Radl-Hauptstadt – oder doch nur Stadt mit Fahrrädern?
Fahrradstreifen auf allen großen Einfallstraßen
München - Heute, Mittwoch, sollte es eigentlich ernst werden, der Stadtrat müsste eine wichtige Weiche stellen: Soll München eine echte Radler-Metropole werden – oder eine bleiben, in der man teilweise ganz passabel Radfahren kann?
Die Entscheidung über eigene Spuren für die Pedaleros zu Lasten der Autofahrer in der Rosenheimer Straße sollte zur Nagelprobe für die Radl-Hauptstadt München werden. Aber jetzt wird wieder einmal verschoben und nochmal geprüft.
Der Pedal-Lobby geht das alles zu langsam: Sie fordert Radlspuren auf allen wichtigen Münchner Einfallstraßen.
Seit Jahren wird über die Grundsatzfrage Radl und/oder Auto diskutiert. In der Kapuzinerstraße wurde exemplarisch demonstriert, wie die Version pro Rad ausschaut: überbreite Radwege statt Auto-Fahrspuren, massives motorisiertes Gedrängel.
Wenn es nach dem ADFC geht, war das erst der Anfang. „Es besteht dringender Handlungsbedarf,“ sagt Sprecherin Traudl Schröder. „Es geht darum, dass die Stadt zeigen muss, ob sie es ernst meint.“
In der Rosenheimer Straße soll ein Teilstück ähnlich der Kapuzinerstraße umgebaut werden – wohl mit ähnlichen Staufolgen für die Autos. Einen Vorschlag, die Radler statt dessen über einen Umweg am Engpass vorbei zu lotsen, hält Traudl Schröder für nicht zielführend: „Alternativ-Routen werden nicht angenommen!“
Also bleibt, wenn die großen Pläne der städtischen Planer für die Radl-Hauptstadt umgesetzt werden sollen, nur die große Lösung – glaubt der ADFC.
„Es geht ans Eingemachte“, sagt Schröder. Und nennt ein paar Beispiele: Lindwurmstraße, Nymphenburger Straße, Dachauer Straße.
Vor allem die Lindwurmstraße, auf der 2012 schon mal wegen Bauarbeiten eine Auto-Fahrspur für die Radler freigegeben wurde, liegt dem ADFC am Herzen: „Da ist es ganz schlimm, die vielen Radfahrer haben einfach keinen Platz auf dem bisherigen Radweg.“
Aber auch die anderen großen Verkehrs-Achsen seien wichtig, um noch mehr Menschen aufs Rad zu locken. Dabei sei bisher schon einiges erreicht worden, findet der ADFC.
In seinem gerade verabschiedeten verkehrspolitischen Programm hat er aber trotzdem noch einen dicken Forderungs-Katalog verstaut: Unter anderem soll für Rad-Projekte deutlich mehr Geld als bisher in die Hand genommen werden.
Und die Stadt müsse sich intensiv mit dem anderswo schon sehr akuten Thema Radschnellwege befassen. Auf denen sollen vor allem Berufspendler zügig, sicher und möglichst kreuzungsfrei aus den Vororten in die City kommen.
Was AZ-Redakteure von den ADFC-Forderungen halten:
Fahrradstreifen auf großen Straßen – eine gute Idee?
PRO:
In München mit dem Auto zu fahren, ist oft unnötig. Hier kann jeder mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem Radl zur Arbeit fahren.
Weil aber die Radwege überfüllt sind und es gefährliche Stellen für Radler gibt, steigen viele doch ins Auto. Nicht nur, um Getränke zu kaufen oder fiebernde Kinder zum Arzt zu fahren, sondern auch, um von der Maxvorstadt in die Isarvorstadt zu kommen.
Um Radeln noch attraktiver zu machen, braucht es aber breite Fahrradstraßen auf allen wichtigen Einfallschneisen. Und weil Ihr die lärmenden Stinker seid, liebe Autofahrer, kann das nur auf Eure Kosten gehen.
Aber Ihr profitiert auch davon: Wenn auch Ihr auf breiten Radlwegen mit geröteten Backen und strammen Wadln durch die Stadt düst. Jasmin Menrad
KONTRA:
Neuerdings habe ich Hörbücher für mich entdeckt. Als Autofahrer in München lohnt sich das. Denn so viel Zeit wie 2013 habe ich noch nie im Wagen verbracht – wohlgemerkt nicht Richtung Italien, sondern meistens auf Lindwurm-, Sonnen-, Landsberger- und Schwanthalerstraße. Im Stau.
Hier geht auch außerhalb des Feierabendverkehrs oft gar nichts mehr. Die Ursachen reichen von Dauerbaustellen (sehenswert: die bizarren und unfallträchtigen Malereien auf der Fahrbahn!) bis zu sonderbaren Ampelschaltungen.
Jetzt wird noch eine dazukommen: eigene Fahrspuren für Radler, auch auf großen Hauptverkehrsstraßen. Ja, Pedalisten brauchen ebenfalls Platz, keine Frage! Aber überall? Und immer auf Kosten des Autoverkehrs? Timo Lokoschat
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