Ökostrom unerwünscht

Auf das Dach des Polizeipräsidiums sollte eine Solaranlage kommen. Daraus wurde nichts.
MÜNCHEN Die „Löwengrube” als Sonnen-Kraftwerk: Münchens Polizeipräsidium in der Ettstraße könnte sich ganz alleine mit Strom versorgen. Möglich machen würde das eine Photovoltaikanlage auf dem Dach. Das hatten die umweltbewussten Ordnungshüter auch so geplant. Aber jetzt dürfen sie die Sonne über der Landeshauptstadt nicht anzapfen. Polizeipräsident Wilhelm Schmidbauer schüttelt da nur noch den Kopf: „Alle reden über den Ausstieg aus der Atomkraft und den Umstieg auf alternative Energien. Aber dann ist ein durchgehendes rotes Dächermeer in der Altstadt wichtiger, weil man sonst von der Frauenkirche runter auf eine Solaranlage schauen würde.”
Seit 2010 wird das denkmalgeschützte Polizeigebäude im Herzen der Stadt saniert. Fast alle Münchner kennen es von innen – selbst wenn sie noch nichts mit der Polizei zu tun hatten: Hier legte der „Monaco Franze” den Verbrechern das Handwerk und hier fuhr Harry in „Derrick” den Wagen vor. Auch die TV-Serie „Löwengrube” spielte in den hundert Jahre alten Mauern.
30 Millionen Euro gibt der Freistaat aus, um seine Münchner Polizeizentrale zu modernisieren. Elektroleitungen, Heizung, Lüftung, Sanitär, EDV – alles muss erneuert werden.
Da hätte sich die Solarenergie perfekt angeboten. „Wenn was passiert, sind wir bisher auf alte Notstromaggregate angewiesen, die noch mit Diesel funktionieren”, klagt Schmidbauer, denn das Polizeipräsidium müsse auch im Notfall einsatzfähig sein. „Mit Solarenergie wären wir unabhängig.” Daraus wird aber nichts.
Die LBK der Stadt München wäscht ihre Hände in Unschuld. „Für staatliche Gebäude erteilen wir keine Genehmigungen. Da ist der Freistaat selber zuständig.” Die staatlichen Dienststellen aber befinden sich in der Energiedebatte in einem heftigen Interessenskonflikt.
Während Umweltminister Markus Söder jetzt voll auf das Abstellen von Atomkraftwerken und den Einsatz erneuerbarer Energie setzt, lehnt das Landesamt für Denkmalschutz Solaranlagen auf den Dächern rigoros ab. Auch die Dachlandschaft spiele im Stadtbild eine große Rolle. Deshalb müsse man gewachsene Dachlandschaften schützen. Die glänzenden Oberflächen der großflächigen Solar-Elemente seien aber bis auf weiteres nicht in eine historische Dachlandschaft zu integrieren, heißt es. In einem Merkblatt empfehlen die Denkmalschützer Kompromissmöglichkeiten wie „Wasserkraft, Erdwärme oder sonstige Wärmespeicherung”.
Doch damit kann Münchens Polizeipräsident Wilhelm Schmidbauer nichts anfangen. Die Isar ist von der „Löwengrube” zu weit weg und ein eigenes polizeiliches Wasserkraftwerk eh viel zu teuer. Und wer will schon einen Bohrturm im Schatten der Frauenkirche, der nach Erdwärme bohrt für ein geothermisches Kraftwerk für die Polizei? Angela Böhm