Ratskeller am Marienplatz ab Januar dicht: Das soll danach kommen
Bass statt Bier, Stroboskop statt Gemütlichkeit: Wenn es nach der Fraktion der Grünen/Rosa Liste/Volt im Stadtrat geht, könnte das bald im Herzen der Stadt Wirklichkeit werden, nämlich im Gewölbe des Rathauses am Marienplatz.
Dort ist noch bis Ende Jahr der Ratskeller beheimatet, ein Traditionswirtshaus, das dort seit über 50 Jahren von der Wirtefamilie Wieser betreut wird. Dann ist aber bald Schluss, der Pachtvertrag läuft aus und der Wirt Peter Wieser hat sich gegen eine Verlängerung entschieden.
Ratskeller am Marienplatz ab Ende des Jaher dicht: Was die Grünen dann fordern

Ab 2032 wird das Rathaus generalsaniert, auch der Ratskeller. Schon bis dahin hätte aber im Ratskeller bereits vieles saniert werden müssen, unter anderem die Hauptküche, die Schänke und Lagerräume. Dazu hätte Wieser die Anzahl Plätze von jetzt 1100 auf 350 reduzieren müssen.
Er habe außerdem keinen Nachfolger gefunden, und: "Ich werde im Januar 70 Jahre alt, da wollte ich mir sechs weitere Jahre nicht antun", sagte Wieser vor ein paar Monaten zur AZ.
Club statt Wirtshaus: Was die Grünen für den Ratskeller fordern
Man blicke zwar durchaus auch mit einem weinenden Auge auf das Ende des Ratskellers von Peter Wieser, sagen die Grünen. In einem Antrag, den sie am Freitag (24.10.) im Stadtrat einreichen wollen – und der der AZ schon exklusiv vorliegt – fordern sie aber nun: Die Stadt soll dafür sorgen, dass die Räume des Ratskellers zur kulturellen Zwischennutzung für junge Münchner werden.

Dazu soll zunächst die Fachstelle Moderation der Nacht (MoNa) ein Konzept erstellen "für einen städtischen Club- und Kulturraum, der insbesondere jungen Münchner*innen und Kulturschaffenden offensteht".
Seit einigen Jahren schon veranstaltet die MoNa den "Runden Tisch Nachtleben", an dem Vertreter der Szene, der Stadt und Behörden (Stadtrat, KVR, Polizei) sich in regelmäßigen Abständen zum Austausch treffen.

Club im Ratskeller: Ein neuer Ort für feierfreudige Münchner?
Der Runde Tisch soll, wenn es nach den Grünen geht, das Konzept für einen Club im Rathauskeller diskutieren. Die Räume soll aber nicht die Stadt selber bespielen während dieser Zwischennutzung, sondern ein "zivilgesellschaftlicher Akteur mit städtischer Unterstützung", wie es im Antrag heißt.
Der Runde Tisch soll außerdem "wertvolle Informationen bringen, um einen Raum zu schaffen, der von Veranstalter*innen und Gästen angenommen wird", so der Antrag.
Das ist eine der schwierigsten Fragen (abgesehen von der Finanzierung): Wie gestaltet man einen solchen Ort, den junge Münchner auch gerne besuchen? Jugendliche feiern naturgemäß in Freiräumen, die etwas abseits vom kritischen Blick der Obrigkeit sind.
Die Szene reagiert erstmal verhalten positiv auf den Vorschlag: "Der Ratskeller ist leider nicht die einmalige oder erste Chance, solch einen öffentlichen Kulturort in zentraler Lage zu schaffen", so das Bündnis "Freiräumen" zur AZ. Es gebe jetzt schon "Millionen Quadratmeter an Leerstand in München, welcher nicht genutzt wird, zum Beispiel die U5 Akademie in Haidhausen". Man sei aber froh, dass die Nutzung gemeinnützig werden soll und "dass die Zivilgesellschaft auf Augenhöhe beteiligt werden soll".
Das Bündnis "Mehr Lärm für München", das einmal im Jahr die Krachparade organisiert und sich für ein vielfältiges Münchner Nachtleben einsetzt, findet die Idee grundsätzlich gut. Das sagt Sprecherin Julia Richter zur AZ. "Wir haben aber die Sorge, dass am Runden Tisch Nachtleben wieder ein Konzept entstehen wird, bei dem vor allem die Kulturschaffenden und Clubbetreiber berücksichtigt werden und die kleineren Kollektive von Anfang an kaum eingebunden sind".
Es sei aus ihrer Sicht wichtig, auch diese "früh mitzudenken und einzubeziehen, weil sie einen wesentlichen Teil der Szene ausmachen". Ein Ort, an dem man sich im Ratskeller unkompliziert ausprobieren könne, wäre aus ihrer Sicht wünschenswert.

"Braucht mehr Platz": Warum die Grünen einen Club im Ratskeller fordern
Für die Grünen ist klar: "München braucht mehr Platz für junge Menschen", sagt Stadträtin Clara Nitsche zu dem Vorschlag. Einen "jahrelangen Leerstand, noch dazu eines denkmalgeschützten Gewölbes, das können und wollen wir uns nicht leisten", sagt sie.
Es soll aber nicht nur wilde Technopartys geben, sondern auch tagsüber können sich die Grünen kulturelle Nutzungen vorstellen, zum Beispiel Workshops oder Kunstaktionen. Auch wenn sich im Zuge der Gespräche eine Nachnutzung für das Café im Innenhof ergebe, sei man dafür offen.
Wer sich den alten Ratskeller noch einmal aus der Nähe anschauen möchte, hat also nur noch bis Ende des Jahres dafür Zeit. Dann will sich Wirt Peter Wieser mit einer großen Silvesterparty verabschieden – vielleicht schon ein kleiner Vorgeschmack darauf, was dann in den kommenden Jahren folgt.

