Oberlandesgericht München: Klage von Lokführer nach Suizidversuch abgewiesen

München - Es ist der Albtraum jedes Lokführers: Ein Selbstmörder springt beim Einfahren in den Bahnhof vor den Zug. So geschehen am 18. Oktober 2011 gegen 9.40 Uhr am S-Bahnhof Gauting. Doch der Mann überlebte, weil sich seine Jacke an der S-Bahn verfangen hatte und er nicht direkt auf die Gleise stürzte. Er konnte verletzt gerettet werden.
Verletzt war auch der Triebwagenführer. Seelisch. Er erlitt laut Gutachter eine posttraumatische Belastungsstörung aufgrund des Unfalls, konnte seinen Beruf nicht mehr ausüben. Er befand sich zwei Jahre lang in psychotherapeutischer Behandlung und wurde schließlich 2014 verrentet.
Richterin: Lebensmüde gehören zum Berufsrisiko
Das Landgericht urteilte in erster Instanz, dass ihm ein Schadenersatz in Höhe von 6.920 Euro und darüber hinaus Schmerzensgeld in Höhe von 7.500 Euro zustehe.
Doch die Berufungsinstanz Oberlandesgericht kam zu einem anderen Schluss und hob das Urteil am Mittwoch auf. Der Grund: Der lebensmüde Mann war zum Zeitpunkt des Vorfalls nicht zurechnungsfähig. Im Berufungsverfahren machte die Vorsitzende Richterin deutlich, "dass man als Zugführer speziell diesem Berufsrisiko ausgesetzt ist".
Das Gericht erkannte das ganze Dilemma, sieht aber wohl mehr den Gesetzgeber in der Pflicht. "Das ist ein riesiges gesellschaftliches Problem, das leider zu Lasten Ihres Mandanten ausgehen wird", hatte jedenfalls einer der Richter beim ersten Verhandlungstermin noch zum Anwalt des Triebwagenführers gesagt.