Puschel und Wuschel: Verschenkt und vergessen

Erst liegen sie unterm Weihnachtsbaum, dann vor dem Tierheim. Hunderte Katzen, Hunde und Hasen warten derzeit auf neue Besitzer. Auch Reptilien werden häufig wieder abgegeben.
MÜNCHEN Alle Jahre wieder: So sicher wie der Weihnachtsmann Münchner Kindern Zamperl, Hasen oder Katzen bringt, so sicher landen viele von ihnen nur wenig später im Tierheim in der Riemer Straße. Warum das so ist, weiß Karl-Heinz Joachim. „Erst wollen die Kinder unbedingt ein Tier, und wenn es erst einmal da ist, verlieren sie ganz schnell wieder das Interesse“, sagt der Vorstandsbeauftragte des Tierheims. Auch wenn sich inzwischen eine Art Routine bei den Verantwortlichen entwickelt hat, ist die Situation nicht weniger dramatisch.
Da ist zum Beispiel Hugo. Was nach Mode klingt, ist ein drei Monate altes Ferkel. Vor ein paar Tagen wurde das dunkelbraune Mini-Pig im Tierheim abgegeben. Hugo war ein Geschenk, das beim Besitzer leider nicht gut angekommen ist. „Er hat’s gleich am ersten Tag hergebracht“, sagt Joachim. Jetzt sucht er für Hugo ein Zuhause, genau wie für Frettchen Arno, seit Mittwoch Bewohner des Tierheims. „Frettchen sind eigentlich keine Haustiere. Das sind Jäger, die wollen raus, nicht in der Wohnung hocken.“
Viele Halter informieren sich kaum über das neue, tierische Familienmitglied. Dass es neben der richtigen Pflege oft viel Geld kostet und vor allem Zeit, scheint viele schon nach einigen Wochen zu überraschen. Das kennt Tierarzt Tobias Friz gut. Der stellvertretende Leiter der Auffangstation für Reptilien in der Kaulbachstraße nimmt einen Leopardgecko in die Hand. „Die sind wahnsinnig beliebt als Geschenk für Kinder. Aber das ist keine gute Idee. Denn die Tiere sind dämmerungsaktiv und somit wach, wenn die Kinder schlafen“, sagt er. Dasselbe gilt für die gerade so beliebten Schmuck- und Zierschildkröten. „Kaum werden sie größer, landen sie bei uns.“
48 Tiere wurden bei Friz im Januar abgegeben, etwa 20 wurden bereits in gute Hände vermittelt. Auch Karl-Heinz Joachim erwartet im Tierheim in den nächsten Tagen noch einen großen Ansturm.
Im vergangenen Jahr wurden zwischen dem ersten Weihnachtsfeiertag und Ende Januar 126 Katzen, 139 Hunde und 184 Kleintiere abgegeben. „Das ist über ein Drittel mehr als sonst“, sagt er. Heuer werden sich die Zahlen im ähnlichen Bereich bewegen.
Aber es gibt auch gute Nachrichten. An Heiligabend hat Joachim noch ganz schnell einen Hund in gute Hände vermittelt. Nicht alle weihnachtlichen Tiergeschichten nehmen also ein böses Ende.
dur