Nach 56 Jahren musste er seinen Laden räumen: Wie geht es dieser Schwabinger Legende jetzt?

Der legendäre Fotograf hat die AZ daheim empfangen – und erzählt, wie es ihm geht, wie er heute (nicht) Geburtstag feiert – und was er jungen Leuten rät.
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Wolfgang Roucka in seiner Wohnung in Schwabing. Hinter ihm zu sehen ist ein Pappaufsteller, den seine Mitarbeiter für ihn gebastelt haben.
Wolfgang Roucka in seiner Wohnung in Schwabing. Hinter ihm zu sehen ist ein Pappaufsteller, den seine Mitarbeiter für ihn gebastelt haben. © Daniel Loeper

Wenn Wolfgang Roucka frühmorgens die Augen öffnet, prüft er nur drei Dinge: "Tut mir was weh? Sehe ich noch? Und meldet sich das Hündchen?" Meist fällt alles positiv aus. Und dann beginnt ein neuer Tag im Leben eines Mannes, der Schwabing für viele Jahre als "Posterkönig" geprägt hat. Heute wird er 85 Jahre alt.

Der Posterkönig wird 85

"Mir geht es jahresgerecht gut", sagt er und lacht über seine eigene Formulierung, die sich seine Freunde inzwischen gemerkt haben. Roucka sitzt am Esstisch seiner Schwabinger Wohnung, das Hündchen Hermine auf dem Schoß. Sein gestreiftes Jackett, einst Erkennungszeichen in seinem Laden am Wedekindplatz, hängt über der Stuhllehne. Auf Tisch und Boden stapeln sich Erinnerungen: Hunderte Fotos, schwere Ordner und Kisten.

Hier zeigt Roucka der Thailändischen Königstochter, wie man seine Kamera bedient.
Hier zeigt Roucka der Thailändischen Königstochter, wie man seine Kamera bedient. © Daniel Loeper

Hinter ihm, im Wohnzimmer, lehnt ein Pappaufsteller in Lebensgröße – Roucka als Pfarrer mit Heiligenschein. Den hatten ihm seine Mitarbeiter gebastelt, nachdem er Papst Johannes Paul II. im Olympiastadion fotografiert hatte. "Ich kam nachts zurück ins Büro und erschrak", erinnert sich Roucka und lacht.

Solche außergewöhnlichen Momente begleiten ihn ein Leben lang – in München wie unterwegs. Roucka war viel auf Reisen, oft spontan. Besonders prägend waren die Seychellen, wo er Präsident James Michel fotografierte, mit ihm Freundschaft schloss und zeitweise wie ein Hausfotograf unterwegs war. In Thailand lernte er den König und dessen Tochter kennen, der er später zeigte, wie man seine Kamera bedient.

Voller Terminkalender

Heute ist sein Alltag freilich ruhiger als zu seinen Fotografenjahren, aber alles andere als zurückgezogen. Seit der Aufgabe seines Postergeschäfts 2020 ist seine "Hauptaufgabe" seine "Lebenspartnerin" Hermine, und der tägliche Rundgang durch Schwabing. Dazu kommen Ehrenämter im Presseklub und der Narhalla, Einladungen zu Preisverleihungen und Kulturabenden. "Ich muss schauen, wie ich meine Termine unterbringe", sagt er und lacht.

Berühmt wurde der 85-Jährige mit seinem Posterladen am Wedekindplatz. 1964 eröffnet, war das Geschäft ein lebendiger Kulturschauplatz in Schwabing: Hier trafen sich Künstler, Musiker und Studenten. Jugendliche blätterten durch die Posterständer und suchten nach Uschi Obermaier, Che Guevara oder Marlon Brando.

Die Postergalerie von Wolfgang Roucka in der Feilitzschstraße ist 54 Jahre lang ein Treffpunkt für Münchner Originale, Bazis und Künstler.
Die Postergalerie von Wolfgang Roucka in der Feilitzschstraße ist 54 Jahre lang ein Treffpunkt für Münchner Originale, Bazis und Künstler. © Sigi Müller

Das Ende einer Ära

2020, nach 56 Jahren, musste Roucka den Laden räumen. Von den Postern sei kaum noch was übrig, sagt er. Vieles landete beim Auszug im Container. "Das war eine Ära und das ist gut so", sagt der 85-Jährige.

Die Poster sind ein Stück Heimat

Ganz verschwunden sind die Schätze aus dem Laden dennoch nicht. In dem langen Gang, seinem Arbeitszimmer und dem Wohnzimmer reihen sich viele Bilderrahmen mit seinen Fotografien auf dem Boden. "Es ist noch ein Stück Heimat", sagt Roucka. Hin und wieder verschenkt er Bilder oder spendet sie für wohltätige Zwecke.

Daheim in Schwabing

Seit zwölf Jahren lebt er am Elisabethplatz und ist nach wie vor überall in Schwabing bekannt. "Ich wohne sehr gern hier", sagt er. "Jeden Tag werde ich zigfach angesprochen und das ist so schön." Wenn er mal ohne sein Hündchen unterwegs ist, fragen ihn die Leute danach. "Wir zwei sind hier daheim", sagt er und streichelt den Kopf der Hündin.

Der Fotograf Wolfgang Roucka und seine Hündin Hermine. Sie ist heute seine "Lebensaufgabe".
Der Fotograf Wolfgang Roucka und seine Hündin Hermine. Sie ist heute seine "Lebensaufgabe". © ma

So feiert der Posterkönig seinen 85. Geburtstag

Am Abend seines Geburtstags lädt er zur "Traumstadt Schwabing"ein, einer Veranstaltungsreihe, die er seit Jahrzehnten mitgestaltet. Ein klassisches Geburtstagsfest gibt es für ihn nicht: "Es gibt keinen Geburtstag, es gibt nur den Traumstadtabend", sagt er. Und der ist bereits ausgebucht: Journalisten, alte Bekannte und ehemalige Geschäftspartner wollen den Abend mit ihm verbringen.

Ich hatte Mut

Wenn Roucka über sein Leben spricht, klingt es weniger nach Nostalgie, sondern mehr nach Dankbarkeit. "Ich habe wohl nicht alles falsch gemacht. Ich hatte Mut", sagt er.

Was er Jüngeren mitgeben will? "Wenn man helfen will, darf man nie fragen, was man bekommt. Es kommt tausendfach zurück." In seinem Leben voller Reisen, spontaner Begegnungen, Wagnisse und Engagement hat sich dieser Grundsatz immer wieder bestätigt.

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  • AufmerksamerBürger vor einer Stunde / Bewertung:

    Er scheint ein angenehmer Mensch zu sein, alles Gute zum Geburtstag und noch viele glückliche Jahre, zusammen mit Hermine!

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