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Neubiberger Bürgermeister: So reagiert nun die CSU auf den Kokain-Skandal

Der CSU-Mann Thomas Pardeller meldet sich erstmals zu Wort, erklärt seine Sicht der Dinge und überlässt seine Amtsgeschäfte im Neubiberger Rathaus dem Vize – zumindest vorläufig.
von  André Wagner
Thomas Pardeller – Bürgermeister von Neubiberg seit 2020 - ist aktuell krankgemeldet.
Thomas Pardeller – Bürgermeister von Neubiberg seit 2020 - ist aktuell krankgemeldet. © IMAGO/B. Lindenthaler

Die Nachricht schlug in der vergangenen Woche ein wie ein Donnerschlag. Der Neubiberger Bürgermeister Thomas Pardeller (CSU) wurde am 11. Oktober vor dem Münchner Palais Nachtklub einer Personenkontrolle unterzogen. Dabei stellte die Polizei ein Plastikgefäß sicher, welches 0,2 Gramm Kokain enthalten haben soll, welchem, nach AZ-Informationen, noch ein Präparat aus der Tiermedizin zugesetzt war. Der CSU-Politiker wurde vorübergehend festgenommen, gegen ihn wird nun wegen eines Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz ermittelt, so die Polizei.

Am Freitag machten die Neubiberger CSU und Pardeller den Vorfall ihrerseits öffentlich und kündigten in einer Mitteilung einen transparenten Umgang mit den Ermittlungen der Polizei an. Dass es sich bei der sichergestellten Substanz um Kokain gehandelt haben soll, wurde von der CSU bekanntgegeben, die Polizei selbst wartet noch das Ergebnis der Laboranalyse ab.

Krankgemeldet: Neubiberger Bürgermeister gibt Amtsgeschäft an Stellvertreter ab

Aktuell hat Pardeller seine Amtsgeschäfte an seinen Stellvertreter Kilian Körner abgegeben, der 37-Jährige selbst befinde sich derzeit im Krankenstand, wie das Neubiberger Rathaus mitteilte. 

Bis auf Weiteres wird der Zweite Bürgermeister die Amtsgeschäfte des Ersten Bürgermeisters vollumfänglich übernehmen. Dazu gehört etwa die Koordination der Gemeindeverwaltung, die Vertretung der Gemeinde nach außen sowie die Sitzungsleitung von Gemeinderat und Ausschüssen. Damit übernimmt Körner auch die Leitung der, für den 23. bzw. 29. Oktober geplanten Bürgerversammlungen.

Neubiberger CSU gibt Pardeller Rückendeckung

Wie es für den 37-jährigen CSU-Politiker nach dem Kokain-Skandal nun mittel- und langfristig weitergehen soll, könnte sich bereits am Montag klären. Laut Süddeutscher Zeitung (SZ) ist am Nachmittag eine Aussprache mit dem CSU-Ortsvorstand anberaumt. Der Ausgang ist angeblich offen, auch ein Amtsverzicht des Bürgermeisters steht zur Debatte. Im Anschluss an die Aussprache hat der CSU-Ortsvorstand eine Erklärung angekündigt.

In der CSU Neubiberg erhält Pardeller weiterhin Rückendeckung. Am Montag erklärte der stellvertretende CSU-Ortsvorsitzende Leon Bogner, der Ortsverband stehe weiterhin hinter ihrem Bürgermeister, unabhängig davon, welche Entscheidung der 37-Jährige über seine weitere Zukunft treffen werde. "Er ist ein ganz herausragender, über Parteigrenzen hinweg geschätzter Bürgermeister", so Bogner zur SZ.

Pardeller gibt persönliche Erklärung ab

Am Montag hat Thomas Pardeller eine persönliche Erklärung veröffentlicht. Darin heißt es im Wortlaut: "Ich habe einen Riesenfehler, eine Riesendummheit gemacht. Ich wurde mit einer geringen Menge Kokain vor einer Münchner Disco erwischt. Diesen Fehler bedaure ich zutiefst und entschuldige mich bei allen Menschen, die mir vertrauen und die mich privat und beruflich unterstützen.

Die vergangenen eineinhalb Jahre waren für mich persönlich eine sehr schwierige Zeit. Ich habe in dieser Phase zwei geliebte Menschen verloren, die mir mein Leben lang Halt, Liebe und Orientierung gegeben haben – meine Großeltern. Zu meinen Großeltern hatte ich ein sehr vertrauensvolles und inniges Verhältnis – beide sind ganz unerwartet kurz nacheinander gestorben. Mein Opa wurde bis zu seinem Tod auch von mir zuhause gepflegt. Sie waren für mich Familie, Rückhalt und moralischer Kompass zugleich. Ihr Tod hat in mir eine große Leere hinterlassen.

Ich weiß nicht, ob Sie es verstehen, für mich war die Intensität des Jobs sogar hilfreich. Da konnte ich Abstand gewinnen. Doch die Leere im Privaten war unerträglich.

Anstatt mir rechtzeitig Hilfe zu suchen, habe ich versucht, diese Trauer und die innere Erschöpfung auf andere Weise und allein zu bewältigen. Ich wollte funktionieren, ich suchte daher Ablenkung, suchte Nähe, suchte ein Ventil. In dieser Zeit habe ich mich zu oft in lange und exzessive Partynächte geflüchtet – in der Hoffnung, den Schmerz und die Unruhe in mir vergessen zu können. Dabei habe ich mich selbst verloren. In diesem Umfeld kam ich schließlich auch in Kontakt mit Kokain.

Das war falsch. Es war ein Versuch, seelischen Druck zu entladen – aber es war der falsche Weg. Ich habe daraus gelernt und möchte diesen Fehler nicht nur eingestehen, sondern auch aufrichtig aufarbeiten.

Ich habe mir professionelle therapeutische Hilfe gesucht und werde die kommenden vier Wochen gezielt dafür nutzen, meine persönliche Situation und die vergangenen Belastungen aufzuarbeiten und wieder zu mir selbst zu finden – zu innerer Ruhe, Klarheit und Kraft.
Während dieser Zeit wird mein Stellvertreter, Zweiter Bürgermeister Kilian Körner, die Amtsgeschäfte übernehmen. Ich danke ihm und dem gesamten Rathaus-Team für ihren Rückhalt und ihre Verlässlichkeit. Ebenso danke ich meiner Familie, meinen Freunden und vielen Bürgerinnen und Bürgern, die mir in diesen Tagen mit Zuspruch, Verständnis und Menschlichkeit begegnet sind.

Diese Unterstützung bedeutet mir sehr viel. Sie erinnert mich daran, warum mir diese Gemeinde und ihre Menschen so sehr am Herzen liegen.

Ich habe meine Arbeit als Bürgermeister immer mit großem Engagement und Leidenschaft ausgeübt – und das wird auch künftig so bleiben.

Ich werde diese Zeit der Aufarbeitung nutzen, um mit neuer Stärke, Demut und Klarheit zurückzukehren – für Neubiberg und für alle, die mir ihr Vertrauen geschenkt haben.

Ihr
Thomas Pardeller"

CSU hält Nominierung als Bürgermeisterkandidat aufrecht

Am Nachmittag hat sich auch der CSU-Ortsverband Neubiberg zu Wort gemeldet, sich hinter Thomas Pardeller gestellt und ihm Unterstützung zugesagt. In einer offiziellen Mitteilung heißt es unter anderem: "Er hat in einem schwachen Moment und inmitten einer Krise in seinem Privatleben einen Fehler gemacht – das steht außer Frage. Ein Fehler, bei dem eine allzu schwere Strafe nicht zu erwarten ist und ein Fehler, mit dem er niemandem außer sich selbst geschadet hat. Entscheidend für unseren Ort und entscheidend für unseren CSU-Ortsverband sind aber in erster Linie seine hervorragende Arbeit als Bürgermeister und sein beispiellos engagierter Einsatz zum Wohl unserer Gemeinde Neubiberg.

Der CSU Ortsverband Neubiberg steht zu den Werten der CSU. Der Ortsverband steht auch zu einer restriktiven Drogenpolitik. Wir stehen aber vor allen zu den Christlichen und Sozialen Werten unserer Partei und glauben daran, einen Mitmenschen in einer privaten Krise zu stützen und nicht fallen zu lassen. Wir glauben auch daran, dass auch der kompetenteste Bürgermeister und beste Mensch Fehler machen kann und jeder, der die Verantwortung für seine individuellen Fehler übernimmt, eine zweite Chance verdient hat.

Der CSU Ortsvorstand Neubiberg steht daher geschlossen hinter Thomas Pardeller. Wir halten seine Nominierung als Bürgermeisterkandidat für Neubiberg aufrecht und unterstützen unseren Bürgermeister in der aktuellen schwierigen Zeit uneingeschränkt. Wir wünschen im viel Kraft für die kommenden Wochen und begrüßen es, dass er sich seinen Problemen und der privaten Krise, die zu der folgenreichen Fehlentscheidung geführt hat, stellt und sich zur Bewältigung dieser Probleme professionelle Hilfe sucht. Wir bedauern es, dass wir als seine engen Wegbegleiter dieser Probleme nicht selbst früh genug erkannt haben."

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