Nass, müde, emotional: Gabalier-Konzert mit Höhen und Hängern in München

Audio von Carbonatix
Die Zeit des großen Volksfests in der Stadt kommt erst noch, doch schon am Samstag gehörte die U-Bahn den Trachtlern. Andreas Gabalier (Wiesn-Hit-Lieferant von "Hulapalu") hatte zum Konzert gerufen und so folgten die Fans in Dirndl und Lederhosen.
Der Österreicher ist in München häufiger umgezogen als der TSV 1860: Von der winzigen Fraunhofer Schoppenstube über Olympiahalle und -stadion bis zum Rekordkonzert mit 90.000 Besuchern auf dem Messegelände. Nun also, nach 2014, wieder der Königsplatz. "München hat mich in meiner Laufbahn immer begleitet. Es ist das Epizentrum des Volksrock’n’Roll", sagte Gabalier der AZ vorab. Erdbeben-Gefahr? Fehlanzeige – der Star wirkte diesmal nicht ganz bei der Sache.
Er kam wegen der unbeständigen Wetteraussichten schon früher als geplant in Lederhosen und mit heißem Hüftschwung auf die Bühne. Bis der tropfnasse Funke übersprang und die Massenbegeisterung einsetzte, dauerte es fast bis ganz zum Ende und den großen Hits wie "Sie", "Volks-Rock’n’Roller" oder "I sing a Liad für di".

Gabalier wirkt müde
Zweimal musste Gabalier kichernd seinen musikalischen Leiter Matze Roska auf der Bühne fragen, welcher Song denn als Nächstes ansteht, und rettete sich charmant mit "Ein Prosit der Gemütlichkeit" über die Hänger. Er wirkte müde und nicht voll konzentriert. "Wir sind erst um 5:30 Uhr in München aufgeschlagen. Der Schlaf war wenig, aber dafür kurz", rief er fast entschuldigend.
Um diese Uhrzeit standen die ersten Fans schon lange in der Warteschlange. Rund 30 der treuesten Anhänger packten mitten in der Nacht ihre Sachen. Schirme gegen das Durchweichen, Campingstühle für die lange Wartezeit und Rettungsdecken gegen die Kälte sah man hinter dem Königsplatz.

Lea aus Marktoberdorf verriet der AZ trotzdem gut gelaunt: "Die Regensachen werden noch gegen ein Dirndl getauscht. Wir sind guter Dinge, mit einem Plakat in der ersten Reihe zu stehen." Sie sollte es tatsächlich schaffen und war mit ihren Freundinnen dem Andi ganz nah.

Bergschuhe statt Stöckelschuhe
Die Veranstalter hatten darum gebeten, auf Stöckelschuhe zu verzichten und lieber mit Bergschuhen zu kommen. Passte auch besser zu den flotten Songs von "Bergbauernbuam" oder "Auf der Alm". Viele Fans tapsten auf Zehenspitzen durch die tiefen Matschfelder auf der Wiese und hielten sich lieber auf den Asphalt-Bereichen auf. Wohl demjenigen, der mit seinem Oktoberfest-Hit die Stimmung bei der durchnässten Masse retten konnte.
So viel "Hodiodioidihey" hört man sonst nur drüben auf der Theresienwiese. Der Alpenrocker berichtete einst kryptisch, dass "Hulapalu" die traute Zeit zu zweit im Schlafzimmer bedeuten soll. Seiner Tour gab er den Titel "Ein Hulapalu auf uns". Also eine Gruppenorgie für alle am Königsplatz? Natürlich nicht. Unterhaken beim Schunkeln zum ersten Hit "So liab hob i di" oder "I find ka Ruh" war angesagt.

Rezept aus Volksmusik, Rock und Mitsing-Pop
Trotz der kleinen Hänger musste man dem Österreicher neidlos zugestehen, was für ein fabelhafter Musiker er ist. Er setzte auf sein München-erprobtes Rezept aus Volksmusik, Rock und Mitsing-Pop. Seine Band spielte präzise, aber ohne große Überraschungen, während Gabalier selbst zwischen steirischer Harmonika, Akustik- und E-Gitarre pendelte. Gesanglich füllte er den nicht ganz ausverkauften Königsplatz ohne Probleme. Manchmal etwas rau in der Höhe, aber stets mit dem unverwechselbaren Dialekt und einer Mischung aus Burschikosität und Pathos.
Nur ganz am Ende fiel der dauergrinsende Sunnyboy aus seiner Rolle. "Amoi seg' ma uns wieder" spielte er hochemotional mit Tränen in den Augen auf dem mucksmäuschenstillen Platz für seinen verstorbenen Vater, der an diesem Tag auch seinen Todestag hatte. Der eindrücklichste musikalische Moment des Abends.

"Wir machen gute Laune"
Gabalier präsentiert auf der Bühne nicht nur Musik, sondern sein eigenes Weltbild. "Wir machen gute Laune, wir spielen mit Rollenbildern und Klischees", erklärte er jüngst in einem BR-Podcast und sprach von "Satire" und "Kabarett" bei seinen Songtexten.
Wie man dazu feiert, kann zum Glück jeder selbst entscheiden. Vielleicht ist es am Ende wie mit den Kunstwerken im gegenüberliegenden Lenbachhaus, vor dem viele Zaungäste ohne Ticket an der Bierbude lauschten: Man kann sie mögen, fotografieren, darüber reden – verstehen muss man sie nicht immer.
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