"Dieses Jahr ist es ganz schlimm": Was Münchner zur Pollensaison wissen müssen
München – Wenn Esche, Birke und Eiche blühen, weckt das Frühlingsgefühle – und für viele die Angst vor der Dauererkältung. Laut einer AOK-Umfrage leidet mehr als jede dritte Person (36 Prozent) an einer ärztlich diagnostizierten Allergie – knapp 60 Prozent davon an der am weitesten verbreiteten: Heuschnupfen.
Und der wird wegen des Klimawandels immer schlimmer. Wegen der steigenden Temperaturen blühen Bäume früher und wegen der erhöhten CO2-Konzentration wachsen die Pflanzen kräftiger – und führen zu mehr Pollen, wie etwa eine Studie der Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst zeigt.
Früher Heuschnupfen: "Ich habe es schon im April gemerkt"
Die Intensität der Allergie nimmt zu. Aber auch die Anzahl an Betroffenen, wie der Deutsche Allergie- und Asthmabund (DAAB) auf Nachfrage der AZ mitteilt. Seit den 1950er-Jahren steigen diese demnach exponentiell an und werden zudem immer jünger.
Der Münchner Student Michael Korn (27) ist einer der Betroffenen. Ihm geht es wie den meisten Pollenallergikern: Die Nase läuft, die Nebenhöhlen schwellen an und für ihn persönlich das Schlimmste: Die Augen jucken.
Obwohl Korn auf Gräser allergisch ist, deren Pollen vor allem erst zum Frühlingsende und Sommeranfang durch die Luft schwirren, spürt auch er, dass es inzwischen früher losgeht. "Im April, als es heftig geblüht hat, habe ich es auch gemerkt. Für gewöhnlich habe ich es aber erst im Hochsommer gemerkt", sagt Korn der AZ.
Münchner Allergologin: "Dieses Jahr ist es ganz schimm"
Das beobachtet auch die Professorin und Allergologin Pamela Zengel, die eine HNO-Praxis am Rindermarkt betreibt: "Dieses Jahr ist es ganz schlimm, weil wir einen relativ milden Winter hatten und somit haben die Bäume schon sehr früh ausgeschlagen", sagt sie der AZ.

Das Gefährliche an der wachsenden Pollenplage: Das Risiko, Asthma zu bekommen, wächst. Zengel sagt: "Wir sehen in unserer Praxis immer wieder Birken- und Grasallergiker, die sagen, dass sie in der Saison anfangen zu hüsteln oder einen Räusperzwang haben." Das seien die ersten Anzeichen für einen sogenannten Etagenwechsel.
Pollenplage: So gehen Münchner ihr aus dem Weg
Um mit der Allergie fertig zu werden, empfiehlt der Naturschutzbund Deutschland, nachts und frühmorgens die Fenster zu schließen und nur abends bis Mitternacht stoßzulüften. Außerdem wichtig: Tageskleidung nicht mit ins Schlafzimmer nehmen und vor dem Schlafengehen Haare waschen.
Um den Pollen möglichst aus dem Weg zu gehen, lässt sich auf der Webseite allergiecheck.de für München nachsehen, wie der Pollenflug für die nächsten Tage aussieht - aufgeschlüsselt nach den verschiedenen Baum- und Gräserarten.
Einen solchen Service bietet auch das Bayerische Landesamt für Gesundheit mit dem Elektronischen Polleninformationsnetzwerk (ePIN) an, auch in App-Form.

Zumindest erwischt es Allergiker in München trotz der dort höheren Schadstoffdichte nicht am schlimmsten: "Die Patienten, die rein Pollenallergiker sind, leiden mehr auf dem Land", sagt Zengel.
Therapie auch für Asthmatiker hilfreich
Student Korn hilft an schlimmen Tagen die Einnahme von Allergietabletten. "Wenn ich spüre, da bahnt sich was an, dann nehme ich das Mittel und die nächste Stunde ist es dann nicht so cool, aber dann hört es auch wieder auf", sagt er. Sogenannte Antihistaminika sind auch in Form von Tropfen- und Nasensprays erhältlich.
Wer das Problem an der Wurzel packen will, kann sich aber nur mit einer Hyposensibilisierungstherapie helfen. In Form von Tabletten oder Spritzen wird der Körper dem Allergen ausgesetzt – und gewöhnt sich dran. "So wird dem Immunsystem erklärt, dass es überreagiert auf Allergene, die eigentlich für den Körper nicht schädlich sind", erklärt Allergologin Zengel.
So wirksam ist die Hyposensibilisierungs-Therapie
Die Hyposensibilisierung sei für alle Pollenallergiker sinnvoll. Am häufigsten werde sie bei Patienten angewendet, die Beschwerden mit den oberen Atemwegen haben und deshalb unter Niesreiz oder Augenjucken leiden.
Sie könne aber auch dann helfen, wenn Patienten schon mit dem Hüsteln anfingen oder die schon Asthma hätten. Studien zufolge nehmen die Symptome mit der Therapie selbst bei der chronischen Erkrankung ab.
Laut dem DAAB ist die Wirksamkeit dieser Therapie in den letzten Jahren besser geworden, weil die Diagnostik genauer ist und die Medikamente weiterentwickelt wurden.
Heuschnupfen: Das kann die Stadt München dagegen tun
Heuschnupfen können jedoch nicht nur die Betroffenen selbst bekämpfen. Auch Stadtplaner sollten darauf achten, dass keine allergenen Bäume gepflanzt werden. Birken und Haseln gehören etwa zu den Arten, die Pollen in tendenziell höheren Konzentrationen produzieren, wie die Studie der Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst zeigt.

Auf Nachfrage der AZ teilt die Stadt München mit: "Das Baureferat achtet daher darauf, dass hochallergene Bäume wie Baumhasel, Birke und Purpurerle nicht in reinen, dicht bebauten Wohngebieten gepflanzt werden." Die Birke wird demnach seit über 15 Jahren dort nicht mehr gepflanzt.
In der Nähe von Schulen und Kindergärten würden zudem keine Haselnussträucher, Baumhasel und Nadelgehölze gesetzt.
Das Problem: Es kommen neue, Allergien auslösende Arten hinzu. "Da durch den Klimawandel die Temperaturen steigen, fassen hier allergene Bäume Fuß, die wir früher nicht hatten", erklärt Allergologin Zengel. So hätten etwa gerade Patienten in Bayern vermehrt mit den Pollen der Esche zu kämpfen. Auch das müssen Städte wie München künftig im Blick haben.
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