Neuer Beauty-Trend erobert München: "Damit revolutionieren wir die Branche"

Das Kosmetikstudio "Face Gym" im Gärtnerplatzviertel in München bietet "Workouts" fürs Gesicht an, die Nachfrage sei hoch. Die AZ hat es getestet. Über fast schmerzhafte Sporteinheiten für die Schönheit.
von  Julia Wohlgeschaffen
Das "Face Gym" in München: Ein heller Raum mit türkisen Wänden und einigen Pflanzen – anders als man "Fitnessstudios" sonst kennt.
Das "Face Gym" in München: Ein heller Raum mit türkisen Wänden und einigen Pflanzen – anders als man "Fitnessstudios" sonst kennt. © Sigi Müller

München - Die Warnung kam ungefähr um 12.52 Uhr. Da war die Entscheidung längst getroffen, der Platz auf der grauen Liege längst eingenommen. Zu spät, um es sich anders zu überlegen. "Das ist keine Massage", sagt Jenny, als sie sich über mich beugt. "Weil Massagen können sanft sein." Mein Blick sucht die Glastür des Kosmetikstudios. Sie ist nur wenige Meter entfernt, kommt mir plötzlich aber sehr weit weg vor. Fluchtgedanken zwecklos.

Ich liege hier in der Waagrechten, fertig präpariert, mit einem türkisen Stirnband auf dem Kopf und einem weißen Handtuch auf der Brust. Und dann legt Jenny los.

"Face Gym" in München: Ein Workout für das Gesicht

Die junge brünette Frau ist meine "Personal Skin Trainerin", und arbeitet in Münchens erstem Fitnessstudio fürs Gesicht. Bei "Skinformance" werden Gesichtsbehandlungen angeboten – aber nicht im üblichen Sinne. Die Inhaberin Christina Damm hat bereits drei "klassische" Kosmetikstudios in München, das "Face Gym" eröffnete sie im Jahr 2020. "Damit revolutionieren wir die Beauty-Branche", sagt Jenny überzeugt.

Die Kunden bekommen hier ein "Workout", bei dem die Personal Skin Trainerin mit einer festgelegten Griffabfolge – der "Signature Methode" des Studios – gezielt versucht, den Zellstoffwechsel stimulieren, die Gesichtsmuskulatur zu entspannen und tiefsitzende Gewebeschichten zu straffen.

Im Kosmetikstudio im Gärtnerplatzviertel wirkt alles zunächst recht harmlos

Das Fitness-Training findet in einem lichtdurchfluteten Raum in der Reichenbachstraße mit türkisen Wänden statt – sie sollen ans Meer erinnern. Doch Urlaubs-Feeling steht den Kunden hier nicht bevor, auch wenn es beim Betreten des Studios vielleicht so wirken mag: Die Mitarbeiterinnen servieren Erdbeer-Sahne-Tee, bevor das Workout beginnt.

Zuerst ist diese "Sporteinheit" recht harmlos. Jenny bläst mit einem kleinen rosafarbenen Gerät, dem "Hydra Diffuser", angenehmen Nebel in mein Gesicht und trägt eine Creme auf meine Haut auf.

Jenny arbeitet im Kosmetikstudio Skinformance in der Reichenbachstraße als "Personal Skin Trainerin". Hier beginnt sie gerade mit einem "Face-Workout" – keine normale Gesichtsbehandlung, wie Jenny verrät.
Jenny arbeitet im Kosmetikstudio Skinformance in der Reichenbachstraße als "Personal Skin Trainerin". Hier beginnt sie gerade mit einem "Face-Workout" – keine normale Gesichtsbehandlung, wie Jenny verrät. © Sigi Müller

Dann holt sie etwas hervor, das wie ein überdimensionales schwarzes Wattestäbchen aussieht – nur besteht es nicht aus Watte, sondern aus Metall. Sie drückt das Stäbchen fest auf meine Stirn und fährt in schnellen Bewegungen damit über die Haut. Ein komisches Gefühl, es kitzelt fast ein bisschen. Aber auf eine merkwürdige Art und Weise ist das Ganze eigentlich recht angenehm. Meine Stirn kribbelt.

Weniger angenehm ist die "Griffabfolge", die Jenny dann durchführt. Sie zupft und zwickt und knetet, irgendwann klatscht sie sogar auf meine Wangen und ich bin mir nicht sicher, ob ich das jetzt schon schmerzhaft finde oder nicht. Jenny hat mit ihrer Vorwarnung jedenfalls nicht zu viel versprochen (Stichwort "keine Massage").

Die Durchblutung wird bei der "Skinformance" definitiv angeregt

Durch die Behandlung soll auch der Lymphfluss angeregt werden. Die Haut sehe danach frischer, glatter und straffer aus, erklärt Jenny. "Detox statt Botox sozusagen", sagt sie schmunzelnd. Rund eine halbe Stunde und eine Schicht Weihrauch-Serum später ist das "Workout" schließlich vorbei. Ich frage mich, ob der Name wirklich zu dem passt, was ich gerade erlebt habe.

Sollte man bei einem Workout nicht selbst aktiv sein? Ich liege seit 30 Minuten regungslos auf meiner Liege, bin höchstens aktiviert. Oder besser gesagt meine Durchblutung. Dafür sprechen zumindest meine roten Wangen nach der Behandlung.

Neuer Beauty-Trend aus München: Bis 70 bis 130 Euro müssen Kunden pro Behandlung zahlen

"Du siehst aus, als kämst du gerade aus dem Schnee", findet mein Kollege. Mit dem Weihrauch-Duft in der Nase komme ich mir eher so vor, als käme ich gerade aus der Kirche. Mein Gesicht glänzt, ich habe jetzt den "Glow", den Jenny angekündigt hat – ähnlich wie im Fitnessstudio! In glänzende rote Gesichter schaut man dort ja in der Regel auch oft (nur kommt der Glow hier nicht von Cremes und Seren).

Auf dem Weg nach Hause bin ich hellwach, mein Gesicht glüht. Den Münchnern gefällt dieses Gefühl offenbar, das Studio ist gut besucht, sagt Jenny. Rund 70 bis 130 Euro bezahlen die Kunden bei Skinformance je nach Länge und Umfang der Behandlung. Wie nach dem Sport fühle ich mich danach wirklich gut – und bin am nächsten Morgen froh, dass der Muskelkater ausbleibt.

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