Kritik

Nach 18 Monaten Sanierung: Museumsjuwel in München eröffnet wieder zur Langen Nacht der Museen

Was es nach 18 Monaten Sanierung im Museum Villa Stuck neben den Werken eines queer-feministischen Musikkollektivs zu sehen gibt
Roberta De Righi |
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Eineinhalb Jahre waren hier die Tore geschlossen – die Villa Stuck erföffnet wieder zur langen Nacht der Museen.
Thomas Stankiewicz 7 Eineinhalb Jahre waren hier die Tore geschlossen – die Villa Stuck erföffnet wieder zur langen Nacht der Museen.
Das feministisch-queere Performance- und Musik-Kollektiv „Chicks on Speed“ darf sich in der Villa Stuck austoben.
Dieter Grabner 7 Das feministisch-queere Performance- und Musik-Kollektiv „Chicks on Speed“ darf sich in der Villa Stuck austoben.
Ein Blick in die historischen Räume.
Jan Aververser 7 Ein Blick in die historischen Räume.
Louise Giovanellis Vorhang-Gemälde im Alten Atelier.
Thomas Splett 7 Louise Giovanellis Vorhang-Gemälde im Alten Atelier.
Das Alte Atelier des Malers Franz von Stuck.
Jan Averwerser 7 Das Alte Atelier des Malers Franz von Stuck.
Die „Sleep Symphony“ von Chicks on Speed.
Malle Madsen 7 Die „Sleep Symphony“ von Chicks on Speed.
Die Installation „Utopia“ von Chicks on Speed.
Carmen Ripolles 7 Die Installation „Utopia“ von Chicks on Speed.

Manchmal gibt es auch was zu sehen, wenn der Vorhang sich nicht öffnet. Jedenfalls ist das so auf den irisierenden Gemälden der jungen britischen Künstlerin Louise Giovanelli (geboren 1993). In ihren Großformaten blickt man zwar auf stets geschlossene Vorhänge - aber die sind, mal samtig schwer, mal glitzernd, immer eine Schau und verweisen zugleich auf verborgene Inhalte. Ihre wohlgesetzte Ausstellung "A Song of Ascents" ist nun im Alten Atelier und den einstigen privaten Wohnräumen von Franz und Mary von Stuck zu sehen.

Im Museum Villa Stuck heißt es nach 18 Monaten sanierungsbedingter Schließung allerdings: Vorhang auf! Das prunkvolle Jugendstil-Domizil und der Atelieranbau, die sich der Müllersohn aus Niederbayern, der in München zum Malerfürsten aufstieg, ab 1897 am Isarhochufer an der Prinzregentenstraße errichten ließ, sind ab heute wieder fürs Publikum eröffnet. Die Baukosten von 13,5 Millionen Euro, die die Stadt hier investiert hat, flossen vor allem in die Erneuerung der Sicherheits- und Klimatechnik sowie des Brandschutzes.

Das feministisch-queere Performance- und Musik-Kollektiv „Chicks on Speed“ darf sich in der Villa Stuck austoben.
Das feministisch-queere Performance- und Musik-Kollektiv „Chicks on Speed“ darf sich in der Villa Stuck austoben. © Dieter Grabner

Seit der letzten umfassenden Sanierung und Erweiterung von 2004 durch das Büro des Ende Juli verstorbenen Architekten Uwe Kiessler haben sich die technischen Anforderungen an ein Museum verändert. Aber auch die ergrauten und teilweise abblätternden Fassaden sowie die historische Bauplastik wurden restauriert. Außerdem wurde ein barrierefreier Zugang von der Ismaninger Straße geschaffen.

Die „Sleep Symphony“ von Chicks on Speed.
Die „Sleep Symphony“ von Chicks on Speed. © Malle Madsen

Ein neu erworbenes Porträt

Im Inneren ist einerseits der Garderobenbereich im Souterrain geräumiger worden. Und vor allem wurden die historischen Räume überarbeitet und werden nun mit neuer Hängung präsentiert. Meisterwerke wie der "Wächter des Paradieses" oder "Dissonanz" sind hier wieder zu sehen, darüber hinaus findet man etwa das neu erworbene "Porträt einer Mainzerin/Frau Fränkel" (um 1914) im Boudoir und das Bildnis der Kunsthändlers-Gattin Bettina Heinemann vor smaragdgrünem Vorhang (1912/13).

Ein Blick in die historischen Räume.
Ein Blick in die historischen Räume. © Jan Aververser

Aber auch Stucks symbolistische Landschaften wie der "Abendstern" (1912) oder die winzige Ölskizze des "Sonnenuntergangs am Meer" (1910) lohnen die erneute Betrachtung, letztere betört in seiner pastosen Farbigkeit. Im Musiksalon wiederum ergänzen nun wie zu Stucks Zeiten wieder zinnoberrote Seidenvorhänge den tiefblauen Sternenhimmel an der Decke, und den Tisch im Salon ziert eine geklöppelte Tischdecke, die Mary von Stuck 1910 ihrem Vater schenkte.

Louise Giovanellis Vorhang-Gemälde im Alten Atelier.
Louise Giovanellis Vorhang-Gemälde im Alten Atelier. © Thomas Splett

Neues Leben in Franz von Stucks nobler Bude

Aber nicht nur der einstige Hausherr darf sich in neuem Glanz sonnen. Louise Giovanellis opulente Gemälde-Installation "Stoa" entfaltet im Alten Atelier eindrucksvoll Wirkung, fast könnte man meinen, auch der grüne Vorhang hinter Stucks Heinemann-Porträt stammt von dessen junger Malerkollegin. Als Motive dienten Giovanelli allerdings die Bühnen der Working Men’s Clubs, Einrichtungen für der britischen Arbeiterklasse. Ihre verschwommenen Kuss-Szenen ("Harmony") passen indes fast zu gut in die einstigen Schlaf- und Badezimmer des Ehepaars Stuck.

Das Alte Atelier des Malers Franz von Stuck.
Das Alte Atelier des Malers Franz von Stuck. © Jan Averwerser

Im gesamten Neuen Atelier nebenan dürfen sich die "Chicks on Speed" austoben. Das feministisch-queere Performance- und Musik-Kollektiv gründete sich 1995 um Alex Murray-Leslie, Melissa E. Logan und Kiki Moorse an der Münchner Kunstakademie, die es u.a. mit der "Seppi Bar" aufmischte.

Die Installation „Utopia“ von Chicks on Speed.
Die Installation „Utopia“ von Chicks on Speed. © Carmen Ripolles

Jetzt bringen die Chicks unter dem Titel "Utopia" in Bewegtbild, Sound und jeder Menge Kostümen neues Leben in Stucks noble Bude. Ob zu zweit im Doppelbett oder zu zehnt auf der Kellerbühne, bei der Truppe in der Tradition von Dada und Fluxus ist das Private stets politisch. Hier kann man sich zwischen kunstvollen Chick-Heels und psychedelischen Stream-Projektionen zurückbeamen lassen in die neon-bunte und von Synthie-Akkorden gepeitschte Stimmung vor der Jahrtausendwende. Eine Ära, die heute fast ferner scheint als Deutscher Herbst und Kalter Krieg.

Museum Villa Stuck, Di - So 11 bis 18, Mi bis 20 Uhr; morgen (Sonntag, 19.10.) und Sonntag, 29.10. Eintritt frei; jeden ersten Freitag im Monat 11 bis 22 Uhr, ebenfalls Eintritt frei

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