Neuer MVG-Service Isartiger: Von der U-Bahn oder S-Bahn bis vor die Haustür

Zumindest, wenn Sie in einem der Gebiete wohnen, in dem das ÖPNV-Taxi "Isartiger" schon unterwegs ist.
München - "Doders" ist ein ziemlich ungriffiges Wort und weckt wahrscheinlich in den allerwenigsten Menschen positive Emotionen. Darum haben kluge Menschen bei der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) beschlossen, dass sich der Name ihres neuen Angebots nicht wie oft aus den Anfangsbuchstaben des Produktes zusammensetzen soll - "Dynamischer On-Demand Rideshare Service", also Doders.
Stattdessen ist es ein kleiner Isartiger geworden , der ab voraussichtlich Mitte Juni durch München braust - zumindest durch ein mittelgroßes Testgebiet (siehe Grafik).
Dynamischer On-Demand Rideshare Service heißt nichts Anderes als: ein Fahrzeug - in diesem Fall ein VW Caddy, betrieben mit Erdgas, das bei den Stadtwerken ohnehin anfällt - steht der Allgemeinheit zur Verfügung. Eine Mischung also aus Sammeltaxi und Rufbus.
Die App ermittelt, welcher "Isartiger" am schnellsten da ist
In der Praxis sieht das so aus: In der Handy-App zum Dienst muss man sich registrieren; über sie bezahlt man auch. Öffnet man während der Fahrzeiten der Isartiger die App, ermittelt sie per GPS den Standort und erstellt aus ihm und dem Zielort die kürzeste Strecke. Einsteigen kann man jedoch nicht überall, sondern nur an einer Haltestelle von U-Bahn, Bus oder Tram.
Dann wird's algorithmisch: Aus all den Isartigern, die unterwegs sind - mutmaßlich bereits mit anderen Fahrgästen - sucht die Software den heraus, für den der Umweg zum Einsammeln am kürzesten ist.
"Der Fahrgast zahlt mit zwei Währungen", sagt Projektleiter Andreas Steinbeißer, "nämlich mit Geld und Zeit." Die Nutzer kommen sehr wahrscheinlich nicht auf direktem Weg an. Aber, versichert Steinbeißer, die Abweichung von der ursprünglichen Route werde maximal zehn Prozent betragen.

Tests starten im Juni - zunächst mit 20 Autos und kostenlos
Der Tiger-Rufer bekommt angezeigt, welcher Fahrer in welchem Auto ihn einsammelt. Auf einer Karte lässt sich die Anfahrt verfolgen - bis zum "Meet & Greet-Punkt". Dann heißt es fix sein: Maximal drei Minuten warten die Fahrer - die übrigens das gleiche Gehalt bekommen wie MVG-Fahrer.
Die Testphase für den Dienst, den die MVG nicht als Konkurrenz zu Taxis verstanden wissen will, beginnt Mitte Juni mit etwa 20 Autos an Samstagabenden (19 bis 2 Uhr) - kostenlos als Vorab-Test für Isar-Card-Abonnenten.
So soll bis zur öffentlichen Erprobung ab Herbst 2018 (dann kommen auch Freitagabende hinzu) zum Beispiel noch herausgefunden werden, wie viel Weg-Abweichung die Münchner tolerieren. Und auch, welchen Preis die MVG ansetzt. Bisher ist nur klar: Der Dienst wird mehr kosten als Bahn und Bus - aber weniger als ein Taxi.
AZ-Kommentar: Es ist ein Anfang!
AZ-Lokalredakteurin Anja Perkuhn über den geplanten Fahrdienst der MVG.
Jeder Weg, sagt man so charmant, beginnt mit einem Schritt. Nun werden sicherlich 20 MVG-Sammelautos ohne festen Linienplan (auch wenn deren Zahl nach der Testphase steigen mag) nicht mit einem Ruck die Verkehrsstruktur der Stadt ändern - keine Sorge, liebe Autolobbyisten, es wird so bald keine Blumenwiese auf der Leopoldstraße ausgerollt und auch der Mittlere Ring wird sicherlich noch eine geraume Zeit gewohnt feinstaubig zwischen seinen Rinnsteinen liegen.
Allein schon, weil das Konzept, die Isartiger ausschließlich per Handy-App bestellen und auch digital bezahlen zu können, für viele Menschen bereits aus technischen Gründen eine Hürde darstellt.
Aber Ideen wie diese sind ein Anfang. Die Initiatoren haben das Problem der steigenden Privatauto-Zahl mit wachem Blick betrachtet - und sich eine Ergänzung überlegt zu unflexiblen Nachtbussen, recht kostspieligen Taxen, die jeweils nur einen Auftraggeber annehmen, und dem privaten Fahrdienst Uber.
Über den Namen des neuen Mobilitäts-Angebotes lässt sich streiten - über den Ansatz weniger.