Nicht nur am Eisbach: Hier kann man in München auch noch surfen
München – Dass Wassersportler auch in München – fernab von Strand und Meer – surfen können, ist kein Geheimnis. Im Gegenteil: Die Eisbachwelle im Englischen Garten ist weltberühmt und gehört zum festen Bestandteil eines jeden München-Reiseführers. Auf der Eisbachbrücke stehen oft unzählige Menschen, die den wendigen Surfern zuschauen.
Diejenigen, die da in Neoprenanzügen auf ihren Brettern übers Wasser gleiten, machen das in der Regel nicht zum ersten Mal – oder sollten es zumindest nicht. Denn für Anfänger ist die Eisbachwelle nicht geeignet, das Surfen ist an dieser Stelle weder leicht noch ungefährlich.
Wie gut, dass es in München noch eine weitere Anlaufstelle für Surfer gibt – und für solche, die es werden wollen. Nur ist dieser Ort nicht ganz so bekannt wie der berühmte Treffpunkt im Englischen Garten.
Nicht nur am Eisbach: Hier kann man in München auch surfen
Versteckt hinter den vielen Zelten auf dem Campingplatz Thalkirchen, umgeben von hohen Laubbäumen und einem Golfplatz befindet sich der Ländkanal, eine Abzweigung des Isarwerkkanals. Und an der Stelle, wo er in die rund 400 Meter lange Floßlände Maria Einsiedel mündet, entsteht eine kleine Welle – groß genug, um dort surfen zu können.

München ist eine "Surferstadt"
"Sie hat weniger Druck als die Welle im Englischen Garten, dadurch ist sie vielleicht nicht so gefährlich", sagt Wolfgang, der gerade aus dem Wasser gekommen ist und sich wieder zu den wartenden Sportlern stellt, für die nächste Runde. Der 59-Jährige surft schon seit einigen Jahren, 2009 stand er das erste Mal auf dem Brett. Für ihn ist München eine "Surferstadt". "Das hat eine Faszination für die Leute, jeder schaut zu", sagt er und deutet auf die Brücke über dem Kanal: Dort lehnen einige Menschen an der Brüstung und beobachten die Surfer.
Die Welle an der Floßlände betreibt ein Verein, die Interessengemeinschaft Surfen in München (IGSM). "Wir müssen regelmäßige Sichtkontrollen durchführen, im Idealfall täglich", sagt Moritz von Sivers aus dem Vereinsvorstand. Dabei prüfen sie, ob sich etwa gefährliche Gegenstände wie Glasscherben im Wasser oder im Ein- und Ausstiegsbereich befinden. Für die Sicherheit habe der Verein außerdem große Schilder mit Hinweisen aufgestellt. "Wir sind auch verantwortlich für Einbau und Wartung der Lamellenkonstruktion, welche die Welle erzeugt", sagt Sivers der AZ. Dafür müsse der Verein jedes Jahr eine wasserrechtliche Genehmigung bei der Stadt beantragen. Ein Vereinsmitglied zu sein ist aber nicht verpflichtend, um die Welle nutzen zu dürfen. Sie ist frei zugänglich. Hier gilt laut dem Verein das Prinzip, dass abwechselnd von beiden Seiten gesurft wird.
Diese Regel einzuhalten, dürfte an der Floßlände kein Problem sein. "Man kennt sich, man hilft sich", sagt Surfer Wolfgang. "Es ist eine schöne Szene."

Willkommen fühlt sich hier auch Anfängerin Sarah. Die 36-Jährige aus Göttingen wirkt schon bestens integriert in die Gruppe voller Neoprenanzug-tragender Menschen, auch Thalkirchen-Surf-Legende Wolfgang kennt sie bereits. Umso überraschender ist es, als sie sagt: "Ich surfe erst seit einer Woche." Eine Freundin habe sie auf die Welle aufmerksam gemacht.
Der Surferverein reserviert die Welle einmal in der Woche für Kinder und Jugendliche
Sarah ist nicht die Einzige, die hier das Surfen lernen will. Auch ganz junge Menschen machen mit, wie ein Schild, das an der Brücke befestigt ist, zeigt. Dort weist die IGSM auf das Kinder-Surfen in den Sommerferien hin. Jeden Dienstag sei die Welle zwei Stunden lang für alle Nachwuchs-Surfer unter 14 Jahren reserviert, die Erwachsenen sollen dann pausieren. "Eigentlich braucht es mehr Wellen", findet Wolfgang. "Dann würde man es schneller lernen."
Kurz bevor er wieder ins Wasser springt, zeigt er noch auf die olympischen Ringe, mit denen sein Brett verziert ist. "Surfen ist mittlerweile eine olympische Sportart", sagt er und klingt sehr zufrieden darüber, dass seine Leidenschaft nun diese Anerkennung erhalten hat.
Neue Wellen in München zu schaffen, sei das "oberste Ziel" des Vereins, sagt Moritz von Sivers. Seit einigen Jahren seien verschiedene Standorte im Gespräch – doch es gehe nur sehr schleppend bis gar nicht voran. Einer davon ist die Schwelle an der Wittelsbacherbrücke. "Hier warten wir seit 2016 auf die Aufbereitung einer Machbarkeitsstudie durch das Baureferat und eine entsprechende Beschlussvorlage für den Stadtrat", sagt Sivers. Bezüglich des Standorts Tucherpark seien sie mit der Architektin, die die Bebauung des Geländes plant, im Gespräch. "Wir hoffen, dass hier in den nächsten Jahren eine neue Welle entsteht und wären dafür bereit, als Verein auch wieder die Betreiberrolle zu übernehmen", sagt Sivers.
Die Thalkirchen-Welle ist das Münchner Original – nicht die Eisbach-Version
In Thalkirchen surfen Wassersportbegeisterte schon seit Jahrzehnten. Die Eisbach-Welle am Haus der Kunst mag die bekanntere sein, das Original ist aber die Floßländen-Version: Sie gilt als älteste surfbare Flusswelle der Welt. Bereits seit 1972 surfen Münchner laut der IGSM am Ende des Ländkanals – früher als an der Eisbachwelle, die in den 80er Jahren entstand. In Thalkirchen teilen sich die Surfer die Strömung mit Kajaks, Kanus und Flößen. Wenn die in Sichtweite sind, warten die Wassersportler am Ufer.

Die Stadtwerke München (SWM) teilen mit, dass sie in diesem Jahr mit der Stadt, der IGSM, den Kanu-Vereinen und den Flößereibetrieben vereinbart haben, dass mehr Wasser in den Werkkanal geleitet wird. "Dadurch wird tagsüber mehr Wasser für den Freizeitsport bereitgestellt", erklärt ein Sprecher. Gleichzeitig können sie das Wasser zur Ökostrom-Erzeugung in den Isarwerken nutzen.
Gute Nachrichten für die engagierten Surfer in Thalkirchen – denen es ganz recht ist, dass ihre Welle eher die wenigsten kennen. Denn dieser Ort ist wahrlich eine beschauliche Idylle in der Millionenstadt.
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