Nachhaltig im Kleiderschrank: Münchnerin erklärt, wie es geht

Wider das Fast-Fashion-Diktat der Modeindustrie: Wie man mit wenigen Teilen glücklich wird und immer etwas zum Anziehen hat - die Münchnerin Charlotte Schüler erklärt's in ihrem neuen Buch.
Ruth Schormann
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Auch mit weniger Klamotten im Kleiderschrank kann man glücklich sein. (Symbolbild)
Auch mit weniger Klamotten im Kleiderschrank kann man glücklich sein. (Symbolbild) © Adobe Stock / schulzfoto

München - Pro Jahr kauft jeder Deutsche 60 Kleidungsstücke. Das schreibt die Münchnerin Charlotte Schüler in ihrem Ratgeber "Mein nachhaltiger Kleiderschrank". Natur und Menschen ausbeutende Fast Fashion ist zwar längst an quasi aller Körper und in vieler Munde, doch wie nimmt man den Kampf dagegen als einzelner - oder einzelne - nun in die Hand? Wie schaffen es modeinteressierte Menschen, sich stilvoll und modern zu kleiden, ohne ständig Neues anzuschaffen? Und welche Siegel sagen was über die Qualität und Herstellung der Produkte aus?

Hier setzt Schüler an. Die Autorin und Bloggerin, die sich vor allem der Themen Nachhaltigkeit, Plastikvermeidung und umweltbewusster Lebensstil annimmt, gibt in ihrem neuen Buch praktische Tipps rund um den Einkauf, die Pflege, Reparatur und - wenn nötig - auch Entsorgung von Kleidung an die Hand.

"Mein nachhaltiger Kleiderschrank", das Workbook von Charlotte Schüler (160    S.; 18 €) ist im Südwest-Verlag erschienen.
"Mein nachhaltiger Kleiderschrank", das Workbook von Charlotte Schüler (160 S.; 18 €) ist im Südwest-Verlag erschienen. © südwest

Was es mit der "Capsule Wardrobe" auf sich hat

Ausgangspunkt für den nachhaltigen Kleiderschrank ist Schüler zufolge eine "Capsule Wardrobe". Darunter versteht man eine minimalistische Klamottenausstattung aus Basis-Teilen und ein paar sogenannten Statement-Pieces. Klar, erstmal ist es nachhaltiger mit dem zu arbeiten, was man schon hat.

Was aber gehört in so einen Basic-Kleiderschrank? Schüler schreibt, die meisten Capsule Wardrobes bestünden aus 30 bis 40 Teilen. Zählen Sie mal in Ihrem Kleiderschrank durch - Sie kommen mit großer Wahrscheinlichkeit auf deutlich mehr Teile! Stücke für den Alltag sollen sich mit den Hinguckern so kombinieren lassen, dass für jeden Anlass das passende Outfit vorhanden ist.

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Dafür sei es laut Schüler wichtig, sich erst einmal Gedanken über seinen Tagesablauf, eigene Bedürfnisse und Vorlieben zu machen. Eine der Fragen: Brauche ich mehr Basics oder mehr schicke Garderobe? Denn, wer kennt es nicht: Dieses eine glitzernde Kleid oder der bodenlange Rock, den man sich "für besondere Anlässe" gekauft hat - und der seitdem im Schrank verstaubt, weil es keinen Anlass gab. Sowas vermeidet der Capsule-Wardrobe-Besitzer. Wichtig bei der Bestandsaufnahme sei es auch, sich vor der großen Umräumaktion einmal kurz zu fragen, was genau eigentlich gerade an der momentanen Auswahl stört. Was sorgt für den bei manchen täglichen "Der Schrank ist voll, aber ich habe nichts anzuziehen"-Moment? Passen die Kleidungsstücke nicht mehr zum eigenen Stil, zu den Lebensumständen, sind sie zu klein oder zu groß geworden oder harmoniert nichts miteinander?

Ausräumen, aussortieren - nicht gleich wegwerfen

Dann steht das Ausräumen an: Liegt alles einmal draußen, wird zuerst aussortiert, was man schon lange nicht mehr getragen hat, was nicht mehr passt und weg kann. Dann gilt es zwei weitere Stapel zu bilden: Einen mit Teilen, die man behalten will, in denen man sich wohlfühlt und einen mit der Kategorie "Vielleicht", mit Stücken, bei denen man sich noch nicht ganz sicher ist, ob sie gehen oder bleiben dürfen. Es könne sich der Autorin zufolge durchaus lohnen, die Kisten noch ein, zwei Wochen aufzubewahren. So wandert vielleicht doch das eine oder andere Kleidungsstück wieder zurück und man ist froh, es nicht übereilt weggegeben zu haben.

Aus welchen Teilen die Capsule Wardrobe bestehen soll, möchte Schüler nicht vorschreiben. Entsprechende Listen gibt es im Internet. Die Leserin oder der Leser sollen sich bei ihr vielmehr Fragen stellen wie: Welche Farben sollen vorkommen, welche Muster sollen Akzente setzen, welche Basics und welche Accessoires brauche ich?

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Sie empfiehlt 30 bis 50 Teile in drei bis fünf Grundfarben mit ein bis drei Akzentfarben. 80 bis 90 Prozent sollten miteinander kombinierbar sein. Und, vor allem, sollen alle Teile passen und der Tragende soll sich in allen wohlfühlen.

Darüber hinaus gibt sie Tipps dazu, wie man Kleidung kauft, repariert und weitergibt.

Stoffe - wichtiges Nachhaltigkeitskriterium

Charlotte Schüler warnt: Nur weil auf einem Kleidungsstück "Bio-Baumwolle" steht, heiße es nicht, dass das Teil nicht ohne Schadstoffe beispielsweise gefärbt worden ist. Hier hilft nur, Etiketten genau zu studieren oder die Arbeitsweise der einzelnen Hersteller auf deren Websites zu recherchieren. Schülers Lieblingsstoffe sind: Lyocell/Tencel, der aus Holzfasern besteht, besagte Bio-Baumwolle (im Bild), Bio-Leinen und Hanf.

Secondhand kaufen - was es zu beachten gilt

Wer Gebrauchtes shoppt, verhält sich umweltbewusster als die, die zur neu produzierten Fast Fashion greifen. Damit man am Secondhand-Teil noch lange Freude hat, hat Charlotte Schüler ein paar Punkte gesammelt, worauf man achten sollte:

Der Stoff: Hängen Fäden aus dem Stoff oder sind manche Stellen schon dünn: Das spricht nicht für die Langlebigkeit des Kleidungsstückes. Auch auf Flecken sollte man den Stoff untersuchen.

Die Nähte: Auch hier lohnt sich laut Schüler ein Blick auf die Fäden, nicht, dass etwas beim ersten Tragen aufreißt. Nähte lassen sich in Änderungsschneidereien ausbessern oder man repariert sie selber, wenn man fit im Umgang mit Nadel und Faden ist.

Die Knöpfe: Sind alle da und sitzen fest? Sitzt einer locker, gibt's vielleicht einen kleinen Rabatt beim Kauf - und er lässt sich in der Regel wieder leicht annähen.

Der Farbton: Generell sollten Käufer und Käuferinnen Kleidung mal ins Tageslicht halten, das Licht in Geschäften sei oft zu künstlich, so Schüler.

Die Passform: Auch bei Secondhand gilt: Wer schon im Laden an sich herumzupft, wird mit dem Teil keine große Freude haben, denn es sitzt offenbar nicht richtig.

Kleidung richtig pflegen - und dabei Wasser sparen

Wer seine Klamotten falsch behandelt, handelt nicht nachhaltig. Zu heißes oder zu häufiges Waschen verkürzt ihre Lebensdauer, mahnt Charlotte Schüler. Alternativen zum Waschen seien etwa Kleidung draußen zu lüften oder Jeans in einer Plastiktüte einzufrieren (das töte Bakterien ab). Neuere Waschmaschinen verfügen über ein Lüft- oder Hygieneprogramm, bei dem die Kleidung ohne Wasser nur "gelüftet" und so erfrischt wird. Natürlich muss wegen eines kleinen Fleckchens nicht die ganze Bluse gewaschen werden: Punktuelles Reinigen, sprich, den Fleck wegzutupfen, funktioniert auch oft, meint Schüler.

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2 Kommentare
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  • Rosinerl am 04.12.2022 04:37 Uhr / Bewertung:

    "Dann steht das Ausräumen an: Liegt alles einmal draußen, wird zuerst aussortiert.."
    Aussortieren hat mit Nachhaltigkeit nichts zu tun. Nachhaltig bedeutet vor allem, die Kleidung so lange zu tragen, bis sie - z.B. wegen Löchern - nicht mehr tragbar ist.

  • Witwe Bolte am 04.12.2022 11:54 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Rosinerl

    Viele Klamotten hängen unbenutzt traurig im Schrank, weil man ein paar Kilos zugelegt hat und nix mehr passt. Dann kommt die Ausrede "jetzt nehm ich ab und dann zieh ich' wieder an".
    Eine der meisten Selbstlügen der Menschheit.
    Fast nie klappt es mit dem Abnehmen und somit leiden auch die Kleiderschränke unter Übergewicht oder gar Adipositas.

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