Neun Jahre Gefängnis für Geiselnehmer

Der Brutalo-Räuber Paun O. (44) ist verurteilt: Er hatte zwei Familien in seine Gewalt gebracht, um an einen Tresor ranzukommen. Als er sich bei einem Opfer entschuldigen will, blitzt er ab.
von  John Schneider
Erleichtert: Opfer Hanna H. (66)(l.) nach dem Urteil. Neun Jahre Haft: Der Brutalo-Räuber Paun O (r.).
Erleichtert: Opfer Hanna H. (66)(l.) nach dem Urteil. Neun Jahre Haft: Der Brutalo-Räuber Paun O (r.). © Loeper/jot

München - Er hat ihr die Pistole an die Schläfe und in den Mund gehalten, er hat sie getreten und geschlagen, er drohte ihr, ihre kleine Tochter fortzuschaffen und die ganze Familie umzubringen: Als Bankräuber und Geiselnehmer Paun O. (44) dann gestern im Gerichtssaal den Blick seines Opfers suchte und sich für seine brutalen und sadistischen Taten entschuldigen wollte, schüttelte Hanna H. (Name geändert) nur kurz mit dem Kopf.

Eine Entschuldigung konnte und wollte die 66-Jährige nicht annehmen. Zu sehr schmerzen noch die seelischen Wunden. Paun O. war der Kopf der fünfköpfigen Bande, die Hanna H. und ihre Familie 18 Stunden lang in Todesangst versetzte, um an den Tresor einer Bank zu kommen. Nach 19 Jahren erging gestern das Urteil in dem spektakulären Prozess.

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Der wegen Mordes vorbestrafte Serbe – er hatte im Streit einen Mann erschossen und die Leiche in einer Schlucht verschwinden lassen – muss wegen erpresserischem Menschenraub und schwerem Raub weitere neun Jahre ins Gefängnis. Eine relativ milde Strafe. Auch das hat etwas mit Hanna H. zu tun.

Denn durch sein Geständnis ersparte der Serbe den Opfern - nach dem Prozess gegen dessen Komplizen - ein weiteres Martyrium. Alles wäre nochmal hochgekommen. Diese Qual wollten die Prozessbeteiligten den geschundenen Seelen ersparen. Die Reaktion von Hanna H.: „Die Höhe der Strafe ist mir egal. Ich bin froh, dass ich jetzt meine Ruhe habe.“ Trotzdem fand sie es wichtig, ihrem Peiniger noch einmal im Gerichtssaal zu begegnen. „Um damit abschließen zu können“, sagt sie.

Ein Abschluss, der Kraft kostete. Die beiden betroffenen Familien leiden bis heute an den Folgen des Erlebten. Der Sohn von Hanna H. wollte sich wenige Wochen nach der brutalen und menschenverachtenden Tat sogar das Leben nehmen. Er kam aber darüber hinweg. „Vor allem mein Mann leidet“, erklärt sie im AZ-Gespräch. Seinen Beruf als Bankkassierer musste er aufgeben, weil ihn jeder Bankraub in München an den 24. Juni 1994 erinnerte. Er wollte sich die Verhandlung ebenso wenig antun wie die anderen fünf noch lebenden Opfer der Geiselnehmer.

 

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