Notarzt nicht alarmiert – ein versuchter Mord?

Ihr Spezl lag tot im Kinderzimmer: Weil sie angeblich ihren Kindern den Anblick nicht zumuten wollte, ruft eine Junkie-Mutter nicht den Arzt. Jetzt lautet die Anklage jedoch auf versuchten Mord.
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MÜNCHEN - Ihr Spezl lag tot im Kinderzimmer: Weil sie angeblich ihren Kindern den Anblick nicht zumuten wollte, ruft eine Junkie-Mutter nicht den Arzt. Jetzt lautet die Anklage jedoch auf versuchten Mord.

Dass ihm nicht zu helfen war, wie die Gerichtsmedizin später ermittelte, konnte sie nicht wissen. Carla T. (Name geändert) fand ihren leblosen Drogen-Spezl Armin H. im Kinderzimmer ihrer Riemer Wohnung. Er hatte zuvor erst ihr, dann sich selber eine Spritze mit Heroin gesetzt. „Er lag zusammen gekauert am Babybett. Ich hab gleich gesehen, der ist nicht mehr“, erinnert sich Carla T. an den 2. August 2009.

Sie rief ihren damaligen Lebensgefährten Markus W. und einen Bekannten an. Beide rieten ihr, sofort den Notarzt zu rufen. Doch das lehnte sie ab. „Ich wollte den Kindern nicht den Anblick des Notarztes zumuten“, erklärte sie gestern. Die Staatsanwaltschaft glaubt aber, dass sie Angst hatte, das Jugendamt könnte ihr die Kinder (12, 3, 1) wegnehmen. Und klagte die Drogenabhängige wegen versuchten Mordes durch Unterlassung an.

„Ich bin unschuldig im Gefängnis“, ist Carla T. überzeugt. Den Kopf die meiste Zeit aufgestützt, schnoddrig bis genervt beantwortet sie die Fragen des Vorsitzenden Richters Manfred Götzl.

Doch der lässt nicht locker: Warum sie ihrem Freund drei SMS geschickt habe, dass Armin H. wieder Herzschlag hätte? Warum sie den leblosen Körper in die Dusche geschleppt habe, wenn sie doch gedacht habe, er sei tot? Ihre Antwort: „Weil ich Angst vor meinem Ex-Freund hatte. Er hatte gesagt, ich solle es mit warm und kalt duschen probieren. Ich hatte Angst, dass er wieder ausrastet. Er ist ein gewalttätiger Psychopath.“

Eine ähnliche Meinung hat sie über viele Männer in ihrem Leben. Der Vater prügelnder Alkoholiker, der Stiefvater, der sie als Kind missbrauchte, der erste Ehemann, der sie so schlug, dass die Ehe wieder annulliert wurde. Damals war sie 16 und auf der Flucht vor ihrer Familie in den USA gestrandet.

Kurz darauf das erste Kind, zurück in Deutschland dann die Söhne zwei und drei. Das Geld für ihren Drogenkonsum spendierten meist die Männer, früher habe sie auch gehandelt und wurde dafür verurteilt.

Der Prozess wird fortgesetzt.

John Schneider

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