Olympia: 1300 Wohnungen und eine Halle für München

Was hat unsere Stadt von der Ausrichtung olympischer Winterspiele? Welche Spielstätten renoviert werden, wo neue Gebäude entstehen sollen.
Willi Bock |
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Das „Ice-Cluster“ heißt deswegen so, weil alle Eissportarten im Olympiapark einen Klumpen (engl.: „cluster“) bilden – also quasi einen Schneeball.
AZ-Grafik: Peter Diehl Das „Ice-Cluster“ heißt deswegen so, weil alle Eissportarten im Olympiapark einen Klumpen (engl.: „cluster“) bilden – also quasi einen Schneeball.

München – Das Zeltdach des Münchner Olympiastadions legt tagtäglich ein weithin sichtbares Zeugnis ab – von den Münchner Sommerspielen 1972. Leicht, lässig und modern sollten sie sein – wie die Architektur des neu geschaffenen Olympiaparks. Für Deutschland sind es rückblickend immer noch die „heiteren Spiele“ – trotz des Schattens, den der Terror für alle Welt sichtbar über die Wettbewerbe gelegt hatte. Vor den Spielen schimpften die Deutschen – und die Münchner vornweg – über die Gigantomanie des Projekts, steigende Mieten und unnötige U-Bahnen. Nach den Spielen rühmten sie Olympia 1972 als Tor Münchens zur Moderne.

Olympia ist halt widersprüchlich und sorgt für Widerspruch – Winterspiele in München erst recht: Was sollen Wintersportler am bescheidenen Hügel Olympiaberg? In dieser garantiert schneeunsicheren Zone? Und außerdem ist das Jahr 2022 noch Ewigkeiten entfernt.

München und seine drei Partner Garmisch-Partenkirchen und die Landkreise Traunstein und Berchtesgadener Land wollen es trotzdem probieren: Auf 3,3 Milliarden Euro werden die gesamten Kosten für Olympia 2022 geschätzt. Dazu kommen 29 Millionen Euro für die Bewerbung, die hauptsächlich Sponsoren berappen sollen. Wie es heißt sollen „deutlich mehr“ als zwölf Millionen Euro dafür schon beisammen sein. Aber was kommt – und was bleibt? Was hat München davon? Die AZ listet auf:

München wird der offizielle Mittelpunkt der Spiele – wenn München dann auch in zwei Jahren vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) den Zuschlag bekommt: Hier sind im alten Olympiastadion das Eröffnungs- und Schlussspektakel. München wird der zentrale Ort für die jungen Wintersportarten, und München kann das weltweit Einmalige zeigen: Wie ein dann 50 Jahre alter Olympiapark noch einmal aktiviert wird. Von den 16 Sportstätten im Olympia-Revier München-Garmisch-Königsee-Ruhpolding – sind nach den bisherigen Plänen elf bereits vorhanden, drei werden temporär errichtet und nachher wieder abgebaut.

„Damit wäre München 2022 die nachhaltigste Bewerbung in der Geschichte der Olympischen Winterspiele“, sagt der Münchner OB Christian Ude. Hier werden keine neuen Sportpaläste in die Natur gebolzt, die dann nachher keiner mehr braucht – wie andernorts.

Die spektakulären alten Skisport-Aktionen sind außerhalb Münchens: Mit den tollkühnen Abfahrten an der Kandahar, auf der atemberaubenden Sprungschanze in Garmisch, auf den langen Loipen in Ruhpolding und auf den schnellen Eisbahnen am Königssee.

München bekommt den Eissport und die jungen Sportarten: die Skiakrobaten in der Halfpipe und die durch die Luft wirbelnden Trick-Ski-Fahrer „Aerials“. Und das alles im alten Olympiapark von 1972. Das Konzept für die Olympischen Winterspiele 2022 basiert auf dem Plan für die Bewerbung um die Winterspiele 2018. Das wurde hochgelobt – und ist im Sommer 2011 gegen Südkorea gescheitert, das sich zum dritten Mal um die Winterspiele angestellt hatte. „Jetzt sind wir die Favoriten“, sagt deshalb OB Ude. Denn neben Münchens potenziell zweiter Bewerbung sind bisher nur Neulinge dabei.

Der Plan für München sieht folgende Sportstätten vor:

- Im Olympiastadion sollen 2022 die Eröffnungs- und die Schlussfeier stattfinden. In der Zeit dazwischen die Freestyle-Wettbewerbe (Aerials).

- Am Olympiaberg wird nur für die Winterspiele eine Halfpipe für Snowboard und Freestyle aufgebaut. Dazu soll es einen Zuschauer- und Tribünenbereich für etwa 20000 Menschen geben. Das wird nach den Spielen komplett wieder abgebaut.

- In der Olympiahalle werden Eiskunstlauf und Shorttrack untergebracht. Heute wird die veraltete Vereisungsanlage unter dem Boden abgebaut. Sollten die Spiele kommen, wird eine temporäre Vereisungsanlage reichen.

- In der Olympiaschwimmhalle wird das Schwimm-Wasser für Curling abgelassen. Nach den Spielen wird die veraltete und dann 50 Jahre alte Halle renoviert.

- Wohin mit dem Eishockey? Was ist mit den heutigen Eishallen? Das muss im Detail noch geklärt werden. Diese Fragen werden für München eine Weichenstellung. Denn: Der FC Bayern sucht für seine Basketballabteilung eine große Halle für 10000 Zuschauer (weil der Audi Dome – die alte Rudi-Sedlmayer-Halle) bald nicht mehr bespielbar ist). Und Red Bull will für den Münchner EHC eine neue Eishockey-Halle bauen.

Aktuell prüft die Stadt, ob auf dem Platz der Event Areal (altes Radstadion) eine neue Halle gebaut werden kann: Für Eishockey, Basketball und Breitensport – und für 10000 Zuschauer. Bislang nicht dementierte Berichte spekulieren von 150 Millionen Euro Baukosten, die Red Bull als Bauherr und Finanzier schultern will. Red Bull will auch lieber an diesen Platz. Für die Olympischen Spiele wird daneben eine zweite Eishockeyhalle gebraucht.

Heute ist noch unklar, ob die auf dem Platz des heutigen Eiszentrums gebaut wird – oder ob es eine temporäre Anlage für 8000 Zuschauer nur für Olympia wird. Auch ohne die Olympischen Spiele muss die Stadt die Frage klären: Was geschieht mit dem heutigen Eisbereich? Red Bull will am liebsten den Platz des alten Radstadions haben.

- Der Eisschnelllauf soll auf dem TU-Campus jenseits des Olympiaparks eine Halle bekommen, die nur für die Spiele gebraucht wird und Platz für für 8000 Zuschauer bietet. Sie soll nachher wieder abgebaut werden.

- Was definitiv bleibt: Das ist das Olympische Dorf an der Dachauer Straße. 1300 Mietwohnungen sollen die beiden städtischen Wohnungsbaugesellschaften dort bauen – und keine neuen Luxusquartiere. 3500 Sportler und Offizielle können dort während der Spiele unterkommen.

- Schließlich wird die Messe zum Medienzentrum. Auf dem Freigelände Nord würde eine temporäre, zwei- bis dreigeschossige Containerstadt für 1500 Medienvertreter entstehen.

- Der Marienhof wird als „Medal Plaza“ veredelt, wo die Medaillen den Athleten überreicht werden.

Und danach?

Und danach? Es bleiben die Wohnungen am Olympiapark, es bleiben die modernisierten Bauten im Olympiapark und die neue Eishalle. Von der zweiten Röhre für die Stammstrecke spricht heute niemand mehr – so kommt man ehrlich gesagt auch nicht zum Olympiapark. Und der Klimawandel wird dann auch weiter fortgeschritten sein.

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