Nachbar-Streit: Da wurde er zum Messerstecher
62-Jähriger lauert seinem Opfer im Hausflur auf und sticht mit zwei Messern zu – jetzt steht er wegen versuchten Totschlags vor Gericht: „Ich habe meine Würde verloren“, sagt er dem Richter.
MÜNCHEN Er habe 22 Monate den Hass seiner Nachbarn ertragen müssen. „Ich wurde provoziert und geschlagen. Da wollte ich ausziehen.“ Die Kisten sein schon gepackt gewesen. Doch bevor er es dazu kam, soll Antonio F. (62) im Hausflur seinem Nachbarn Sami B. aufgelauert und ihn mit zwei Messern angegriffen haben. Die Staatsanwalt wirft ihm versuchten Totschlag vor.
Am Abend des 11. Januar kam es zu der blutigen Auseinandersetzung. Nach Erkenntnis der Ermittler stand Antonio F. im Türrahmen seiner Gautinger Wohnung als sein Kontrahent vorbeikam. Was Sami B. zunächst nicht sah,waren die beiden Messer, die sein Nachbar in den Händen hielt. Der stach zu, verletzte sein Opfer aber nur leicht an der Brust.
Ausgelöst wurde der Nachbarschaftsstreit von einem Vorfall aus dem Mai 2008. Damals brach Antonio F. auf seinem Balkon zusammen und musste ärztlich versorgt werden. Er hatte tagelang nichts gegessen, war depressiv wegen des Todes seiner Mutter und weil er seine Arbeit in der Gautinger Klinik verloren hatte.
Seine Tochter aber saß in der ganzen Zeit auf der Treppe und weinte. „Seit damals glauben die Leute, dass ich sie geschlagen oder gar vergewaltigt habe“, erklärt sich Antonio F., der inzwischen getrennt von seiner Frau lebt, den Hintergrund der Nachbarschaftsfehde.
„Die haben mir Sachen wie Bananenschalen auf den Balkon geschmissen, einmal schlug einer mit dem Hammer gegen meine Tür und haute ein großes Loch rein.“ Er sei sogar in seiner Wohnung tätlich angegriffen und verletzt worden.
Zur Tat selber will er derzeit aber nichts sagen. Dafür präsentiert er eine Wunde am Kopf, die noch von der Auseinandersetzung mit Sami B. stammen soll. Der ist als Nebenkläger am Prozess beteiligt.
Antonio F. war schon einmal vom Amtsgericht Starnberg wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte zu einer Geldstrafe verurteilt wurde. Er hatte in einem Rettungswagen und anschließend in der Zelle randaliert. Die Polizei habe ihm nie geglaubt, sagt der Angeklagte. Er aber sei das eigentliche Opfer: „Ich habe meine Arbeit, meine Familie, meine Freiheit und meine Würde verloren.“ Der Prozess wird fortgesetzt. jot
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