Parkhaus-Mord: Benedikt T. fordert Entschädigung!
München - Wie lange darf sich ein Gericht mit der Bearbeitung eines Wiederaufnahmeantrags Zeit lassen? 24 Monate wie im Fall von Benedikt Toth (40)? „Mein Mandant sitzt in Strafhaft. Er sagt, er ist unschuldig und dann dauert es zwei Jahre, bis sich etwas bewegt. Das ist absolut inakzeptabel“, findet Verteidiger Peter Witting und fordert deshalb eine Entschädigung vom Freistaat: insgesamt 1500 Euro für 15 Monate Verzögerung. Gestern wurde der Fall vor dem Zivilsenat des Münchner Oberlandesgerichts (OLG) verhandelt.
Lesen Sie hier: Benedikt Toth: "Ich bin kein Mörder"
Hintergrund: Im August 2008 wurde Benedikt Toth in einem reinen Indizienprozess als Mörder seiner Tante, der Parkhaus-Millionärin Charlotte Böhringer († 59), zu lebenslanger Haft mit besonderer Schwere der Schuld verurteilt. Im Oktober 2012 reichte sein Anwalt beim Landgericht München I einen Antrag auf Wiederaufnahme ein und forderte eine sofortige Haftunterbrechung.
Im März 2013 wurden die Unterlagen an die zuständige Strafkammer des Landgerichts Augsburg weitergeleitet. Dann geschah Monate lang – nichts (außer, dass die Akten vorübergehend verschwanden). Erst im Dezember 2014 reagierte die Kammer: Sie wies den Antrag zurück.
Peter Witting kritisiert, dass der zuständige Richter Michael Schneider bei Akteneingang bereits intensiv mit den sogenannten Augsburger Polizistenmorden beschäftigt war: „Es war ein maßgeblicher Fehler, ihn auch als Berichterstatter in unserem Verfahren einzusetzen.“ Nach Meinung des Münchner Verteidigers wäre es angebracht gewesen, einen anderen – weniger beanspruchten – Juristen mit dem Fall zu betrauen. Sei die gesamte Kammer überlastet gewesen, hätte man über deren Erweiterung nachdenken müssen. Und tatsächlich notierte Richter Schneider im November 2013 in einem Aktenvermerk: „Meine Ressourcen sind erschöpft.“
Er habe erst im Juni 2014 damit begonnen, sich in die umfangreichen Akten (24 Leitzordner, Stellungnahmen der Staatsanwaltschaft München und Augsburg, 200 Seiten Wiederaufnahmeantrag) einzuarbeiten, sagte Michael Schneider nun im Zeugenstand. Allerdings sei er auch in der Folgezeit immer wieder in aufwendige andere Prozesse involviert gewesen. Den Fall Toth habe er daher „flankierend zu weiteren Tätigkeiten in anderen Verfahren“ bearbeitet. Außerdem habe er zwischendurch Urlaub gehabt.
Anwalt Michael Then, der den Freistaat vertritt, wandte ein, das Verfahren sei auch schon vorher behandelt worden: Es sei über Befangenheitsanträge und Beschwerden der Verteidigung entschieden worden. Außerdem sei der Begriff der Verzögerung relativ, weil der Fall nicht abgeschlossen ist: Witting hat Beschwerde gegen die Verwerfung des Wiederaufnahmeantrags eingereicht. Die Entscheidung steht noch aus.
Mit dem Verlauf der Verhandlung vor dem Zivilsenat war der Anwalt von Benedikt Toth dennoch zufrieden: „Das OLG hat im Vorfeld darauf hingewiesen, dass nach vorläufiger Bewertung davon auszugehen ist, dass der vom Verurteilten geltend gemachte Entschädigungsanspruch jedenfalls teilweise begründet sein könnte. Ich sehe nicht, dass sich daran durch die Einvernahme des Zeugen etwas geändert hat.“
Toths Eltern sind weniger zuversichtlich. „Unser Sohn sitzt unschuldig im Gefängnis und wir haben neun Jahre voller Enttäuschungen hinter uns. Ich erwarte mir nichts“, sagte Vater Bence Toth (67). „Es verzögert sich doch alles nur immer weiter.“ Am 8. Juni soll das Urteil verkündet werden.