Querdenker vor Gericht wegen Aufruf zum Umsturz auf Facebook

Prozess am Landgericht: Wegen eines Posts bei Facebook wird ein Freisinger (59) verurteilt.
John Schneider
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Verdeckt sein Gesicht: der Angeklagte (59) mit seinem Anwalt JürgenHadinger im Gerichtssaal.
Verdeckt sein Gesicht: der Angeklagte (59) mit seinem Anwalt JürgenHadinger im Gerichtssaal. © Foto: jot

München - Auch für gestandene Juristen und Prozessbeobachter haben die Gesetzestexte immer noch selten oder gar nicht genutzte Paragraphen parat. Der Paragraph 89 des Strafgesetzbuches – die verfassungsfeindliche Einwirkung auf Bundeswehr und öffentliche Sicherheitsorgane – ist so ein seltener Vogel.

Paragraf 89 richtet sich gegen Umstürze und Putschversuche

Der Wortlaut des ersten Absatzes liest sich so: "Wer auf Angehörige der Bundeswehr oder eines öffentlichen Sicherheitsorgans planmäßig einwirkt, um deren pflichtmäßige Bereitschaft zum Schutz der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder der verfassungsmäßigen Ordnung zu untergraben, und sich dadurch absichtlich für Bestrebungen gegen den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder gegen Verfassungsgrundsätze einsetzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft."

Was hatte der 59-jährige Peter T. (Name geändert) getan, dass man ihm das seitens der Generalstaatsanwaltschaft anlastete? Laut Anklage postete der Freisinger am 8. April 2021 bei Facebook, in einer Gruppe, die insbesondere von aktiven und ehemaligen Bundeswehr-Soldaten genutzt wird, einen Aufruf zum Umsturz: "Ich bitte Sie und Kollegen des Militärs dringend um die militärische geordnete planmäßige, übergangsmäßige Übernahme und Verwaltung des Landes."

Verschwörungstheorien und Rassismus im Netz

Seine Begründung: Das Leben der "deutschen Völker" und ihrer "ausländischen Gäste" sei "ernsthaft schwerstens gefährdet". "Nicht durch Covid oder CO2 oder irgendeinen auswärtigen Feind, sondern durch das in sich völlig korrupte BRD-System."

Hintergrund des Posts, der bereits nach 22 Stunden gelöscht wurde, sei die persönliche Situation von Peter T. damals gewesen, erklärt Verteidiger Jürgen Hadinger. Seine thailändische Verlobte durfte aufgrund der Covid-Maßnahmen auf unabsehbare Zeit nicht einreisen. "Er war so frustriert", so Hadinger zur Motivation seines Mandanten. Er stehe wohl eher der Querdenker- als der Reichsbürger-Szene nahe. "Es tut ihm sehr leid", erklärt sein Anwalt.

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Die 2. Strafkammer unter dem Vorsitz von Norbert Riedmann verurteilt den 59-Jährigen zu einer Geldstrafe von 50 mal 60 Tagessätzen, also 3.000 Euro. Der verschuldete Mann kann die Strafe in Raten abbezahlen. Oder in Revision gehen. Aber Peter T. scheint gestern mit dem Urteil durchaus zufrieden zu sein.

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5 Kommentare
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  • Kaiser Jannick am 29.03.2023 21:45 Uhr / Bewertung:

    "Er war so frustriert", so Hadinger zur Motivation seines Mandanten. Er stehe wohl eher der Querdenker- als der Reichsbürger-Szene nahe. "Es tut ihm sehr leid", erklärt sein Anwalt."

    Da kennen wir noch welche, die extrem frustriert sind und der Querdenker- sowie Reichsbürgerszene angehören. Diese tun sich ganz besonders damit hervor, pathologisch gegen Beamte, vor allem Polizisten zu bashen, egal worum es in einem Artikel auch gehen mag. Deren Thesen haben mit dem jeweiligen Artikelthema nichts zu tun. Auch wenn es z.B. um ein harmloses Kochrezept geht, suchen Jene immer eine Möglichkeit, am Ende irgendetwas gegen die Polizei los zu lassen. Gut ist, dass das alles unter Beobachtung steht und Screenshots zur Beweissicherung gemacht werden. Irgendwann ist es mit der Anonymität dahin und Jene können sich dann im Strafverfahren erklären, es wird endlich und erfolgreicher gegen „Hate-Speech“ vorgegangen...

  • Der wahre tscharlie am 29.03.2023 16:49 Uhr / Bewertung:

    "Nicht durch Covid oder CO2 oder irgendeinen auswärtigen Feind, sondern durch das in sich völlig korrupte BRD-System."

    Naja, wenn man sich in den diversen Foren so durchliest, gibts eine Menge Leute, die unsere "unfähige" Regierung gerne loswerden möchten.

  • FredC2 am 29.03.2023 20:55 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Der wahre tscharlie

    Es sind immer Leute gegen eine gewählte Regierung.
    Hat eine Partei beispielsweise 30% bekommen (was ja heutzutage ein recht gutes bzw traumhaftes Ergebnis für viele Parteien wäre), und die Wahlbeteiligung liegt z.b. bei 60%, haben immerhin 82 von 100 diese Partei NICHT gewählt.

    Und wenn dann eine Partei nur 5% bekommt, und in einer Regierung mitmischt, haben sogar 97 von 100 diese Partei nicht gewählt, geschweige denn gewollt, dass sie etwas mitentscheiden.

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