22.000 Wohnungen in München betroffen: Gehört auch zur Wahrheit über die Wohnungsdebatte dazu

Zweimal schon haben Wohnungsaktivisten der Münchner Linken mit großen Plakataktionen Wirbel erzeugt. Im Herbst 2023 hängten sie über Nacht an 40 Wohnhäusern zwischen Schwabing und Haidhausen lila-rote Plakate auf. Darauf – neben dem Parteilogo – die Frage: "Warum stehen hier Wohnungen leer?" 2024 bestückten sie schon 100 leer stehende Wohngebäude mit Protestplakaten.
160 Häuser in München beklebt
Jetzt haben sie es wieder getan – in München und sogar bayernweit auch in Regensburg, Rosenheim und Freising. In der Nacht von Sonntag auf Montag beklebten sie rund 160 Häuser, die ganz oder großteils schon Jahre leer stehen. "Hier ist leer. Was soll das?" steht nun da zu lesen. Oder: "Wie viele Menschen könnten hier wohnen?"

Man wolle damit sichtbar machen, wo dringend benötigter Wohnraum ungenutzt sei, sagte Aktivistensprecherin Anja Fuchsloch bei der Vorstellung der Aktion am Montag vor dem leeren Wohnhaus an der Baaderstraße 61. Denn oft werde Leerstand von den Bürgern kaum wahrgenommen.
Auch Erbstreitigkeiten führen zu Leerstand
"Investoren spekulieren auf steigende Bodenpreise", sagt Aktivist Christian Schwarzenberger. "Manche umgehen den Denkmalschutz und lassen ein Haus verrotten, bis sie Luxuswohnungen neu bauen können. Oder Erbstreitigkeiten führen zu Dauerleerstand."

"Das ist Wohnraum für fast 50.000 Menschen"
Für München habe die letzte Zählung der Statistischen Ämter für den Zensus 2022 rund 22.000 dauerhaft leere Wohnungen ergeben. "Das ist Wohnraum für fast 50.000 Menschen", sagt Linke-Stadtrat Stefan Jagel. Laut dem Immobilienmarktbericht der Stadt stehen obendrein über zwei Millionen Quadratmeter Büroraum leer, die für Wohnraum umgenutzt werden könnten. In Bayern gebe es 300.000 leere Wohnungen.

Instandsetzungsgebot und Ersatzvornahme
Aus Sicht der Linken unternimmt die Stadt zu wenig, um gegen Leerstand effektiv vorzugehen. "Letztes Jahr hat sie über Zweckentfremdungsverfahren nur 448 Leerstände beendet", moniert Jagel. "Dass es immer heißt, man tue alles, was möglich ist – ich kann es nicht mehr hören."

Man könne Leerstand systematisch erfassen, indem man die "Stromzählermethode" anwende. "Wo dauerhaft kein Strom verbraucht wird, geht eine Meldung ans Sozialreferat." Die Stadt solle auch Instandsetzungsgebote aussprechen – und wenn der Eigentümer nicht handle, dann über eine "Ersatzvornahme" ein Haus selbst instandsetzen und dem Eigentümer die Rechnung schicken.

"Grün-Rot ist viel zu schnarchnasig unterwegs"
"Das ist nicht einfach, aber es kann funktionieren. Die grün-rote Stadtregierung ist da viel zu schnarchnasig unterwegs", sagt Jagel. Die Linke hat – um mehr Fälle zu sammeln – auch einen eigenen Leerstandsmelder eingerichtet, auf dem Bürger Beobachtungen melden können (leerstand-melden.die-linke-muc.de). Jagel: "Wir leiten die Meldungen dann an die zuständige Behörde weiter."