Olympia-Entscheid in München: Ernüchterung bei Gegnern – "David gegen Goliath" im Wahlkampf
Es fängt alles so schön an. Rund 50 Olympia-Gegner treffen sich bei mediterranem Buffet und Rotwein im Griechischen Haus im Westend. Die Stimmung ist gut, die Zuversicht groß. Doch als das Ergebnis verkündet wird, ändert sich das schnell. Mit einem so deutlichen Ausgang hat hier niemand gerechnet. Ein herber Schlag für das ehrgeizige Bündnis.
Der Münchner ÖDP-Chef Tobias Ruff, als Münchner Kindl verkleidet, rechnet am frühen Abend mit einem knappen Ergebnis, das – selbst bei einem Entscheid pro Olympia – das Ende der Münchner Bewerbung bedeutet hätte, so glaubt er es zumindest.
Linken-Stadtrat Stefan Jagel zeigt sich sogar noch zuversichtlicher: "Ich glaube, wir holen das Ding", sagt er kurz vor den ersten Ergebnissen. Zuletzt seien noch einmal 20.000 Flugblätter verteilt und zahlreiche Hausbesuche abgehalten worden, betont der Münchner Linken-Chef.
"Schwierig gegen massive PR-Maschinerie" – Kritik an unfairer Kampagne
Genutzt hat es schlussendlich nichts. "Es war schwierig, gegen diese massive PR-Maschinerie anzukommen", sagt Jagel kurz nach der Bekanntgabe im Gespräch mit der AZ. Der Wahlkampf sei "total unfair" gewesen, ergänzt der Linke und nennt als Beispiel die den Wahlbenachrichtigungen beigelegten Pro-Olympia-Flyer.
Auch Ludwig Hartmann (Grüne), Vizepräsident des Bayerischen Landtags und einer der prominentesten Olympia-Gegner, beklagt den Wahlkampf à la "David gegen Goliath". "Man konnte sich der Pro-Werbung gar nicht mehr entziehen", sagt Hartmann der AZ. "Die Pro-Seite hat seit 2013 dazugelernt, indem sie eine unglaublich starke Kampagne gefahren hat."
"Die Propaganda hat funktioniert", schallt es auch aus den hinteren Reihen im Griechischen Haus. Waren die Gegner zu mächtig? Ein Sieg deshalb ausgeschlossen? "Finanziell waren sie extrem stark und gut aufgestellt", stimmt Hartmann zu. Auch habe die Pro-Kampagne von recht simplen Argumenten profitiert: Zu sagen, man wolle das Gleiche wie 1972, sei einfach, meint der Grüne.

Anders als bei einem Bürgerbegehren seien die Voraussetzungen bei der Sonderform des Ratsbegehrens grundsätzlich andere gewesen, erklärt Tobias Ruff, der bereits mehrere erfolgreiche Bürgerbegehren mit organisiert hat. "Ein Bürgerbegehren ist auf Augenhöhe", sagt Ruff. Dann gebe es auch Vorgaben zu Plakatierungen oder Werbung im ÖPNV, die den Wahlkampf regulieren. "All das war in diesem Fall außer Kraft."
Briefwahl als Nachteil für Olympia-Gegner?
Der ÖDP-Chef glaubt zudem, dass die von Anfang an mögliche Briefwahl den Olympia-Gegnern geschadet haben könnte. Auch wenn die dadurch erreichte hohe Wahlbeteiligung grundsätzlich positiv zu bewerten sei, habe sie dazu geführt, dass viele Menschen abstimmten, die sich mit dem Thema nicht allzu tief auseinandergesetzt hätten.
Gegen 20 Uhr lichtet sich die Wahl-"Party" der NOlympia-Mitglieder bereits deutlich. Von völliger Erschütterung in den Gesichtern der Olympia-Gegner kann aber keine Rede sein. Dass Olympia eines Tages in der Landeshauptstadt stattfindet, glauben hier ohnehin die wenigsten. "Ich sehe die Chancen sehr, sehr gering, dass München tatsächlich die Olympischen Spiele bekommt", sagt auch Tobias Ruff. "Da ist die weltweite Konkurrenz einfach zu groß."
Olympia in München? Vielleicht 2044
Zumindest werde es nun für eine ganze Weile ruhig um Olympia werden, ist sich Ludwig Hartmann sicher. "Viele Expertinnen und Experten haben mir gesagt, dass ein Zuschlag für 2036 nicht machbar sei." 2040 seien dann ohnehin erst andere Städte an der Reihe.
"Wir reden also über eine Bewerbung für 2044", sagt der Landtagsabgeordnete. Das Internationale Olympische Komitee würde also frühestens Mitte der 2030er-Jahre entscheiden, welche Stadt die Olympischen Spiele austrägt. Wird es dann doch München, wolle er das zumindest akzeptieren.
Und beide Seiten wissen wohl: Die Diskussion um Sinn, Kosten und Nachhaltigkeit der Spiele ist längst noch nicht beendet.

