Olympisches Kaffeetrinken
Ständig kommen Leute durch die Tür und klopfen Tom Zufall auf die Schulter. „Echt schön geworden“, sind Worte, die oft fallen, und „Zum Glück könnt ihr weitermachen“. Das „München72“ ist von der Kohlstraße in die Holzstraße 16 gezogen – und das ganz und gar nicht freiwillig.
Die Hausbesitzerin, mit der Zufall jahrelang gut ausgekommen war, verstarb. Ihre Tochter übernahm und kündigte dem Kultlokal im Juni 2013 den Pachtvertrag. Zwei Monate später musste er ein anderes Lokal, die „Große Pause“ in der Baaderstraße schließen, weil der Raum vom Vermieter gar nicht für Gewerbe angemeldet war. „Gastronomisch war ich 2013 ziemlich am Boden“, sagt Zufall.
Fünf Jahre lang hatte sich das liebevoll mit Olympia-Sammelstücken und Turnkästen eingerichtete „München 72“ in der Kohlstraße ein Stammpublikum aufgebaut. Mit Tatortabenden, großem Frühstück, Fondue, Schinkennudeln, Burgern und Salaten. So ein Lokal umzuziehen ist nicht ganz einfach. Denn nicht nur Einrichtung und Deko, auch das Flair, die Atmosphäre muss irgendwie transportiert werden.
Daran ist in etwa der „Platzhirsch“ gescheitert, der vom Viktualienmarkt an den Oberanger zog. Und die Gerti, deren Schoppenstube von den Hausbesitzern in der Fraunhoferstraße ebenfalls nicht mehr erwünscht war, hat gar nicht erst wieder anderswo aufgemacht.
Tom Zufall hingegen hatte einen besonderen Stammgast in der Kohlstraße: Georg Schneider, Chef von Schneider-Weisse. Und die Brauerei hatte eine frei werdende Wirtschaft – am Holzplatz, beste Lage, Glockenbachviertel. Dort hat Zufall am 1. April das „München72“ wiedereröffnet.
Tom Zufall ist damit sehr glücklich. „Das Glockenbachviertel ist ganz anders als das Gärtnerplatzviertel“, sagt Zufall. „Das Gärtnerplatzviertel ist tot.“ Hier hingegen hatte er schon am ersten Wochenende regen Betrieb, auch abends. Mehr Platz gibt es, 50 Sitzplätze sind es nun, und die kann Zufall gebrauchen. Für das „München 72“ hat sich der Schicksalsschlag zum Glücksfall entwickelt.