Nach Sanierung im Deutsches Museum: Die AZ zeigt 7 neue Ausstellungen

Nach sechseinhalb Jahren Bauzeit eröffnet am 8. Juli der erste generalsanierte Teil des Deutschen Museums. Die AZ durfte schon mal in sieben der 19 neuen Ausstellungen schauen.
Nina Job, Sigi Müller |
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Durch diesen Interims-Anbau geht's ab 8. Juli ins Deutsche Museum: Während der Generalsanierung des zweiten Bauabschnitts ist der eigentliche Haupteingang gesperrt.
Durch diesen Interims-Anbau geht's ab 8. Juli ins Deutsche Museum: Während der Generalsanierung des zweiten Bauabschnitts ist der eigentliche Haupteingang gesperrt. © Sigi Müller

München - Ein überdimensionaler Kartoffelkäfer, etwa so groß wie ein Mops, schaut in der Chemieabteilung von einem Schaukasten auf die Besucher herunter. Unter ihm ist anschaulich in kurzen Texten auf Deutsch und Englisch erklärt, was die gefräßigen Insekten für einen Schaden anrichten aus Menschensicht - und mit welcher Chemie die Bauern ihnen zu Leibe rücken.

Nach Generalsanierung: Neuer Abschnitt im Deutschen Museum öffnet

Ein paar Schritte weiter geht's um Dünger, Kunststoffe und Atomkraft. In einem weiteren Raum ist ein eigener Hörsaal mit Labor untergebracht. Hier können Experimente gemacht und vorgeführt werden.

Museumsmitarbeiterin Rebecca Grünbauer lässt es am Donnerstag schon mal probeweise krachen mit Ammoniumsalzen und einem Eiswürfel. Nur die Lüftung will noch nicht funktionieren. Aber das wird schon noch - die offizielle Eröffnung ist ja erst in fünf Wochen.

Mehr Weiß und Licht in den Ausstellungsräumen

Alles ist neu im generalsanierten ersten Bauabschnitt des fast 100 Jahre alten Deutschen Museums. Viele der Ausstellungsräume haben weiß gestrichene Decken und Wände, sie sind lichtdurchflutet. Es gibt reichlich Platz, um sich zwischen den verschiedenen "Themeninseln", historischen Exponaten oder modernen Schaukästen zu bewegen.

Und es gibt wie früher Klappen zum Lupfen, Knöpfe zum Drücken und viele Dinge zum Anfassen. Interaktiv soll es ja bleiben, das Deutsche Museum. Museumsdirektor Wolfgang Heckl sagt: Es sei immer noch "einer der wenigen Orte, wo man noch haptisch was anlangen kann." Denn: "Selbst erleben ist immer noch das Beste!" Nach der Neugestaltung sei von der "Knopf-Druckerl-Maschine" manches auch zum "Mitmachlabor" mutiert.

Neue Räume im Deutschen Museum: 18 Kilometer Länge

20.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche von Atomphysik bis Robotik sind völlig neu gestaltet. Jede Abteilung hat ihren eigenen Charakter. Mehr als 18 Kilometer wären es, wenn man nur die neuen Räume am Stück durchläuft.

In der Instrumentenausstellung wirkt es nach der Sanierung deutlich luftiger als zuvor. "Weniger ist mehr", merkt Bauleiter Dieter Lang beim Rundgang an. Nur noch 50 Prozent der Exponate seien jetzt ausgestellt - deutlich mehr Platz für die einzelnen Instrumente.

Eröffnung am 8. Juli mit Sommerfest

Am 8. Juli wird Eröffnung gefeiert - verbunden mit einem dreitägigen Sommerfest. "Wir freuen uns wirklich sehr auf diesen Tag, fiebern ihm seit Monaten entgegen", sagt Generaldirektor Heckl. "Bald können wir endlich zeigen, woran wir in den vergangenen Jahren so hart gearbeitet haben."

Zuvor wird das Museum allerdings ab 29. Juni eine Woche lang komplett schließen müssen. "Wir brauchen etwas Zeit, um die Leitzentrale, sozusagen das Herzstück des Ausstellungsbetriebs, auf die andere Seite des Gebäudes umzuziehen", sagt Dagmar Klauer, die Chefin des Museumsbetriebs.

Bis auch der zweite Bauabschnitt generalsaniert ist, wird es nach heutiger Planung 2028 werden. Ursprünglich wollte das Museum seinen 100. Geburtstag 2025 generalüberholt feiern. Aber daraus wurde bekanntlich nichts: Erst gab's böse Überraschungen mit der schlechten Bausubstanz, dann ging das Architekturbüro pleite, es folgte Corona - und nun gibt es Probleme mit den Lieferketten wegen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine.

Chemie: von Käfern und Atomkraft

Kartoffelkäfer mit Überblick
Kartoffelkäfer mit Überblick © Sigi Müller

Schon seit 2009 war die Chemieabteilung geschlossen, nun öffnet sie auf 1200 Quadratmetern wieder: üppig ausgestattet, informativ und interaktiv – damit Naturwissenschaft begreifbar wird. Die Ausstellung verfügt sogar über einen eigenen Hörsaal für 100 Besucher, in dem Experimente vor- und durchgeführt werden können. Historische Laboratorien vermitteln, wie ab dem späten Mittelalter experimentiert wurde. Ein Hauptthema ist Chemie in unserem Alltag: vom Shampoo, dem Salz in der Suppe, der Luft, Dünger bis hin zur Atomkraft. Auch der Mensch besteht im Grunde aus chemischen Stoffen.

Orgel, Zwitscherautomat, Synthesizer

In der Instrumenten-Ausstellung
In der Instrumenten-Ausstellung © Sigi Müller

Drei Räume umfasst die Musikinstrumente-Ausstellung: Sie wirft Schlaglichter auf die Entwicklung vom 16. Jahrhundert bis heute. Aus 2000 Instrumenten der Sammlung wurden Originale und originelle Objekte ausgewählt: darunter die älteste Kirchenorgel Bayerns und ein Zwitscherautomat – oder Synthesizer, mit denen die Doors und Monkeys spielten oder Donna Summer bei ihrem Hit "I feel love" begleitete. Noch ein Highlight: der Synthesizer Moog IIIp.

Mathe "soll Spaß machen"

Grundelement: der Würfel
Grundelement: der Würfel © Sigi Müller

Katja Rasch ist Kuratorin der Mathematik-Ausstellung. "Unser Ziel ist, dass Mathe Spaß macht, dass man Zusammenhänge spielerisch erkennt." Es gibt viele Stationen, an denen die Besucher etwas ausprobieren können. Bereichert wird die Ausstellung auch durch optische Täuschungen oder einen Harmonografen: Er zeichnet einzigartige Originale durch Schwingungen.

Gesundheit von Kopf bis Fuß

Fünf Meter ist der Fuß hoch
Fünf Meter ist der Fuß hoch © Sigi Müller

Wie Pharmazie und Medizintechnik uns Menschen helfen, gesund zu werden und zu bleiben, ist das zentrale Thema der Gesundheitsausstellung: Hier steht der Mensch im Mittelpunkt – von Kopf bis Fuß. Ein riesiger Körper füllt den Raum, der Kopf ist begehbar, der Fuß fünf Meter hoch. Auch historische Exponate wie der Brutschrank von Robert Koch aus dem Jahr 1881 sind ausgestellt. An mehreren Stationen können Kinder in die Rolle des Arztes schlüpfen.

Vom Bauteil zum Elektro-Schrott

Ein Tornado aus Elektroschrott
Ein Tornado aus Elektroschrott © Sigi Müller

Vom Lichtschalter über den Herzschrittmacher bis zum Kraftwerk: In fast jedem Gerät aus allen Lebensbereichen stecken elektronische Bauteile.

Die Entwicklung der Technologie in den vergangenen 100  Jahren und ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft zeigt die Elektronikausstellung.

Themen sind auch Produktion, Elektroschrott und Recycling. Highlights: ein "Elektronikschrott-Tornado" und der Transistor Nr. 9 von den Bell-Laboratorien bei New York. 

Foto und Film seit 1830

Zwei historische Exponate
Zwei historische Exponate © Sigi Müller

Im Zentrum der Foto- und Film-Ausstellung steht die historische Entwicklung. In Themeninseln geht’s um Digitaltechnik, Farbe, Raum und Zeit. Die Ausstellung vermittelt Grundlagen und informiert über Bauteile und Funktionen der Kameratechnik. In einer "Galerie der Bilder" werden Bildverfahren vorgestellt. Ein besonderes Ausstellungsstück ist ein Lichtton-Kinoprojektor der Berliner Erfindergemeinschaft "Triergon" – erste öffentliche Aufführung: 1922.

Bild, Schrift, Codes = Verständigung

Eine Chriffriermaschine
Eine Chriffriermaschine © Sigi Müller

Mit Bildern und Schriften tauschen Menschen seit eh und je Informationen aus – und erhalten damit unser Wissen. Diese Ausstellung widmet sich der Verständigung: Kryptologie in der Antike, traditionelle Drucktechniken, Chiffriermaschinen, Comics und Schrift im digitalen Zeitalter – in weiten Teilen ist die Ausstellung angeordnet wie ein Buchdrucker-Setzkasten.

Das Bergwerk schließt!

Für das Bergwerk ist kein Geld da
Für das Bergwerk ist kein Geld da © Sigi Müller

Generationen von Münchnern kennen und lieben die Bergbau-Ausstellung. Sie gilt als Ikone des Museums - wie auch die Starkstromabteilung mit ihren Blitz-Vorführungen und dem Faradayschen Käfig. Letztere wird wiedereröffnet, wenn der zweite Bauabschnitt fertig ist, versprechen die Museumsmacher. Doch für das Bergwerk ist kein Geld da. Und selbst, wenn sich großzügige Spender finden, wird sie für mindestens zehn Jahre in Kisten verschwinden. Sicher ist: So wie heute wird sie nie wieder zu sehen sein. Bis einschließlich 28. Juni können Bergwerk und Blitze-Show noch besucht werden. 

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8 Kommentare
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  • Giesing am 03.06.2022 10:19 Uhr / Bewertung:

    Wenn man das Bergwerk schließt, nimmt man dem Deutschen Museum die Seele. Und stattdessen auf Stellwände (wie beim Kartoffelkäfer) zu setzen, ist schon traurig. Vielleicht sollten sich die Macher des Deutschen Museums mal in den Science Museums der USA umsehen. Dort wird Wissenschaft interessant dargestellt. Das was ich hier auf den Bildern sehe, empfinde ich als wenig ansprechend.

  • Dugi am 03.06.2022 09:48 Uhr / Bewertung:

    Da müsste man ja glatt ein Bürgerbegehren starten, dass das Bergwerk nicht geschlossen wird. Das ist ja völlig inakzeptabel, dass eins der Herzstücke nimmer wieder kommen soll.
    Und das obwohl doch ansonsten bei jedem Dreck das Alte bewahrt wird.

  • Sheriff J.W. Pepper am 03.06.2022 09:35 Uhr / Bewertung:

    Dann muss man vor dem 28.6. wohl nochmal hin - und dann lange Zeit nimmer, wenn das Bergwerk nicht mehr zu sehen sein wird...

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