Nach Sanierung: Wohnung um 476 Euro teurer

Weil sein Haus modernisiert wird: Statt 910 Euro muss Schwabinger jetzt 1386 Euro zahlen.
MÜNCHEN Stefan Parusel hat zwanzig Jahre lang die Treppe genommen. Jeden Tag ist er zu Fuß zu seiner Wohnung im dritten Stock gestiegen. Einen Aufzug hat der 50-Jährige nie gebraucht. Jetzt kriegt er einen. Und einen größeren Balkon. Und eine neue Wärmedämmung an der Hausfassade.
Parusel will das alles gar nicht, denn es lässt seine Miete explodieren. Was er will, ist aber völlig egal. Im Juni geht’s los. Die Hausbesitzerin lässt das Dach des dreistöckigen Hauses in der Bonner Straße ausbauen. Deshalb der Lift – und weil das Haus für die kommenden Monate zur Baustelle wird, werden Dämmung und Balkone gleich mit erneuert.
Das hat für die insgesamt neun Mietparteien im Haus harte Folgen: 910 Euro Kaltmiete zahlt Stefan Parusel derzeit für seine 106 Quadratmeter große 3,5-Zimmer-Wohnung von 1947 – ganz im Rahmen des aktuellen Mietspiegels.
Wenn die Arbeiten fertig sind, wird der Sportlehrer und Tennistrainer 1386 Euro im Monat blechen müssen. 476 Euro mehr im Monat – weil der Vermieter sein Haus aufhübscht. In einem Brief hat die Vermieterin sogar aufgelistet, wie sich dieser Betrag zusammensetzt: Die Dämmung kostet 113, der Balkon 103, der Lift 260 Euro.
So wie Stefan Parusel und seiner Familie geht es tausenden Mietern in München. Modernisieren erhöht den Wert einer Immobilie – und kostet deren Besitzer am Ende nichts. Dass die Mieter dafür zahlen, ist völlig legal: Laut Gesetz dürfen Hausbesitzer elf Prozent der Modernisierungskosten auf ihre Mieter umlegen – und das ohne zeitliche Begrenzung.
„Das war ein extremer Schock für uns“, sagt Parusel. In einem Brief schrieben die Mieter, sie bräuchten die Modernisierung gar nicht. Die Antwort war knallhart: „Es hieß, die Arbeiten dienten der Wertverbesserung“, sagt Parusel, „und wir könnten ja von unserem Kündigungsrecht Gebrauch machen.“
Was die Mieter ärgert: „Der Besitzer baut den Dachboden aus, und wir dürfen mitzahlen“, sagt Parusel. „Am Ende finanzieren wir die tolle Dachwohnung.“ Von der Erneuerung selbst hätten sie nichts: „Einen Lift habe ich nie gebraucht, einen Balkon habe ich bereits“, sagt Parusel. „Er ist groß genug.“’
Und was die Dämmung angehe, „spare ich in Zukunft vielleicht 20 Euro an Heizkosten, muss aber dafür 120 Euro mehr Miete zahlen – das hilft mir wenig.“ Für Parusel bleibt nur die Erkenntnis, „dass wir Mietverträge haben, die ganz leicht zu umgehen sind“. Er will nun versuchen, die Erhöhung zu senken, notfalls will er klagen. Wenn das nicht klappt, wird Stefan Parusel trotzdem bleiben. „Es wird schon irgendwie gehen“, sagt er. „Aber es wird schwer.“