Özdemir und Schily: Streit landet vor Gericht
München - Es sieht derzeit nicht nach einem terroristischen Angriff aus, eher nach kriminellem Milieu. Die Ermittlungen sind aber noch nicht abgeschlossen, darum kann das nicht abschließend beurteilt werden.“ So sprach Otto Schily am 10. Juni 2004 in die Kameras, es ging dabei um das Nagelbombenattentat in der Kölner Keupstraße, das 2011 als NSU-Tat herausstellte.
In seinem Vorwort zu einem Buch über rechten Terror, das 2016 erschien, wirft Cem Özdemir dem Ex-Innenminister vor, damals einen terroristischen Hintergrund ausgeschlossen zu haben. Schily will sich das nicht gefallen lassen und klagt daher auf Unterlassung. Der Fall beschäftigte gestern die Kammer des Zivilgerichts in München.
Unterschied zwischen Gesagtem und Gemeintem
Im Äußerungsrecht wird zunächst unterschieden, ob man es mit einer Tatsachenbehauptung oder einer reinen Meinungsäußerung zu tun hat. Für das Gericht trifft in Bezug auf Özdemirs Vorwort ersteres zu. Selbst wenn man darin eine Bewertung der Aussage Schilys sehen wolle, hätte diese doch einen Umfangreichen Tatsachenkern, führt die Richterin in der Verhandlung aus.
Schily habe mit seiner Aussage damals eindeutig keinen kategorischen Ausschluss getroffen, es gebe nur eine Tendenz. Özdemirs Anwalt sieht das anders: Als Innenminister habe Schily damals in der Tagesschau einige Wortgewalt entfalten können. Zudem sei zu dem Zeitpunkt noch die Spurensicherung vor Ort gewesen, er habe keine Behördenstelle nenen können, die diese Einschätzung gegeben habe. Und wenn man vom kriminellen Milieu ausginge, warum habe sich dann der Bundesinnenminister geäußert? Cem Özdemir sei der festen Überzeugung, die Worte Schilys so zitiert zu haben, wie der sie damals gemeint hätte.
Die Ausführungen, die sicherlich hervorragenden Diskussionsstoff hergeben, überzeugen das Gericht in der konkreten Sache allerdings nicht. Es gehe hier nicht um eine Unrterlassungsklage gegen Herrn Schily, stellt die Richerin klar. Özdemir habe sich in dem Vorwort klar nur auf den Tag nach dem Attentat bezogen. Die Entscheidung der Kammer soll in zwei Wochen bekanntgegeben werden.
Mit den fatalen Ermittlungsfehlern um die NSU-Attentate befasst sich seit 2013 das Oberlandesgericht.