Nachverdichten muss bezahlbare Wohnungen schaffen
Der Mieterverein München muss zur Zeit am eigenen Leib erfahren, was es heißt, wenn die eigenen vier Wände saniert werden: Die bisherige Hauptgeschäftsstelle in der Sonnenstraße wird seit Juni komplett entkernt und modernisiert, daher mussten alle Mitarbeiter umziehen. Die Verwaltung sitzt jetzt in Übergangsräumlichkeiten, die direkt gegenüber einem Bordell liegen. "Dafür waren sie billig", sagt Geschäftsführer Volker Raststätter schmunzelnd.
Doch billiger Wohnraum, genau das ist das große Problem in München, auf das die Vorsitzende Beatrix Zurek auf der Jahrespressekonferenz mit Nachdruck hingewiesen hat. In München entstehen rund die Hälfte aller neuen Wohnungen durch Nachverdichtung, "aber die bringt leider kaum bezahlbaren Wohnraum", so Zurek.
Rund 8.500 Wohungen sollen auch durch Nachverdichtung entstehen
"Wir brauchen in München mehr Dichte, da führt kein Weg dran vorbei", weiß auch die Vorsitzende. Das Problem bei Nachverdichtung ist aber, dass sie fast ausschließlich nach Paragraph 34 des Baugesetzbuches passiert, in bereits bebauten Gebieten, für die keine Bebauungspläne exisitieren. Somit gibt es für diese Gebiete auch keinerlei Verpflichtungen zur Schaffung etwa von geförderten Wohnungen.
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Die Stadt München hat zwar Instrumente wie die Sozialgerechte Bodennutzung, die private Investoren verpflichtet, 30 Prozent der Wohnflächen dem geförderten Wohnen zur Verfügung zu stellen. Sie greift aber nicht bei der Nachverdichtung nach Paragraph 34.
44 neue Eigentumswohnungen - die meistbietend verkauft werden
Die Folge sind Nachverdichtungsprojekte, wie das der GBW aktuell in Schwabing. Dort verdichtet die Gesellschaft einen Wohnblock, es entstehen insgesamt 44 neue Wohnungen - ausschließlich Eigentumswohnungen, die zu Höchstpreisen verkauft werden und bei einer Vermietung nicht an den Mietspiegel gebunden sind.
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"So läuft Nachverdichtung in den allermeisten Fällen“, sagt der Mieterverein. Mieterhöhungen und teure Eigentumswohnungen sind die Folge. Und genau das soll sich ändern, dafür möchte Zurek auf Bundesebene eine Gesetzesänderung erreichen. Eine Klausel im Paragraph 34 soll es Kommunen erlauben, bei Nachverdichtungen von den Bauherren eine Quote für geförderten Wohnungsbau zu fordern.
Das Problem dürfte in den nächsten Jahren noch größer werden
"Dafür stehen wir als Lobby aller Mieter ein", so Zurek. "Bisher ist München davon besonders betroffen, doch in Zukunft werden auch andere Städte vor dem Problem stehen". Doch sie weiß auch, dass dieses Vorhaben länger dauern kann. "Ich bin schon froh, wenn sich die Parteien bezahlbaren Wohnraum im Bundestagswahlkampf auf die Fahnen schreiben", dann hätte man wenigstens das Bewusstein der Problematik ereicht.
Der Mieterverein jedenfalls muss, wenn er im Januar 2018 wieder zurückzieht, keine Mieterhöhung fürchten. Er hat das Haus gekauft.
Sozialgerechte Bodennutzung (SoBon)
Am 23. März 1994 legte der Münchner Stadtrat den Grundstein für die Sozialgerechte Bodennutzung (SoBoN). Der Begriff entstammt dem Baugesetzbuch (BauGB). § 1 Abs. 5 BauGB verlangt, dass die Investoren neben vielem anderem auch eine „sozialgerechte Bodennutzung“ gewährleisten:
In München müssen Bauträger seitdem 30 Prozent der Wohnflächen dem geförderten Wohnen zur Verfügung stellen, außerdem sollen sie sich an den Folgekosten der Schaffung neuen Baurechts beteiligen.
Mindestens ein Drittel der durch die Überplanung realisierten Bodenwertsteigerung soll den Planungsbegünstigten am Ende aber noch zustehen.
Die SoBon greift zum Beispiel, wenn Gewerbe- in Wohngebiete umgewandelt werden oder wenn komplett neue Wohngebiete entstehen. Bei der Nachverdichtung nach Paragraph 34 BauGB hingegen greift sie nicht.
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