Pater Florian: Ein Wittelsbacher in Afrika
München/Illeret - In Illeret im Norden Kenias ist alles sehr weit weg. Die nächste geteerte Straße, die Hauptstadt Nairobi und die Annehmlichkeiten Deutschlands sowieso. Doch Pater Florian lebt hier gerne. "Ich habe diesen Ort von Anfang an gern gehabt", sagt der Missionar. Was hier im kenianischen Hinterland noch sehr weit weg ist, ist Pater Florians weltlicher Name. Denn geboren wurde der heute 60-Jährige als Franz-Josef Prinz von Bayern und somit als Urenkel des letzten bayerischen Königs Ludwig III.
Dass er das oftmals entbehrungsreiche Leben eines Missionars dem privilegierten Dasein als Wittelsbach-Spross vorzog, wusste der 60-jährige schon in jungen Jahren. "Für mich war das ein Kindheitstraum", erinnert sich Pater Florian. "Aus der Heimatpfarrei meiner Mutter stammte ein Missionar. Ich erlebte ihn als Kind und fand das sehr beeindruckend."
Auch im Mönchshabit sieht man Pater Florian den Wittelsbacher an
Der Kindheitstraum erfüllt sich schließlich nach einem Theologiestudium und dem Eintritt ins Kloster St. Ottilien. 1984 steigt der Pater in das Flugzeug nach Kenia, arbeitet unter anderem in den Slums von Nairobi, bis er 2002 nach Illeret kommt. "Damals war der Ort noch die Außenstation einer anderen Missionsstation", erzählt der Pater.
Die Abgeschiedenheit des Ortes beschreibt er damals in einem seiner ersten Briefe wie folgt: "Ich sitze gerade vor meiner Hütte, die nicht viel größer ist wie der Land Rover, der daneben steht, und genieße den Sonnenuntergang. In der Hütte ist gerade Platz für ein Bett, ein Regal und einen halben Tisch." In den kommenden Monaten und Jahren packt der Mönch zu. Baut den Außenposten Illeret zu einer eigenständigen Pfarrei aus, errichtet das Kloster und eine Werkstatt, in der er Automechaniker anlernt, und vollendet den örtlichen Kirchenbau.
Pater Florian ist ein Urenkel des letzten bayerischen Königs. Fotos: Anne Ackermann
Nach Deutschland kommt Pater Florian, der selbst im Mönchshabit seinem Vorfahren König Ludwig von Bayern verblüffend ähnlichsieht, nur noch alle paar Jahre. Um das Kloster St. Ottilien und seine Familie zu besuchen, und vor allem auch um hier für sein Herzenprojekt zu werben: Die Bildung der Kinder in Illeret.
Denn die Bevölkerung rund um den Ort ist immer noch stark nomadisch geprägt. Die meisten Menschen gehören dem Stamm der Daasanach an, die traditionell mit Viehzucht ihren Lebensunterhalt bestreiten.
Doch ihre Lebensweise ist zunehmend bedroht, wie Pater Florian berichtet: "Der Rest der Gesellschaft drückt von außen immer mehr in den Lebensraum der Daasanach hinein und sie damit an den Rand." HIV und Alkohol sind ein Problem, genauso wie das starke Bevölkerungswachstum. Letzteres führt inzwischen immer häufiger zur Überweidung des angestammten Daasanach-Gebietes und damit zu Hunger und Armut unter den Nomaden.
Die Bildung der Kinder ist für den Pater der einzige Weg, wie die Nomaden trotz Modernisierung und Globalisierung weiterhin überleben können: "Sonst wird es schwierig, die Gesellschaft weiterzuentwickeln", sagt er. Doch durch die Raster des etablierten Bildungssystems fallen die Daasanach aufgrund ihrer Lebensweise durch. "Dabei würden viele Eltern einen Schulbesuch ihrer Kinder befürworten, wenn die Schule zu ihnen kommt und mit ihnen mitzieht", so Pater Florian.
Nomadenkinder sollen in der mobilen Schule lernen
Vor drei Jahren hat Pater Florian deshalb begonnen, gemeinsam mit der Universität Regensburg ein mobiles Schulsystem namens INES (Illeret Nomadic Education System) zu entwickeln. Das ermöglicht es den Kindern recht selbstständig und im eigenen Tempo zu lernen. Lernleiter, die ebenfalls aus dem Stamm der Daasanach kommen, unterstützen die Schüler dabei. Zieht der Stamm weiter, ziehen Lernmaterialien und Lehrer mit. Noch steht das Projekt am Anfang, doch das Ziel ist schon klar definiert: "Wir wollen die Kinder auf das Level einer dritten Grundschulklasse in Deutschland bringen", erklärt Pater Florian.
Seit über 30 Jahren lebt Pater Florian ein einfaches Missionarsleben in Kenia.
Der 60-Jährige hat in Kenia sein Glück gefunden. Auf die Frage, ob er sich jemals gewünscht hätte, nicht doch das Leben eines Adelssprosses geführt zu haben, schüttelt der Pater nur mit dem Kopf und sagt: "Ich vermisse nichts. "
Oft erinnert wird Pater Florian im Norden Kenias an die Wittelsbacher ohnehin nicht – deutscher Adel und bayerische Könige sind hier kein Thema. Zwar wüssten einige der Nomaden von seiner adeligen Herkunft, daraus machen würden sie sich aber nichts, wie der Missionar erklärt: "Die Daasanach selbst haben kein erbliches Herrschaftssystem, insofern ist das für sie nicht relevant."
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