Per Kutter über die Alpen
MÜNCHEN/VENEDIG - Da scheint der verrückte Fitzcarraldo nicht weit weg zu sein: Zwei Münchner machen sich am Samstag auf, einen knallroten Fischkutter über die Alpen zu ziehen – über den Schlegeis-Gletscher, in 3000 Metern Höhe. Wie der verrückte Opernfreak alias Klaus Kinski im Film schleppen sie das Boot mit bloßer Muskelkraft – allerdings nicht, um auf der anderen Seite des Berges ein Opernhaus zu bauen, sondern um im Canale Grande in Venedig Schifferl zu fahren. „Passage 2011 – ein transalpines Drama”, heißt das Projekt, das die Künstler Thomas Huber und Wolfgang Aichinger auf der Biennale in Venedig vorstellen. In der AZ erklären sie, was hinter dem Projekt steckt.
Mit dem Boot über den Schlegeis-Gletscher, wie kommt man auf so eine Idee?
THOMAS HUBER: Die Frage stelle ich mir permanent. Nein, die Idee entspringt unter anderem einem gemeinsamen Erlebnis auf Island vor mehr als 20 Jahren. Da waren wir über zwei Wochen bei einem Schneesturm auf dem Gletscher des Vatnajökull-Vulkans, der jetzt gerade Asche spuckt, gefangen. Dieses extreme und lebensbedrohliche Erlebnis wollte wir unbedingt künstlerisch umsetzen.
WOLFGANG AICHINGER: Und bei einer Unterwasser-Installation, die wir kürzlich in Innsbruck gemacht haben, ist uns dann das konkrete Bild gekommen. Ein Boot in den Bergen – in so hohen Lagen, dass Schnee liegt.
Aber worin liegt da der Sinn?
HUBER: Gerade die Lust, etwas zunächst völlig Sinnloses zu tun, spielt eine große Rolle. Was wir machen, ist auf den ersten Blick der größte Schmarrn – und wir nehmen es auch in Kauf, zu scheitern.
AICHNER: Die Aktion ist unsere Antwort auf die Hybris des Menschen, der nach immer größerem Erfolg strebt.
Das Boot ist selbst gebaut?
AICHNER: Ja, aber wir haben uns von einem Physiker beraten lassen. Es besteht aus Polyesterharz-Laminat – ein Material, das leicht ist und außerdem auf Schnee gut rutscht.
HUBER: Es wiegt immer noch knackige 150 Kilo. Bei ersten Mal Heben hab ich mir schon gedacht: „Oh Scheiße”. Aber ich habe mich mit Bankdrücken vorbereitet.
Und wenn Sie in Italien ankommen?
HUBER: Dann wird das Boot in Venedig zur Biennale zu Wasser gelassen, und wir rudern ganz romantisch in den Sonnenuntergang.
Das Logbuch der Reise gibt’s auf www.passage2011.org
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