So läuft der Bau des Mega-Briefzentrums in Germering

München - Wie es aussehen wird, wenn Mitarbeiter und Maschinen hier in Germering bald zwei Millionen Briefe pro Tag sortieren, kann man sich noch nicht so recht vorstellen. Denn noch ist die 21.000 Quadratmeter große Halle, aus der nächstes Jahr eines der größten Briefzentren der Post werden soll, leer.
Fast drei Fußballfelder hätten hier Platz. Alle Briefe und kleinere Päckchen, die eine Postleitzahl haben, die mit einer 81, 82 oder 83 beginnt, sollen künftig in dieser Halle sortiert werden. Das sind zum Beispiel Briefe nach München, Starnberg und auch Garmisch-Partenkirchen.
Die Post hat seit 25 Jahren kein neues Briefzentrum mehr errichtet
Kein Briefzentrum der Post wird einmal einen größeren Maschinenpark haben. Doch noch sieht man nichts von Förderbändern oder Multiformatsortierern, wie die Anlagen heißen, die kleinere Päckchen (etwa mit Büchern oder Pralinen) sortieren können.
Ein Arbeiter steht auf der Hebebühne und verlegt Kabel. Ansonsten tut sich wenig auf der Baustelle des Briefzentrums in Germering.
Es ist Freitagmittag - und da fahren viele Bauarbeiter zurück in die Heimat, so erklärt es der Architekt Thomas Stief. Er plant seit 2000 Gebäude für die Post, doch ein neues Briefzentrum war noch nie dabei. Denn seit 25 Jahren hat die Post kein neues Briefzentrum mehr errichtet.
Der Architekt hat die AZ über die Baustelle geführt und erklärt, was sich dort alles verändert.
Die Wohnungen rückten immer näher an die Paketposthalle heran
Momentan werden die Briefe, die die Münchner erhalten, noch in Neuhausen an der Friedenheimer Brücke in der Paketposthalle sortiert. Doch 2018 hat die Post die denkmalgeschützte Halle und das etwa 100.000 Quadratmeter große Grundstück drumherum an den Immobilieninvestor Ralf Büschl verkauft.
"Früher stand die Halle am Stadtrand", sagt Bettina Altschäffl. Sie ist die Chefin eines Bereichs der Post, der vom Norden Münchens bis nach Garmisch und vom Ammersee bis nach Wolfratshausen reicht.
Mit der Zeit seien die Wohnungen immer näher an die Paketposthalle herangerückt, auch die Auflagen der Stadt seien gestiegen. "Ein Briefzentrum mitten in der Stadt ist nicht mehr zeitgemäß", sagt Altschäffl. Auch das Briefzentrum in Starnberg hat die Post an den Investor Büschl verkauft. Beide Zentren werden nun in Germering, einer Kleinstadt mit rund 37.000 Bewohnern im Landkreis Fürstenfeldbruck, zusammengelegt. Doch dort waren längst nicht alle froh darüber.
Eine Bürgerinitiative wollte das neue Briefzentrum verhindern
Wo jetzt die Halle gebaut wird, war früher ein Acker. Schon 2006 hat die Stadt hier ein Gewerbegebiet ausgewiesen. Doch eine Bürgerinitiative fürchtete die Dimensionen der Halle und den Lärm der Lastwagen. Tatsächlich stehen die nächsten Wohnhäuser vielleicht 40 Meter entfernt. Zwischen deren Hecken und der Baustelle liegt nur ein schmaler Acker.
Eine Bürgerinitiative hatte Unterschriften für ein Bürgerbegehren gesammelt. Doch letztlich kam es wegen juristischer Gründe zu keiner Abstimmung und der Stadtrat stimmte knapp für das Briefzentrum.
Und jetzt, so scheint es zumindest, will Architekt Thomas Stief sofort alle Zweifel ausräumen, dass sein Bau für die Germeringer negativ auffallen könnte. Vor der Halle, wo heute noch blaue Baustellen-Container stehen, wird die Post einmal 80 Bäume pflanzen. Auch kleinere Hügel könnte es geben, sagt Stief.
Die Fassade der Halle, die heute noch grau und rillig ist, wird einmal grün. Denn auch sie wird die Post bepflanzen, ebenso wie das Dach. Zum Teil werden die Wände mit Holz verkleidet. Für die Heizung nutzt die Post die Wärme des Grundwassers unter ihnen.

Auch eine Photovoltaikanlage kommt aufs Dach. Sie wird einmal den Strombedarf des Briefzentrums größtenteils decken, sagt Thomas Stief. Sie hat laut Post eine so große Leistung, dass damit auch 334 Haushalte ein Jahr lang mit Strom und warmem Wasser versorgt werden könnten.
Der Einzug ins neue Briefzentrum soll schrittweise erfolgen
Noch weniger fertig als die Halle ist der Betriebshof, wo einmal pro Tag 850 Lastwagen und Sprinter auf zwei Ebenen ankommen sollen. Dieser Bereich wird einmal, so erklärt es der Architekt, komplett von dem Gebäude umschlossen. So sollen die Anwohner vor Lärm geschützt werden. Heute stehen dort noch Kräne, Betonmischer, ein Rohbau aus Beton.
Den einen Tag, an dem in dem neuen Briefzentrum plötzlich das Licht an und die Arbeit dort losgeht, gibt es nicht. Der Einzug erfolgt schrittweise. Zuerst zieht Mitte Mai 2024 das Briefzentrum Starnberg ein und dann ein paar Monate später im September soll das Münchner Briefzentrum komplett umgezogen sein.
Die meisten Maschinen nimmt die Post von ihren alten Standorten mit. "Und auch die 1.300 Mitarbeiter nehmen wir mit", sagt Fabian Miesel, der künftig das Briefverteilzentrum leiten wird, "wenn sie möchten." Der Weg zur Arbeit wird für viele wohl länger. Dafür sei es in der neuen Halle nicht mehr so warm wie in der alten Paketposthalle. Und es gibt einmal eine grüne Dachterrasse und eine Kantine.
Die neue Halle soll einen dreistelligen Millionenbetrag kosten
Sehr viel verändern wird sich an der Arbeit der Mitarbeiter allerdings nicht. Die Arbeitsprozesse bleiben grundsätzlich bestehen, sagt Miesel. Neu werden zwei Sortiermaschinen sein, die auch kleinere Päckchen verarbeiten können. Denn die machen in Zukunft wohl einen immer größeren Teil des Geschäfts der Post aus. Die Post hat 2022 zwar rund 1,9 Milliarden Briefe zugestellt. Allerdings geht die Anzahl zurück: 2021 kamen noch sieben Briefe auf ein Paket, bis 2030 wird nach Einschätzungen der Post nur noch ein Brief auf ein Paket kommen.
"Wahrscheinlich werden wir irgendwann gar nicht mehr von einem Brief-, sondern von einem Sortierzentrum sprechen", sagt Miesel. Er klingt nicht so, als würde er das bedauern. Statt Nachrichten und Liebesgrüßen verschicken die Menschen eben mehr Waren - und die Post macht schließlich auch damit ein großes Geschäft. 2022 hat die Deutsche Post einen Gewinn von 8,4 Milliarden Euro gemacht.
Die neue Halle soll einen dreistelligen Millionenbetrag kosten. Wie viel sie für den Verkauf des Grundstücks an der Arnulfstraße erhalten hat, will die Post nicht verraten. Doch das Geschäft dürfte sich gelohnt haben.