Nach Mordversuch: Jetzt haben sie sich wieder lieb
München - Sind das gar Tränen in seinen Augen? Es kommt nicht alle Tage vor, dass sich ein Gewaltopfer und der mutmaßliche Täter im Prozess so fest umarmen und als Zeichen der Versöhnung auf die Wangen küssen. Auch für den Vorsitzenden Richter Norbert Riedmann scheint die Szene neu.
So geschehen am gestrigen Dienstag am Landgericht. Auf der Anklagebank Burim G. (45), im Zeugenstand sein Opfer Fatmir H. (40). "Ich habe ihm verziehen", erklärt der Gastronom dem Landgericht.
Was er ihm verziehen hat? Die Anklage, die Staatsanwalt Laurent Lafleur präsentiert und Verteidiger Thomas Pfister im Anschluss in einer Erklärung weitgehend für seinen Mandanten einräumt, spricht von versuchtem Mord. Burim G. soll mit einem Klappmesser, einer Art Leatherman, auf sein argloses Opfer eingestochen haben.
So haben die Ermittler die Tat und ihre Vorgeschichte rekonstruiert: Der Wirt des Bistros in der Landsberger Straße, Fatmir H., hatte seinem früheren Freund im Mai 2016 nach mehreren Vorfällen ein Hausverbot erteilt. Das kümmerte den Angeklagten herzlich wenig. Am 5. Juli war Burim G. wieder in dem Lokal aufgetaucht. Er bestellte ein Bier. Der Wirt erinnerte ihn an das Hausverbot und kassierte einen Schlag auf die Schulter. Fatmir H. floh in den Innenhof des Lokals, Burim G. folgte ihm und zerschlug dabei die Scheibe einer Tür.
Der Wirt erstattete Anzeige
Der Wirt erstattete Anzeige. Burim G. sann auf Rache. Am 2. August nahm er einen Ledergürtel mit und wollte damit zuschlagen. Zwei Gäste konnten ihn daran hindern, wurden aber selbst bei dem Gerangel verletzt.
Am 7. September startete der Angeklagte den nächsten Versuch, blutige Rache zu nehmen. Stark angetrunken (2,0 Promille) stürmte er in das Lokal. Er sei ein anderer, gewalttätiger Mensch, wenn er trinke, gibt Bumir G. vor Gericht zu.
Laut Anklage ist der 46-Jährige mit dem Messer von hinten an den Wirt herangetreten. Fatmir H. war mit der Kaffeemaschine beschäftigt, als ihn der Stich am Hinterkopf traf und schwer verletzte. Burim G. habe versucht, erneut auf sein Opfer einzustechen, doch der Wirt sprang über die Theke und floh.
Seine physischen und psychischen Wunden seien verheilt, erklärt Fatmir H. – und als zusätzliche Geste der Versöhnung zieht er zwei Anzeigen zurück. Der Prozess wird fortgesetzt.
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