Plattform gegen die Apartheid

Die Aspekte Galerie zeigt ab 5. März eine Ausstellung mit jungen Künstlern aus Südafrika. Der renommierte Fotograf David Goldblatt hat die Fotoschule "The Market Photo Workshop" in Johannesburg als Plattform gegen die Apartheid gegründet.
Der international renommierte Fotokünstler David Goldblatt gründete die Fotoschule The Market Photo Workshop noch in den 80er Jahren besonders für junge schwarze Südafrikaner, weil diesen in ihrem eigenen Land vom Apartheidsregime der Zugang zu einer fotografischen Ausbildung an den etablierten Universitäten Jahrzehnte lang verwehrt wurde. In seinem Grußwort an die Ausstellung "Im am not afraid", die am 5. März um 19 Uhr in der Aspekte Galerie der Münchner Volkshochschule eröffnet wird, beharrt Goldblatt auf der Autonomie kultureller Praxis und warnt vor der Abhängigkeit von Politikern, "deren Hauptinteresse die Wahrung und Erweiterung von Macht ist". Er fordert stattdessen: "Studenten sollten aber frei sein, Dinge in Frage zu stellen, das Undenkbare zu denken, ikonoklastisch (bilderstürmerisch) zu sein, und meiner Meinung nach sollte der Workshop ein Ort sein, an dem sie ermutigt werden, genau das zu tun. Wir sollten uns davor in Acht nehmen, es uns in den Armen des Staates gemütlich zu machen."
Kein Wunder also, dass die Schule bis heute eine gelebte Leidenschaft auszeichnet, stets den Status Quo zu hinterfragen und sich zu widersetzen - eine Leidenschaft, die man politisch hierzulande an so mancher Fotoschule schmerzlich vermisst: "Es ist die Verantwortung der Schule, die Schüler für die politischen Verhältnisse zu sensibilisieren", sagte John Fleetwood, der Leiter des Market Photo Workshops (MPW). Ein solches Verständnis zeichnet die zeitgenössische dokumentarische Praxis in Südafrika aus und ihren Bezug zum engagierten Aktivismus der Anti-Apartheid-Bewegung, zu dem die Fotografie entscheidend beigetragen hat.
Auseinandersetzung mit der Struktur und Ordnung des öffentlichen Raums
"Unsere Geschichte wurde viel zu lange von außen geschrieben", sagt Fleetwood. Und so präsentieren sich die jungen FotokünstlerInnen aus Johannesburg selbstbewusst und politisch. "Was sich in westlichen Uniseminaren der postkolonialen 'gender and cultural studies' nahezu zur affirmativen Bedeutungslosigkeit akademisiert hat, visualisiert sich in den fotografischen Arbeiten aus Südafrika erfrischend engagiert", sagt Petra Gerschner, Leiterin der Aspekte Galerie. Es ist die Auseinandersetzung mit der Struktur und Ordnung des öffentlichen Raums, mit verschiedenen Formen der Prekarität, die sich in Migration, Gewalt, Obdachlosigkeit, Aids und der Diskriminierung von Frauen ausdrücken und den Alltag in Südafrika bestimmen, wie die beiden Kuratoren der Ausstellung und Herausgeber der internationalen Fotozeitschrift Camera Austria Christine Frisinghelli und Walter Seidl beschreiben.
Zanele Muholi bezeichnet sich selbst als "visuelle Aktivistin". Mit ihrer Arbeit "Faces & Phases" hat sich die junge Fotografin aufgemacht, "etwas für die Sichtbarkeit des schwarzen Lesbentums zu tun, unsere Lebensweise und unseren Widerstand in dieser demokratischen Gesellschaft zu dokumentieren und ein positives Bild schwarzer Lesben zu zeichnen." Eine starke und mutige Arbeit in einer Gesellschaft, in der Lesben bis heute keinen Platz in der Öffentlichkeit haben, sich unsichtbar machen müssen und massiv von Vergewaltigung und Mord bedroht sind.
Mit ihrer eigenen Bedrohung müssen sich engagierte junge Fotografinnen in Johannesburg täglich auseinander setzen: "Die Gewalt ist ein klarer Ausdruck von ökonomischen Verhältnissen, die die Menschen arm machen", sagt Schulleiter Fleetwood. Ein Bewusstsein, dass praktische Konsequenzen zum konkreten Schutz der Fotoschüler hat. Die Kameras werden von der Schule zur Verfügung gestellt, der materielle Verlust ist somit kein individuelles Problem und damit kein Grund, sein Leben unnötig zu riskieren. Mit einer solchen Kamera hat Sabelo Mlangeni in ihrer Serie "Invisible Woman" die extrem gefährliche Arbeit jener "unsichtbaren" Frauen dokumentiert, die nachts die Straßen Johannesburgs reinigen müssen.
Wie demokratisch und aktivistisch Fotografie sein kann, zeigen verschiedene Projekte, die die Fotoschule regelmäßig durchführt - zum Beispiel in den Townships Ikageng und Promosa: Dort konnten Frauen zwischen 18 und 50 Jahren ihre eigene Geschichte über ihren Alltag mit der Kamera erzählen. Neben fotografischen Grundlagen lernten sie die Sprache der Fotografie zu lesen und zu verstehen. Dadurch erwerben sie in dem Workshop auch andere visuelle Kompetenzen - zum Beispiel das Lesen von Symbolen und Zeichen, mit denen sie täglich in Zeitschriften, Zeitungen, Fernsehprogrammen und Filmen konfrontiert sind.
Michael Backmund
Ausstellungseröffnung: Donnerstag, 5. März, 19 Uhr in der Aspekte Galerie der MVHS im Gasteig, Foyer 2 OG. Um 20 Uhr: Vortrag von John Fleetwood über die Arbeit der Fotoschule in Johannesburg, Black Box (Eintritt frei). Zur Ausstellung zeigt die MVHS außerdem die Filmreihe " South Africa Now" - Infos unter www.mvhs.de