark schuf ein Innsbrucker eine gewaltige Piste für Schlittschuh-Hasardeure. Die AZ- hat den Eis-Experten bei seiner Arbeit besucht.
Dauerregen kann einem aufs Gemüt schlagen, aber wer seit 14 Jahren für den Event-Riesen Red Bull quer über den Globus die schrägsten und aufwändigsten Veranstaltungen organisiert, den schockt nichts mehr. Und so flachst Jojo Pölzl ins Feuchte hinein zu einem Kollegen: „Superwetter habt's ihr hier in München. Na, merci!“ Es ist neun Uhr morgens und Pölzl ist schon klatschnass. Die halbe Nacht war er hier an der Strecke, nur zwei Stunden im Bett, „deswegen bin ich jetzt auch a weng grantig“, meint der Strecken-Chef des Red Bull Crashed Ice-Parcours. Das Wetter tut ein übriges.
So dekorativ der Olympiapark noch vor Wochenfrist im Neuschneekleid aussah, so grau in braun wirkt er nun. Das für den Parallelslalom hingezauberte Kunstschneeband am Olympiaberg hat schon braune Flecken, der See ist immer noch ausgelassen und beherbergt in seiner Mitte eine gewaltige Videoleinwand – und den Zielbereich der Eis-Downhill-WM, die hier am Samstag ab 18 Uhr über die Bühne geht. Dass sie das tut, dafür sorgt Pölzl: „Bis acht Grad plus kann man Eis produzieren, bis 15 Grad kann man Eis halten.“
Zwischen Weihnachten und Neujahr haben er und seine 120-Mann-Truppe mit dem Aufbau begonnen, vor einer Woche wurde Eis gemacht, handgespritzt sozusagen – und sehr gleichmäßig: „So glatt war's noch nie.“
Gleich werden die ersten Läufer des nationalen Ausscheidungswettkampfs auf die Strecke gehen; sie ziehen sich gerade um – in der alten FC-Bayern-Kabine im Olympiastadion. Helfer sind dabei, das Regenwasser aus der Strecke zu schieben; einer ist mit Steigeisen unterwegs, um die Fugen zur Bande hin abzudichten. „Sicherheit steht natürlich ganz oben", sagt Pölzl, der früher als technischer Delegierter des Welt-Skiverbandes FIS für Sicherheitsfragen zuständig war.
Er selbst ist die 353 Meter lange Eisbahn nie hinab gefahren, „obwohl es mich natürlich schon gejuckt hat“, erzählt der Innsbrucker. Seit er sechs ist, spielt er Eishockey, „aber jetzt bin ich mit 38 in einem Alter, wo man sich das überlegt. Da stehst du zwei Wochen im Regen, es ist kalt, das Kreuz tut dir weh, und außerdem hab' ich meine Verletzungen alle schon gehabt.“
Erstmals gehen heuer mehr als 120 Läufer an drei Tagen über die Strecke, in diversen Qualifikationsrennen. „Da sind schon viele Naja-Läufer dabei: übermotiviert, gefährlich“, meint Pölzl, „hier ist halt jeder zunächst mal Anfänger. Da haben sich auch schon DEL- und sogar NHL-Profis erstmal schwer getan. Als Eishockeyspieler bist du nicht automatisch ein guter Downhiller. Deswegen sind wir auch gespannt, wie sich in Holland die Speed-Skater anstellen werden.“
Und das mit dem Wetter, das kriegen sie sicher auch noch hin. Der Wetterbericht meldet für Samstagabend: neun Grad, Regenwahrscheinlichkeit: nur 25 Prozent.
Thomas Becker
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