Polizeipsychologin: Täter sind ausgezeichnete Menschenkenner

Eine Polizeipsychologin erklärt, wer die Typen sind, die schamlos lügen und Senioren in Ruin und Verzweiflung treiben.
Nina Job |
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Die Polizeipsychologin (35) lehrt am Fortbildungsinstitut der bayerischen Polizei in Ainring.
Nina Job Die Polizeipsychologin (35) lehrt am Fortbildungsinstitut der bayerischen Polizei in Ainring.

Die Polizeipsychologin Silvia Ully erklärt, wer die Typen sind, die schamlos lügen und Senioren in Ruin und Verzweiflung treiben.

Die Polizeipsychologin Silvia Ully (35) lehrt am Fortbildungsinstitut der bayerischen Polizei in Ainring.

AZ: Frau Ully, Tausende ältere Menschen werden von Trickbetrügern belogen, betrogen, erpresst oder auch in Angst und Schrecken versetzt. Haben diese Täter keine Moral?
SILVIA ULLY: Es gibt verschiedene Typen. Die Enkeltrickbetrüger oder die falschen Polizisten sind Wirtschaftskriminelle mit sogenannten risikorelevanten Persönlichkeitsmerkmalen für Betrug. Darunter sind auch Narzissten und Psychopathen, welchen tatsächlich die Fähigkeit fehlt, Mitgefühl zu empfinden.

Was für Eigenschaften sind das?
Betrüger verfügen über ein hohes Maß an Durchsetzungsvermögen, sie sind manipulativ und wollen nach oben kommen. Sie haben die Fähigkeit, Kontrolle auszuüben und genießen in der Regel ihre Überlegenheit. Aber Betrüger sind auch Verlierer, weil sie es nicht schaffen, ihre Fähigkeiten in einem seriösen Beruf einzusetzen.

Haben sie denn keine Skrupel?
Eigentlich wissen sie, dass sie moralisch verwerflich handeln, aber viele Betrüger neutralisieren ihr schlechtes Gewissen durch Ausreden. Damit interpretieren sie ihre Verantwortung um. Nach dem Motto: Die Opfer sind selbst schuld, wenn sie solche Geschichten glauben. Aber ein Opfer ist nie selbst schuld! Prinzipiell kann jeder auf einen Betrüger hereinfallen. Die Fähigkeit Vertrauen fassen zu können, ist zutiefst menschlich und eine elementare Voraussetzung für das gesellschaftliche Miteinander.

Sind notorische Betrüger einfach nur gierig?
Sich zu bereichern ist nicht die einzige Motivation. Dem Betrüger geht es auch darum, wie weit er mit der Täuschung gehen kann. Ihn reizt es, die Grenzen auszutesten. Sein eigentliches Motiv ist Neid auf andere Menschen, die es vermeintlich besser haben und das will er ihnen wegnehmen.

Woher kommt das?
Oft sind das Muster aus der Kindheit. Viele hatten einen bedürftigen Elternteil und haben früh gelernt, was es zu tun gilt, um dessen Bedürfnisse zu erfüllen. Betrüger sind Experten im Erkennen von Bedürfnissen und Wünschen. Sie sind meist ausgezeichnete Menschenkenner.

Was erkennen Sie bei älteren Menschen?
Viele ältere Menschen sind einsam. Sie Freude sich über jeden Anruf. Wenn sie glauben, dass ein Polizist anruft, fühlen sie sich gebraucht. Das erinnert sie an ihre frühere Leistungsfähigkeit. Sie Freude sich, dass sie helfen können. Es ist erwiesen, dass Helfen und Geben Glücksgefühle auslöst. Nicht umsonst heißt es: Geben ist seliger als Nehmen. Die Täter nutzen nicht nur das Vertrauen aus, das ihnen entgegengebracht wird. Sie filtern auch die Wunschvorstellungen und Bedürfnisse des Opfers heraus. Und dazu kommt, dass Ältere sehr anfällig sind für Autorität und Gehorsam.

Warum ist das so?
Ihre Erziehung ist von Gehorsam und Widerspruchslosigkeit geprägt. Wer traute sich schon damals, in der Schule wirklich nachzufragen, wenn etwas unklar war oder nicht verstanden wurde? Doch genau das Hinterfragen wäre eine gute Strategie, um Betrug vorzubeugen. Zudem sinkt das Misstrauen im Alter, weil die dafür zuständigen Gehirnareale nicht mehr so aktiv sind.

Was raten Sie potenziellen Opfern?
Ganz wichtig ist der Realitätscheck. Stellen Sie Kontrollfragen! Lassen Sie sich nicht darauf ein, wenn der andere sagt, dass etwas geheim bleiben muss. Es ist sehr wichtig, andere Menschen mit einzubeziehen. Meistens hat man ja schon ein komisches Gefühl. Sprechen Sie mit Verwandten, Freunden, Nachbarn oder auch mit dem Bankmitarbeiter über das, was der Fremde von Ihnen will. Rufen Sie den Anrufer nie über die Rückruftaste zurück, die Nummer kann manipuliert sein. Und die Polizei ruft nie unter der Nummer 110 an. Die Polizei wird Sie auch nie darum bitten, Geld oder Wertgegenstände zu übergeben. Im Zweifelsfall gehen sie direkt zur nächsten Polizeidienststelle und fragen nach!

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