Prozess in München: Angeklagter überfällt Bank für seine Kinder

Ein Bankräuber hat zwei Angestellte mit einer Pistole bedroht. Der Angeklagte überrascht das Gericht.
J. Schneider/L. Doleschel |
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Der Angeklagte mit Anwalt Werner Kränzlein.
Petra Schramek Der Angeklagte mit Anwalt Werner Kränzlein.

München - Als Staatsanwalt Laurent Lafleur die Anklage verliest, folgt ihm der 40-jährige Mann auf der Anklagebank noch mit einem scheinbar amüsierten Lächeln. Als ginge ihn das alles gar nichts an. Das wird sich im Laufe dieses ersten Prozesstages gegen Hans P. (Name geändert) ändern.

Lafleur wirft ihm vor, am 5. April des vergangenen Jahres eine Sparkasse in Neuried überfallen zu haben. Nachdem er das konsequent seit über zehn Monaten geleugnet hat, brachte ein Gespräch mit seinem Anwalt am Vortag des Prozesses die überraschende Wende. Hans P. will reinen Tisch machen. Den Bankraub gibt er am Mittwoch zu.

Kurios: Der Bankräuber hat sich laut Anklage während der Tat bedauernd geäußert. Er müsse "leider" die Bank überfallen, erklärte er den Sparkassen-Angestellten. Mit gebrochener Stimme bestätigt der Angeklagte die Anklage.

Überraschendes Motiv: Er tat es für die Kinder

Ja, er habe den verängstigten Frauen eine Pistole entgegengehalten. Da sie aber nicht an das Geld im Tresor herankamen, schlug die Filialleiterin vor, dass sie mit einer Geldkarte Bargeld aus dem Automaten ziehen könnte. Wie wäre es mit 5.000 Euro? Zu wenig, erklärte der Räuber. Die Bank-Angestellte holte daraufhin 10.000 Euro aus dem Automaten. Hans P. nahm das Geld und floh. Die Tatwaffe, eine ungeladene Luger, wie er sagt, habe er in den Müll geworfen.

Der Bankräuber will es für seine vier Kinder getan haben. Seine Geschäfte als selbstständiger Personalvermittler gingen schlecht. Sehr schlecht. Vor der Tat war sein Kartenhaus aus Notlügen kurz vor dem Zusammenfallen. Er konnte weder seine Mitarbeiter noch die Mieten für das Haus der Familie und seine Münchner Bürowohnung bezahlen. Ohne die Unterstützung von Mutter und Großmutter hätten seine Kinder vielleicht sogar hungern müssen. Vier Tage vor dem Überfall habe er am Küchentisch seiner Münchner Wohnung gesessen und sich die Pistole an die Schläfe gehalten. Einzig der Anblick seiner Familie auf einem Foto habe ihn bewogen, nicht abzudrücken.

Die Beute aus dem Bankraub war wohl letztlich nur "ein Tropfen auf den heißen Stein", bemerkt die Vorsitzende Richterin Nicole Selzam. Der Angeklagte stimmt ihr zu. Er habe dann den Großteil sofort überwiesen: an seine Frau für die Miete, an Mitarbeiter, denen er Lohn schuldete. Von dem Rest habe er Lebensmittel gekauft und ein Auto angemietet. Der Prozess dauert an.

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