Nach Jahren Stillstand: Alte Akademie bekommt neue Besitzer

Zwei Jahre lang standen die Arbeiten an Münchens bekanntester Benko-Bauruine still. Nun geht es endlich weiter – obwohl der Verkauf an die neuen Eigentümer noch nicht endgültig besiegelt ist. Die Hintergründe – und was der Bauherr in spe anders machen will 
von  Nina Job
Verhüllt: die Alte Akademie in der Fußgängerzone. Von außen sieht man nicht, dass im Untergrund bereits wieder gearbeitet wird.
Verhüllt: die Alte Akademie in der Fußgängerzone. Von außen sieht man nicht, dass im Untergrund bereits wieder gearbeitet wird. © Ben Sagmeister

Beste Lage, Baudenkmal, tote Dauerbaustelle: Das war die Alte Akademie zwei Jahre lang. Millionen Passanten sind seitdem an der hässlichen Riesenbaustelle vorbeiflaniert, die René Benko den Münchnern hinterlassen hat. Doch nun ist es mit dem Stillstand und Dauerärgernis offenbar bald vorbei. Auf der Großbaustelle wird wieder gebaut.

Wie die AZ erfahren hat, wird im Untergrund der Boden stabilisiert und wasserdicht abgedichtet, damit im nächsten Schritt die Untergeschosse (die sogenannten Tröge) gebaut werden können.

Durch die wenigen Gucklöcher, die am Bauzaun noch geblieben sind, ist nicht viel zu erspähen, außer einem Kleinbus, Containern, Absperrgittern und Baumaterial.
Durch die wenigen Gucklöcher, die am Bauzaun noch geblieben sind, ist nicht viel zu erspähen, außer einem Kleinbus, Containern, Absperrgittern und Baumaterial. © Ben Sagmeister

Auf der Baustelle herrscht Betrieb – und das, obwohl der Verkauf noch nicht in trockenen Tüchern ist. Wie berichtet, will die milliardenschwere Heinz Hermann Thiele Familienstiftung die Alte Akademie von René Benkos insolventer Signa-Tochtergesellschaft übernehmen, außerdem das dazugehörige Grundstück, das derzeit noch dem Freistaat gehört.

In der Thiele-Stiftung (Sitz in Grünwald) steckt das Vermögen des 2021 verstorbenen Unternehmers Heinz Hermann Thiele (Knorr-Bremse, Lufthansa). Das hauseigene Immobilienunternehmen Opes teilte kürzlich mit, dass die Stiftung "ein langfristig orientierter, verlässlicher und verantwortungsvoller Bauherr“ sei, "der über die erforderliche Finanzkraft verfügt und nicht an kurzfristigen Erträgen interessiert ist“. Man wolle die Alte Akademie langfristig im Bestand halten und "als Spekulationsobjekt vom Markt nehmen“.

Der Münchner Unternehmer und CSU-Stadtrat Hans Hammer will das Projekt mit seinem Unternehmen als Dienstleister entwickeln. Stand jetzt, sollen die Verträge Ende November unterzeichnet werden.

Blick auf die Baustelle von der Kapellenstraße aus: Baugerüste neben der Neuhauser Straße halten die Fassade des früheren Hettlage-Gebäudes.
Blick auf die Baustelle von der Kapellenstraße aus: Baugerüste neben der Neuhauser Straße halten die Fassade des früheren Hettlage-Gebäudes. © Ben Sagmeister

Das Angebot von Thiele und Hammer soll nach AZ-Informationen bei gut 150 Millionen Euro für den Insolvenzverwalter liegen sowie 30 Millionen Euro für das Grundstück. Die Baukosten selbst werden auf 400 Millionen Euro geschätzt. Die Zahlen wurden bislang nicht bestätigt.

Aber aus Sicht der Beteiligten kann offenbar nichts mehr schiefgehen mit dem Vertragsabschluss. Sonst hätten der Insolvenzverwalter und die Banken wohl kaum grünes Licht gegeben für die Wiederaufnahme der Bauarbeiten. Die Kosten sollen nach AZ-Informationen ebenfalls von den neuen Bauherren übernommen werden.

Aus Rathaus-Kreisen wurde bekannt, dass die Thiele-Stiftung und Hammer die Alte Akademie im Wesentlichen so entwickeln wollen, wie es Benkos Signa vorhatte – und wofür die Stadt bereits Baugenehmigungen erteilt hatte.

Die Signa wollte aus der Alten Akademie und dem früheren Hettlage-Gebäude einen Gebäudemix mit Einzelhandel, Büros, Wohnen und Gastronomie schaffen. Der Schmuckhof, der öffentlich nicht zugänglich war, sollte geöffnet werden.

Auf der Baustelle liegt Baumaterial herum, Arbeiter sind keine zu sehen, als die AZ vorbeischaut.
Auf der Baustelle liegt Baumaterial herum, Arbeiter sind keine zu sehen, als die AZ vorbeischaut. © Ben Sagmeister

Einige Änderungen soll es einem Insider zufolge aber geben. So sei nun geplant, die Gebäude innen anders aufzuteilen. "Wahrscheinlich wird es weniger Einzelhandel und dafür mehr Büros geben“, sagt er. Dies würde bedeuten, dass es künftig auch kleinere Flächen ab rund 300 Quadratmeter in dem künftigen Prestigebau zu mieten gäbe. Hans Hammer wollte sich dazu nicht äußern.

Auch soll es, so der Insider, Überlegungen geben, die große, mechanische Tiefgarage, die die Signa geplant hatte, nicht 1:1 zu realisieren – um Kosten zu sparen. Die Folge wären offenbar weniger Stellplätze.

Die Alte Akademie gehörte bis 2013 komplett dem Freistaat, dann vergab sie Ministerpräsident Markus Söder (CSU) für 230 Millionen Euro und 65 Jahre an die Signa. Ende 2023, als der Signa-Konzern implodierte, wurde die Baustelle stillgelegt. Bereits einige Monate später startete der Insolvenzverwalter im Frühjahr 2024 mit dem Verkaufsprozess. Nach AZ-Informationen interessierte sich zunächst auch ein großes Unternehmen aus Baden-Württemberg für die Akademie. Und ebenfalls schon früh: Hans Hammer. Doch damals fand sich kein Investor, der so viel Geld in ein Großprojekt mit Erbbaurecht investieren wollte.
"Erbbaurecht ist bei Investoren unbeliebt. Das geht nur, wenn der Markt relativ heiß ist“, sagt ein Branchenexperte. Und so "heiß“ wie vor Corona und Ukrainekrieg ist der Markt noch nicht wieder.

CSU-Stadtrat und Unternehmer Hans Hammer mit seiner Frau Chantal beim Schwarz-Weiß-Ball der CSU vor zwei Jahren. (Archivbild)
CSU-Stadtrat und Unternehmer Hans Hammer mit seiner Frau Chantal beim Schwarz-Weiß-Ball der CSU vor zwei Jahren. (Archivbild) © IMAGO/B. Lindenthaler

Im Frühjahr 2025 wurde schließlich in einer nicht-öffentlichen Sitzung im Landtag beschlossen, dass die Akademie komplett verkauft werden soll. Also nicht nur das Erbbaurecht, das die Signa bis 2079 vom Freistaat erworben hatte, sondern auch das Grundstück.

Die Thiele-Stiftung und Hammer machten das Rennen: Im Sommer 2025 kam die Zusage.

Das schmeckte einem anderen Interessenten allerdings ganz und gar nicht. Auch Erich Schwaiger, der in München mittlerweile den Spitznamen "Immobilien-Phantom“ bekommen hat, war am Kauf der Alten Akademie interessiert.

Schwaiger besitzt bereits eine frühere Benko-Immobilie: das frühere Kaut-Bullinger-Haus in der Rosenstraße, das er 2024 für rund 80 Millionen Euro kaufte. Erst vor Kurzem besiegelte er noch zwei Deals in bester Innenstadtlage: Er kaufte die Immobilien des Sporthauses Schuster (Kaufpreis laut Grundbuchamt 120 Millionen) und das Hirmer-Stammhaus (124 Millionen Euro).

Die Alte Akademie darf auf keinen Fall unter Wert verkauft werden

Nachdem er bei der Alten Akademie nicht zum Zuge kam, beschwerte sich sein Anwalt: Aribert Wolf, ein ehemaliger CSU-Oberbürgermeisterkandidat, schrieb Abgeordnete des Bayerischen Landtags an. In dem Brief, der der AZ vorliegt, heißt es: "Es ist nicht nachvollziehbar, dass jetzt der Verkauf (...) nicht öffentlich ausschreibungspflichtig sein soll.“ Wolf kündigte an, dass sein Mandant gerichtlich gegen einen "freihändigen Verkauf“ vorgehen wolle.

Laut Brief hatte Wolfs Mandant insgesamt 195 Millionen Euro für die Alte Akademie geboten – etwas mehr als Thiele/Hammer.

Dazu, wie Erich Schwaiger seinen Immobilien-Großeinkauf in der Münchner Innenstadt finanzieren will, hat er sich bislang nicht öffentlich geäußert. Er ließ lediglich dementieren, dass er mit "obskuren Geldgebern“ zusammenarbeite. Stattdessen arbeite er mit "üblichen Fremdfinanzierern“ zusammen.

So sah es im Sommer 2017 an der Alten Akademie aus. Davor wuchsen Palmen in Pflanztrögen. (Archivbild)
So sah es im Sommer 2017 an der Alten Akademie aus. Davor wuchsen Palmen in Pflanztrögen. (Archivbild) © imageBROKER/Martin Siepmann

Kritik an der Vergabe der Alten Akademie ohne öffentliche Ausschreibung gibt es aber auch von anderer Seite: aus der Politik. Zum Beispiel von Claudia Köhler, der haushaltspolitischen Sprecherin der Landtagsgrünen. "Die Alte Akademie darf auf keinen Fall leichtfertig ohne Erbpacht hergegeben oder gar unter Wert verkauft werden“, sagte sie der AZ.

Die Münchner Rathaus-Grünen sprachen gar von einem "deutlichen Geschmäckle“ und erinnerten an den "CSU-Filz“ der 1980er-Jahre.

Der zuständige Insolvenzverwalter äußert sich wegen seiner Geheimhaltungspflicht nicht zu laufenden Verkaufsprozessen. Auch der Geschäftsführer der Imby, die für die Verwaltung sowie Käufe und Verkäufe der Immobilien des Freistaats zuständig ist, äußert sich nur allgemein auf AZ-Anfrage. Gerhard Reichel teilte mit: "Der Freistaat Bayern begleitet den laufenden Verwertungsprozess der Insolvenzverwaltung weiter konstruktiv mit dem Ziel, eine dauerhaft tragfähige Lösung im Interesse der Landeshauptstadt und des Landes zu ermöglichen.“ Zum Verfahrensstand, Interessenten und Verhandlungsdetails könne er sich nicht äußern.

Der Freistaat hat inzwischen aber drei Gutachten in Auftrag gegeben, die den Wert des Grundstücks an der Neuhauser Straße bewerten sollen. Wann mit den Ergebnissen zu rechnen ist, ist unklar. Die Zeit drängt, denn in wenigen Wochen sollen die Verträge über den Verkauf der Alten Akademie ja unterzeichnet werden.

So wollte die Signa die Alte Akademie herrichten. Daraus wurde bekanntlich nichts. (Archivbild)
So wollte die Signa die Alte Akademie herrichten. Daraus wurde bekanntlich nichts. (Archivbild) © Signa

Wenn alles glattläuft, könnten die Bauarbeiter Anfang des kommenden Jahres so richtig Fahrt aufnehmen. Laut Experten dürfte allein der Bau der Untergeschosse etwa ein Jahr dauern.

Eröffnet werden könnte die neue Alte Akademie dann voraussichtlich frühestens Ende 2028 – mindestens drei Jahre also noch, bis das Großprojekt mitten in der Fußgängerzone fertig wäre. Und dann kein Ärgernis mehr ist für alle, die hier vorbeiflanieren, wohnen und arbeiten.

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